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Geschäftsstelle Bau der Bundesinnung Bau und des Fachverbandes der Bauindustrie

Der gewerberechtliche Geschäftsführer in der Baubranche (FAQs)

Fragen und Antworten zur Funktion und Verantwortung 

Lesedauer: 6 Minuten

14.02.2025

Grundsätzlich kann jedes Unternehmen freiwillig einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Der Sinn einer freiwilligen Bestellung liegt in der Möglichkeit der Übertragung der gewerberechtlichen Verantwortung gegenüber der Gewerbebehörde vom Unternehmen auf den gewerberechtlichen Geschäftsführer.

Es gibt drei Fälle, in denen ein Unternehmen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen muss:

  • Beim Unternehmen handelt es sich um eine Gesellschaft (OG, KG, AG, GmbH, etc). Da eine solche Gesellschaft nur durch natürliche Personen handeln kann, ist die Bestellung zwingend erforderlich (§ 9 GewO).
  • Das (Einzel-)Unternehmen kann den Befähigungsnachweis für das Gewerbe des Baumeisters nicht erbringen.
  • Der Unternehmer
    • hat keinen Wohnsitz in Österreich;
    • ist nicht EWR-Staatsbürger und hat keinen Wohnsitz in einem anderen EWR-Staat;
    • ist nicht Schweizer Staatsangehöriger und hat keinen Wohnsitz in der Schweiz oder in einem EWR-Staat;
    • hat einen Auslandswohnsitz in einem Staat, bei welchem die Verhängung und Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch rechtliche Übereinkommen sichergestellt ist.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss sowohl allgemeine als auch besondere Voraussetzungen kumulativ erfüllen.

  • Die allgemeinen Voraussetzungen sind:
  • Eigenberechtigung (Volljährigkeit) gemäß § 8 GewO;
  • Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft oder eines entsprechenden Aufenthaltstitels (§ 14 GewO);
  • Befähigungsnachweis;
  • (relative) Zuverlässigkeit iSd § 95 Abs 1 GewO: keine schwerwiegenden Verstöße gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen des Baumeistergewerbes;
  • Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nach § 13 GewO: bestimmte gerichtlich nicht getilgte Verurteilungen (§§ 153d und 153e StGB, organisierte Schwarzarbeit etc.) dürfen nicht vorliegen;

Zusätzlich müssen folgende besondere Voraussetzungen erfüllt sein:

Position im Unternehmen:
Soll der gewerberechtliche Geschäftsführer bei einem Einzelunternehmen (natürliche Person) bestellt werden, muss dieser mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit (d.h. 19,5 Wochenstunden) im Betrieb beschäftigt werden und nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts ein voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) sein. Er muss zumindest in die Beschäftigungsgruppe A4 des KollV Bauindustrie/Baugewerbe eingestuft werden.

Bei Gesellschaften besteht alternativ die Möglichkeit, dass der Geschäftsführer dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ angehört. Bei Personengesellschaften (OG, KG) ist dies der persönlich haftende Gesellschafter, bei der GmbH der handelsrechtliche Geschäftsführer, bei der AG der Vorstand. Die bloße Erteilung einer Prokura ist nicht ausreichend.

Nachweisliche Zustimmung zur Bestellung:
Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss seine Zustimmung geben, diese Funktion zu übernehmen und die diesbezüglichen Verpflichtungen einzugehen. Die Zustimmung ist der Gewerbebehörde gegenüber nachzuweisen. Der Nachweis kann mündlich, durch Musterformulare oder bereits durch entsprechende Klauseln im Arbeitsvertrag bzw. Gesellschaftervertrag erbracht werden.

Anordnungsbefugnis:
Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss im Unternehmen die Möglichkeit haben, Zustände, die der Gewerbeordnung widersprechen, abzustellen bzw. abstellen zu lassen. Um dies wahrnehmen zu können, sind ihm Informations- (innerbetriebliche Abläufe) und Weisungsrechte, welche sich auf gewerberechtliche Vorschriften beziehen, einzuräumen. Er übt seine Kontrollbefugnis aus eigener Initiative aus und darf weder durch Weisungen noch auf andere Weise eingeschränkt werden.

