Junger Mann an Maschine
© Klinger Dichtungstechnik
Metalltechnische Industrie, Fachgruppe

Unternehmensportrait: ­KLINGER­ Dichtungstechnik

Seit über 130 Jahren der Zeit voraus

Lesedauer: 4 Minuten

09.12.2024

Gumpoldskirchen ist vor allem als Weinort bekannt. Von dort stammen aber seit fünf Generationen für die Dichtungstechnik revolutionäre Entwicklungen.

Der Betrieb von Dampfkesseln war im 19. Jahrhundert eine heikle Sache. Regelmäßig sind sie im Einsatz explodiert, weil sie überfüllt wurden. Richard Klinger war der erste, der einen Füllstandanzeiger dafür entwickelte. Noch heute sind diese ein Nischenprodukt der KLINGER Gruppe. Ein weiteres Standbein des Unternehmens in Gumpoldskirchen bei Wien ist jedoch die Dichtungssparte. Auch in diesem Bereich machte Richard Klinger eine bahnbrechende Erfindung: Statt mit Kork oder Fetzen abzudichten, entwickelte er im Jahr 1898 ein spezielles Dichtungsmaterial: Klingerit. Der Unternehmensgründer steht für einen Pioniergeist, der sich durch die gesamte Geschichte des Unternehmens bis heute zieht.

Nachhaltige Innovationen

Sei es beim Umstieg auf asbestfreie Dichtungen oder bei revolutionären Hochtemperatur-Dichtungsmaterial: "KLINGER ist immer bestrebt, seiner Zeit voraus zu sein", betont Barbara Köfinger, kaufmännische Geschäftsführerin von KLINGER Dichtungstechnik. 2024 wurde die erste nachhaltige Dichtung gelauncht. "60 Prozent des Product Carbon Footprint stammt aus den Rohmaterialien" erklärt Barbara Köfinger. Mit KLINGER Gaja kam die erste Dichtung auf den Markt, bei der die Rohstoffe vorranging im Hinblick auf ihre nachhaltigen Eigenschaften ausgewählt wurden. "Wir sind wirklich hochgradig innovativ. Geht nicht, gibt's nicht", meint Ernst Schäfer, technischer Geschäftsführer von KLINGER Dichtungstechnik.

Kundennähe rund um den Globus

Seit 1886 besteht das Unternehmen KLINGER, seit 1892 ist dessen Standort Gumpoldskirchen. In der Dichtungssparte hat sich das Unternehmen zum Marktführer entwickelt und als solcher auch über diesen langen Zeitraum etabliert. "Bei faserhaltigen Dichtungsplatten haben wir die beste Qualität", so Ernst Schäfer. Der Erfolg von KLINGER liegt aber auch darin, dass das Unternehmen weltweit vertreten ist. Ein Netz aus Vertriebsgesellschaften und -partnern in 60 Ländern ist über den ganzen Globus gespannt. "Wir wollen als KLINGER-Gruppe direkt beim Kunden sein und die Sprache des Kunden sprechen", erklärt Barbara Köfinger. Mehr als 95% der hergestellten Dichtungsplatten gehen in den Export.

ARBEITSKLIMA: Seit fünf Generationen nahe am Eigentümer

Die KLINGER Gruppe wird bereits seit fünf Generationen als Familienunternehmen geführt. "Die Identifikation der Eigentümer mit den Unternehmen ist hoch. Dadurch hat man – vor allem in Krisenzeiten – mehr Verständnis für das Unternehmen als beispielsweise bei einer Aktiengesellschaft", so Ernst Schäfer. "Dass wir ein familiengeführtes Unternehmen sind, spürt man auch in der Unternehmenskultur.  Man ist sehr nahe am Eigentümer", ergänzt Barbara Köfinger: "Wir sind zwar Teil eines großen Konzerns, bei KLINGER Dichtungstechnik ist es aber sehr familiär – wie in einem KMU." Ein Oben und Unten gebe es nicht, das Unternehmen baut auf flache Hierarchien, auf ein kollegiales Verhältnis untereinander wird Wert gelegt. "Bei uns stehen die Türen offen, das, glaube ich, spürt jede:r", so Ernst Schäfer.

REGION: Hohe Identifikation mit der Marke

Seit über 130 Jahren hat das Unternehmen seinen Sitz in Gumpoldskirchen. "Da ist eine besondere Bindung zur Region entstanden", betont Ernst Schäfer. Viele der zum Großteil langjährigen Mitarbeitenden sind aus der Umgebung. Tochter, Mutter, Opa, Tante – dass mehrere Generationen einer Familie bei KLINGER Dichtungstechnik arbeiten, ist keine Seltenheit. "Die Mitarbeiterumfrage hat gezeigt, dass die Identifikation zur Marke sehr hoch ist. Der Name KLINGER wird in der Region sehr geschätzt", so Ernst Schäfer. Auch zur Gemeinde gebe es ein sehr gutes Verhältnis. Bereits 1923 investierte Richard Klinger in die öffentliche Beleuchtung der Gemeinde Gumpoldskirchen. Heutzutage wird die regionale Unterstützung, etwa bei der Anschaffung eines neuen Feuerwehrautos, größtenteils von der KLINGER Gruppe gesteuert.

NACHHALTIGKEIT: Digitalisierung als Basis

Nachhaltiges Handeln hat seit jeher einen hohen Stellenwert für KLINGER. "Dichtungen werden mit hohen Temperaturen erzeugt," erklärt Ernst Schäfer. Entsprechend hoch ist der Energiebedarf im Unternehmen, wobei ein erheblicher Teil aus Erdgas stammt. "Unser Ziel ist, den Erdgasbedarf stetig zu reduzieren", so Ernst Schäfer. Durch zahlreiche Projekte konnte dieser bereits um 15 Prozent gesenkt werden.

In den letzten zehn Jahren hat sich die Produktion des Unternehmens wesentlich geändert.  Durch ein integriertes Rückmeldesystem ist der gesamte Materialfluss, von den Rohstoffen bis zur Anlieferung des Fertigprodukts, bis ins kleinste Detail rückverfolgbar.  "Die Verbesserungen und Effizienzsteigerungen sind zustande gekommen, weil wir frühzeitig mit der Digitalisierung gestartet haben", so Ernst Schäfer. Erst dadurch lagen alle relevanten Daten und Werte vor, um die Anlagen entsprechend zu verbessern. So konnten beispielsweise durch eine regenerative Nachverbrennungsanlage Einsparungen von mehr als 150 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr erzielt werden.

KLINGER verwendet seit Jahrzehnten bei den Rohmaterialien auch Eigenregenerat.  Beim Stanzen der Dichtungen aus den Dichtungsplatten bleiben oft Reste. Diese werden von den Kunden zurückgeholt, entsprechend aufbereitet und wieder eingesetzt. Je nach Type der Dichtungsplatten sind bis zu 15 Prozent Eigenregenart drinnen. Auch beim Einsatz des für die Herstellung benötigten Lösungsmittels setzt KLINGER auf Rückgewinnung. Etwa 96 Prozent davon kommen erneut zum Einsatz. 3 Millionen Liter Lösungsmittel sind im Einsatz, es müssen aber nur 80.000 Liter im Jahr zugetankt werden. Und mit dem Zusatz von Bio-Ethanol als Lösungsmittel werden im Jahr rund 100 Tonnen CO2 eingespart.


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