Lächelnde Person in karierter Jacke steht an Kaffeemühle im Barbereich eines Lokals, im Hintergrund weitere Person
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Gastronomie, Fachgruppe

Kündigungsfristen für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe 

OGH-Entscheidungen und die Auswirkungen in der Praxis

Lesedauer: 6 Minuten


Einleitung

Zur Klarstellung ob für Arbeiter die 14tägige Kündigungsfrist gemäß Kollektivvertrag oder die gesetzliche Frist von sechs Wochen bis fünf Monaten zum Quartalsende gilt, wurde jeweils von den gastgewerblichen Fachverbänden als auch der Gewerkschaft ein Feststellungsantrag beim Obersten Gerichtshof (OGH) eingebracht.

In den höchstgerichtlichen Entscheidungen (9 ObA 116/21f und 9 ObA 137/21v) bestätigt der OGH, dass die bestehende 14tägige Kündigungsfrist dann anwendbar ist, wenn die Saisonbetriebe im Hotel- und Gastgewerbe überwiegen und es sich beim Hotel- und Gastgewerbe daher um eine Saisonbranche handelt.

Der OGH hat nun allerdings festgestellt,

  • dass einerseits der Nachweis, dass das Hotel- und Gastgewerbe eine Saisonbranche ist von der Arbeitgebervertretung (noch) nicht ausreichend erbracht werden konnte,
  • aber auch andererseits von der Gewerkschaft kein Nachweis erbracht werden konnte, dass es sich beim Hotel- und Gastgewerbe um keine Saisonbranche handelt. 

Wir empfehlen:

Solange der Nachweis nicht gelungen ist, dass es sich beim Hotel und Gastgewerbe um eine Saisonbranche im Sinne des Gesetzes handelt und daher die 14tägige Kündigungsfrist gemäß Kollektivvertrag und nicht die gesetzliche Kündigungsfrist (6 Wochen bis 5 Monate) gilt, wird im Interesse der Rechtssicherheit folgendes empfohlen:

  1. einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrages oder
  2. Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 1159 ABGB.

Bei neuen Arbeitsverträgen wird empfohlen – sofern praktikabel – eine Befristung vorzunehmen. 

In neuen unbefristeten Arbeitsverträgen ist es sinnvoll bis zur endgültigen (gerichtlichen) Klarstellung zu den Kündigungsfristen eine Regelung aufzunehmen, wonach bis dahin

  • die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 1159 Abs. 2 ABGB,
  • als Kündigungstermine jeder 15. Tag des Monats sowie der Monatsletzte (§ 1159 Abs. 3 ABGB) und
  • für Arbeitnehmer die gesetzlichen Kündigungsfristen- und termine gemäß § 1159 Abs. 4 als vereinbart gelten. 

Weitere Detailinformationen:

  1. Die OGH-Entscheidungen im Detail
  2. Welche Kündigungsfristen gelten unter Berücksichtigung der OGH-Entscheidungen für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe
  3. Informationen zum OGH-Feststellungsantrag der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie

Kündigungsfristen im Hotel- und Gastgewerbe: OGH Erkenntnisse bringen keine Rechtssicherheit (9 ObA 116/21f und 9 ObA 1374/21v)

Feststellungantrag der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie

Der im Oktober 2021 durch die gastgewerblichen Fachverbände eingebrachte OGH-Feststellungsantrag, zur Klarstellung welche Kündigungsfristen für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe zur Anwendung kommen, wurde vom OGH am 24.3.2022 entschieden, schafft aber leider noch keine Klarheit für die Branche.  

Im nun vorliegenden Beschluss (9 ObA 116/21f) bestätigt der OGH die wesentlichen rechtlichen Argumenten der Fachverbände:

  • Auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle (1.10.2021) bereits bestehende KVs können abweichende Kündigungsfristen vorsehen und müssen nicht neu abgeschlossen werden (vorausgesetzt, es handelt sich um eine Branche, in der Saisonbetriebe überwiegen)
  • Der Begriff der Branche wird durch den Kollektivvertrag bestimmt, außer es ist offenkundig sachwidrig (Anm.: z.B. steht ein Firmen-KV nicht für die gesamte Branche)
  • „erheblich verstärkt arbeiten“ bedeutet einen Anstieg des Beschäftigtenstandes von mind. einem Drittel. Der OGH hat unsere Berechnungsmethode – Schwankung wird von den Spitzenwerten und nicht vom rechnerischen Durchschnitt gemessen – bestätigt. 