Ausreichende Betätigung im Unternehmen:
Der gewerberechtliche Geschäftsführer soll die gewerbliche Tätigkeit im Betrieb ausreichend beobachten, kontrollieren und steuern. Ob die Betätigung ausreichend ist oder nicht, richtet sich primär nach der Art und dem Umfang des Gewerbebetriebes sowie den Lebensumständen des Geschäftsführers. Eine regelmäßige Anwesenheit im Betrieb während eines erheblichen Teils der Betriebszeiten ist erforderlich. Gelegentliche Besuche auf Baustellen genügen nicht. Die Gewerbebehörde entscheidet hierbei im Einzelfall. Kurzfristige oder vorübergehende Abwesenheiten (Urlaub, Krankheit) schaden nicht. Die Rechtsprechung hat eine ausreichende Betätigung bspw. verneint, wenn ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bei zwei Unternehmen bestellt wurde und diese sich in einer Entfernung von 200 km befanden (VwGH 12.11.1996, 96/04/0206). Die Voraussetzungen müssen bei der Bestellung und während der gesamten Funktionsdauer erfüllt sein. Tritt nach der Bestellung ein Ausschlussgrund ein, so ist der Geschäftsführer abzuberufen. Die Anstellung eines Scheingeschäftsführers hat zur Folge, dass der geschlossene Arbeitsvertrag nichtig ist. Daher besteht kein Entgeltanspruch des Scheingeschäftsführers gegenüber dem Unternehmen (OGH 20.3.2015, 9 ObA 156/14b). Bereits bezahlte Gehälter können jedoch vom Unternehmen nicht mehr zurückgefordert werden (OGH 30.6.2003, 7 Ob 135/03h).

Die Bestellung erfolgt durch Anzeige des Gewerbeinhabers (Unternehmen) bei der Gewerbebehörde (Bezirkshauptmannschaft; in Städten mit eigenem Statut beim Magistrat; in Wien bei der MA 63). Entsprechende Hilfestellungen zur Anzeige sind beim Gründerservice der WKO erhältlich.

Da es sich beim Baumeistergewerbe um ein Zuverlässigkeitsgewerbe handelt, ist die Bestellung und damit die Haftung/Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers erst mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides der Gewerbebehörde rechtswirksam.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer übernimmt im Unternehmen, in dem er bestellt wurde, sowohl die Verantwortung für die fachlich einwandfreie Gewerbeausübung diesem Unternehmen gegenüber, als auch für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften gegenüber der Gewerbebehörde (§ 39 GewO).

Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist den Behörden für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften, dem Unternehmen für die fachlich einwandfreie Gewerbeausübung sowie einem Dritten nach den Bestimmungen des Zivilrechts verantwortlich.

Die gewerberechtlichen Vorschriften umfassen jene, welche in der Gewerbeordnung, den darauf beruhenden Verordnungen und Bescheiden sowie den gewerberechtlichen Nebengesetzen enthalten sind. Gewerberechtliche Nebengesetze sind beispielsweise das Öffnungszeitengesetz, das Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz und das Produktsicherheitsgesetz.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer haftet daher gegenüber den Behörden nicht für die Einhaltung sozialversicherungsrechtlicher, steuerrechtlicher, insolvenzrechtlicher, feuerpolizeilicher, baurechtlicher oder arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften. Dies jedoch nur dann, wenn er nicht gleichzeitig auch Organ der Gesellschaft ist. Der gewerberechtliche Geschäftsführer haftet – solange er nicht als strafrechtlicher Beitragstäter zu werten ist – auch nicht für SV-Beitragsschulden (OGH 19.3.2013, 4 Ob 173/12p).
Der Ausschluss, die Übertragung oder die Übernahme der Haftung für die Einhaltung von gewerberechtlichen Vorschriften in Verträgen zwischen dem gewerberechtlichen Geschäftsführer und dem Unternehmen sind unwirksam.

Dem Unternehmen und einem Dritten gegenüber haftet der gewerberechtliche Geschäftsführer entsprechend dem Zivilrecht schadenersatzrechtlich. Ist der gewerberechtliche Geschäftsführer mit dem Unternehmen in einem Dienstverhältnis, so wird die Haftung entsprechend dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) eingeschränkt.

Wird durch eine Überschreitung des Gewerbeumfangs ein Schaden verursacht, haftet der gewerberechtliche Geschäftsführer persönlich auch einem geschädigten Dritten gegenüber mit seinem Privatvermögen (OGH 28.9.2017, 8 Ob 57/17s, im Anlassfall Grabungsarbeiten von mehr als 1,25 m Tiefe durch einen Erdbeweger).

Die Haftung/Verantwortung gegenüber der Gewerbebehörde beginnt mit der rechtswirksamen Bestellung durch die Behörde und endet

  • bei Zurücklegung der Funktion seitens des gewerberechtlichen Geschäftsführers
  • bei Abberufung durch den Gewerbeinhaber;
  • bei Widerruf durch die Behörde;
  • bei Ausscheiden aus dem Gewerbebetrieb (Kündigung, Entlassung, Austritt…);
  • bei Änderung der Stellung innerhalb des Unternehmens (z. B. Ausscheiden aus dem vertretungsbefugten Organ) sowie
  • bei Erlöschen bzw. Zurücklegung der Gewerbeberechtigung.

Die Verantwortung gegenüber der Behörde erlischt mit dem tatsächlichen Ende der Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer und nicht erst mit der Anzeige des Ausscheidens bei der Behörde. Die Verpflichtung zur Anzeige des Ausscheidens trifft nicht den gewerberechtlichen Geschäftsführer, sondern das Unternehmen.