Lehrlingsausbildung: Worauf es beim Wissenstransfer ankommt
Teil 1: "Good-Practice-Ansätze" für eine erfolgreiche Lehrausbildung
Lesedauer: 3 Minuten
Die betriebsinterne Wissensvermittlung ist entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Dabei werden nicht nur Fachwissen und Fähigkeiten weitergegeben, sondern auch die Unternehmenskultur gefördert und die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen gestärkt.
Wie kann bei der Lehrlingsausbildung der Wissenstransfer zwischen Ausbildenden und Fachkräftenachwuchs gelingen?
Das WIFO untersuchte im Auftrag der Fachgruppe Metalltechnische Industrie der Wirtschaftskammer Niederösterreich mittels Online-Befragung, Experteninterviews und einer Fokusgruppendiskussion "Good-Practice-Ansätze", welche die Wissensvermittlung in der Lehrlingsausbildung gelingen lassen. Die direkten und indirekten Einflussfaktoren auf die Interaktion zwischen Lehrling und Ausbilder:in wurden in drei relevante Themenbereiche strukturiert:
- die direkte Wissensvermittlung
- die innerbetriebliche Kommunikation (siehe Teil 2)
- der Matching-Prozess/die Rekrutierung von Lehrlingen (siehe Teil 3)
"Good-Practice-Ansätze" für die direkten Einflussfaktoren auf die Wissensvermittlung sind laut Untersuchung des WIFO:
- Gestaltung der Eingangsphase
Eine erfolgreiche Lehrausbildung beginnt mit einer strukturierten Eingangsphase, die Vertrauen schafft. Diese soll den Lehrlingen einen bestmöglichen Übergang in die Arbeitswelt ermöglichen. Mit Formaten wie Kennenlernseminaren oder einem Welcome-Day erhalten sie nicht nur Informationen zu den grundlegenden Abläufen und Vorschriften im Unternehmen, sondern lernen bereits die Unternehmenskultur kennen. Mit spielerischen Elementen können die Lehrlinge in dieser Phase der Wissensvermittlung selbst aktiv werden – z.B. mit einem kleinen Quiz über das Unternehmen, für das die Lehrlinge die Antworten in den einzelnen Unternehmensbereichen eigenständig erfragen müssen.Whitepaper Wissensvermittlung
- Wie das Stimmungsbild in den Unternehmen bei der Lehrlingsausbildung ist.
- Eine Checkliste, was Ausbilder:innen konkret beachten sollen.
- Wichtige Zahlen und Daten zur Lehrlingsausbildung.
- Konkrete "Good-Practice"-Ansätze aus der Praxis
Weitere Fakten und Informationen für eine gelungene Wissensvermittlung im Unternehmen finden Sie in unserem Whitepaper kompakt dargestellt.
Whitepaper zum Thema Wissenstransfer in der Lehrlingsausbildung
- Die richtigen Ansprechpersonen
Um Unsicherheiten bei den Lehrlingen zu reduzieren, braucht es stets eine konkrete Ansprechperson, die ihnen bei Fragen und Problemen zur Seite stehen. Diese Bezugsperson ist eine zentrale Säule im Supportsystem. Sie fördert eine kontinuierliche Kommunikation und stärkt das Selbstvertrauen der Lehrlinge. Zusätzlich fördert ein Mentoring-Systeme, bei denen erfahrene Mitarbeitende und ältere Lehrlinge ihre Erfahrungen weitergeben, den Wissenstransfer und die persönliche Bindung. - Die Vorbildwirkung der Ausbilder:innen
Die Ausbilder:innen am Lern- und Arbeitsort Unternehmen nehmen eine zentrale Funktion bei der Lehrausbildung ein. Sie sind die für den Fachkräftenachwuchs zentralen Personen im Arbeits- bzw. Lernprozess, sie sind maßgeblich für die Qualität der Ausbildung und die Zufriedenheit der Lehrlinge verantwortlich. Empathie und Einfühlungsvermögen der Ausbilder:innen sind wichtige Bestandteile, um eine unterstützende und fördernde Lernumgebung sowie eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, in der Lehrlinge sich ermutigt fühlen, Fragen zu stellen und aktiv am Lernprozess teilzunehmen. Ausbildende, die in der Lage sind, sich in die Situation der Lehrlinge hineinzuversetzen, verstehen deren Herausforderungen und Bedürfnisse besser. Um für die Lehrlinge Maßstäbe zu setzen und sie zu motivieren, sollten sie Professionalität, Engagement und eine positive Einstellung zur Arbeit zeigen. Werte wie Pünktlichkeit, Qualität, Teamarbeit und Respekt sind durch eigenes Verhalten vorzuleben. - Weiterbildung für Ausbilder:innen
Die Anforderungen an die Ausbildenden – sowohl fachlich als auch didaktisch-methodisch und organisatorisch-administrativ – steigen. Diese Personen nehmen gegenüber dem Lehrling unterschiedliche Rollen ein – nicht nur Fachkraft, Vorgesetzter und Wissensvermittler:in, sondern beispielsweise auch Moderator:in, Coach, Mentor:in, Lernbegleiter:in, Organisator:in, Vertrauensperson. Entsprechend bedarf es auch entsprechender Weiterbildungsmaßnahmen für das Ausbildungspersonal. - Selbstständiges Arbeiten, projektorientiertes Lernen
Bewährt haben sich strukturierte Ausbildungsprogramme, die theoretisches Wissen und praktische Erfahrung unmittelbar miteinander verbinden – Stichwort Learning-by-doing. Wenn das Gelernte direkt in der Praxis angewandt wird, können Lehrlinge ein tieferes Verständnis für die Aufgabe entwickeln. Selbstständiges Arbeiten und projektorientiertes Lernen sind weitere zentrale Aspekte einer erfolgreichen Lehrlingsausbildung. Wenn Lehrlinge klare und konkrete Aufgaben erhalten, die sie eigenständig erarbeiten müssen, wird deren Problemlösungsfähigkeiten, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein gefördert. Entscheidend dabei ist eine positive und offene Fehlerkultur, um daraus zu lernen. - Konstruktives, regelmäßiges Feedback
Dieses hilft den Lehrlingen, ihre Stärken zu erkennen, die eigenen Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern und Lernziele zu erreichen. Das Feedback kann entweder strukturiert im Rahmen eines wöchentlichen Jour fixe oder formlos am Ende eines jeden Tages als kurzes Wrap-up stattfinden. Dabei geht es nicht nur um das Fachspezifische. Auch soziale Aspekte, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit etc. sollten betrachtet werden. Durch regelmäßige Überprüfungen des Lernfortschritts können Ausbildende frühzeitig reagieren, wenn Schwierigkeiten auftreten, und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die Lehrlinge zu unterstützen. Dabei können Lehrlinge beispielsweise aufgefordert werden, gehörte Theorie mit eigenen Worten wiederzugeben. - Technische Unterstützung
Online-Lernplattformen und technische Hilfsmittel unterstützen den Lernprozess im Unternehmen. Diese ermöglichen es Lehrlingen, zeit- und ortsunabhängig auf Lernmaterialien zuzugreifen. Der Einsatz von Messenger-Gruppen (z.B. WhatsApp) fördern die Vernetzung der Lehrlinge untereinander, der Informationsaustausch und die Kommunikation mit den Ausbildenden.