Noch offen ist die Frage der Saisonbranche, welche Voraussetzung für eine vom Gesetz abweichende Regelung der Arbeiter-Kündigungsfristen im Kollektivvertrag ist. Im Beschluss führte der OGH dazu aus, dass mit dem dargelegten Datenmaterial für die Branche „Hotellerie und Gastgewerbe“ in einer Gesamtbetrachtung insgesamt noch kein Überwiegen von Saisonbetrieben nachgewiesen werden kann.  

Für den Nachweis, dass im Hotel- und Gastgewerbe die Saisonbetriebe überwiegen und somit eine Saisonbranche gemäß § 1159 ABGB vorliegt, werden die Fachverbände Hotellerie und Gastronomie weitere Erhebungen durchführen lassen und sobald entsprechende Ergebnisse vorliegen einen weiteren Feststellungsantrag zur Klärung einbringen. Bis zur endgültigen Entscheidung - die bestenfalls in einigen Monaten zu erwarten ist - haben wir leider weiterhin die Situation der fehlenden Rechtssicherheit.  

Feststellungsantrag der Gewerkschaft

Auch der von der Gewerkschaft eingebrachte Feststellungsantrag wurde vom OGH mit Beschluss vom 27.4.2022 (9 ObA 137/21v) abgewiesen. Die Gewerkschaft begehrte in ihrem Antrag die Feststellung, dass für die Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses durch die ArbeitgeberInnen im Hotel- und Gastgewerbe jedenfalls die in § 1159 Abs 2, 2. Satz ABGB angeführten Fristen (sechs Wochen bis fünf Monate) eingehalten werden müssen und die Kündigung - mangels abweichender Regelung - nur zum Quartal erfolgen kann. 

Die Argumentation der Gewerkschaft stützte sich im Wesentlichen darauf, dass eine bereits vor der gesetzlichen Regelung gültige KV-Regelung nicht weiter gelten könne bzw. das Hotel- und Gastgewerbe keine Saisonbranche im Sinne der gesetzlichen Bestimmung darstellt. Beide Argumente hat der OGH abgelehnt und ausgesprochen, dass

  • bestehende kollektivvertragliche Regelungen über abweichende Kündigungsregelungen bleiben aufrecht sofern sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und
  • der Nachweis, dass es sich beim Hotel- und Gastgewerbe um KEINE Saisonbranche handelt, im vorgelegten Feststellungsantrag nicht erbracht werden konnte.  

Welche Kündigungsfristen gelten unter Berücksichtigung der OGH-Entscheidungen für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe?  

Solange der Nachweis nicht gelungen ist, dass es sich beim Hotel und Gastgewerbe um eine Saisonbranche im Sinne des Gesetzes handelt, ist weiter unklar, ob für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe die 14tägige Kündigungsfrist gemäß Kollektivvertrag oder die gesetzliche Kündigungsfrist nach ABGB anzuwenden ist.

Der OGH hat in seiner Entscheidung lediglich festgehalten, dass das vorgelegte Datenmaterial noch nicht ausreicht um das Überwiegen der Saisonbetriebe im Hotel- und Gastgewerbe abzuleiten. Daraus kann im Gegenzug aber auch nicht abgeleitet werden, dass nun automatisch die langen Kündigungsfristen gem. § 1159 ABGB gelten.  

Faktum ist jedoch die schwierige und äußerst aufwendige Beweisführung in Individualverfahren bei Anwendung der 14tägigen Kündigungsfrist gemäß Kollektivertrag (um Recht zu bekommen müsste der Betriebe ja nachweisen können, dass zahlenmäßig mehr als 50 % in der Branche Saisonbetriebe sind, auf die individuelle Saisoneigenschaft des jeweiligen Betriebes kommt es nicht an).  

Sofern eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht gelingt, besteht die Möglichkeit - um ein allfällig absehbares Verfahren zu vermeiden - vorerst die langen Kündigungsfristen gemäß 1159 ABGB anzuwenden. 

Bei neuen Arbeitsverträgen empfiehlt sich - sofern praktikabel - eine Befristung vorzunehmen.

In neuen unbefristeten Arbeitsverträgen kann bis zur endgültigen (gerichtlichen) Klarstellung zu den Kündigungsfristen eine Regelung aufgenommen werden wonach bis dahin

für Arbeitnehmer die gesetzlichen Kündigungsfristen- und termine gemäß § 1159 Abs. 4 als vereinbart gelten.  

Vorgangsweise bei anhängigen Verfahren

Der OGH hat in den angeführten Entscheidungen klar ausgesprochen, dass – bei Vorliegen der Saisoneigenschaft – gesetzeskonforme, bestehende kollektivvertragliche Regelungen mit abweichenden Kündigungsfristen weitergelten und nicht neu zwischen den KV-Parteien vereinbart werden müssen. Offen ist die Frage der Saisoneigenschaft des Hotel- und Gastgewerbes, welches lt. OGH aber als „Branche“ im Sinne des Gesetzes zu sehen ist. Dieser Nachweis konnte von den gastgewerblichen Fachverbänden (noch) nicht erbracht werden. Aber auch die Gewerkschaft konnte NICHT den Nachweis erbringen, dass es sich hierbei um keine Saisonbranche handelt.

Bei (anhängigen) Klagen auf Kündigungsentschädigung wegen fristwidriger Kündigung (§ 1159 ABGB), kann versucht werden, unter Hinweis auf die vorliegenden höchstgerichtlichen Entscheidungen, insbesondere auf die Entscheidung vom 27.4.2022 in welcher die Sichtweise der Gewerkschaft vom OGH klar abgelehnt wurde, bei Gericht eine Unterbrechung des Verfahrens zu erwirken. Die Fachverbände Gastronomie und Hotellerie sind bestrebt einen neuerlichen Feststellungsantrag zum endgültigen Nachweis der Saisoneigenschaft der Branche beim Obersten Gerichtshof einzubringen.


Feststellungsantrag beim OGH für Rechtssicherheit bei Kündigungsregelung für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe eingebracht 

Zur Klarstellung ob für Arbeiter die 14-tägige Kündigungsfrist gemäß Kollektivvertrag oder die gesetzliche Frist von sechs Wochen bis fünf Monaten zum Quartalsende gilt, wurde jeweils von den gastgewerblichen Fachverbänden als auch der Gewerkschaft ein Feststellungsantrag beim Obersten Gerichtshof (OGH) eingebracht.

In den höchstgerichtlichen Entscheidungen (9 ObA 116/21f und 9 ObA 137/21v) bestätigt der OGH, dass die bestehende 14-tägige Kündigungsfrist dann anwendbar ist, wenn die Saisonbetriebe im Hotel- und Gastgewerbe überwiegen und es sich beim Hotel- und Gastgewerbe daher um eine Saisonbranche handelt.

Der OGH hat nun allerdings festgestellt,

  • dass einerseits der Nachweis, dass das Hotel- und Gastgewerbe eine Saisonbranche ist von der Arbeitgebervertretung (noch) nicht ausreichend erbracht werden konnte,
  • aber auch andererseits von der Gewerkschaft kein Nachweis erbracht werden konnte, dass es sich beim Hotel- und Gastgewerbe um keine Saisonbranche handelt. 

Wir empfehlen daher:

Solange der Nachweis nicht gelungen ist, dass es sich beim Hotel- und Gastgewerbe um eine Saisonbranche im Sinne des Gesetzes handelt und daher die 14-tägige Kündigungsfrist gemäß Kollektivvertrag und nicht die gesetzliche Kündigungsfrist (6 Wochen bis 5 Monate) gilt, wird im Interesse der Rechtssicherheit folgendes empfohlen:

  1. einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrages oder
  2. Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 1159 ABGB.

Bei neuen Arbeitsverträgen wird empfohlen – sofern praktikabel – eine Befristung vorzunehmen. 

In neuen unbefristeten Arbeitsverträgen ist es sinnvoll eine Regelung aufzunehmen, wonach

  • die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 1159 Abs. 2 ABGB,
  • als Kündigungstermine jeder 15. Tag des Monats sowie der Monatsletzte (§ 1159 Abs. 3 ABGB) und
  • für Arbeitnehmer die gesetzlichen Kündigungsfristen- und termine gemäß § 1159 Abs. 4 als vereinbart gelten. 

Stand: 08.07.2024