Sparte Industrie

Industrieland, Gott sei Dank!

Lesedauer: 3 Minuten

13.03.2023

Die Finanzkrise 2008/9 hat gezeigt, dass Länder mit einem hohen Wertschöpfungsanteil der Industrie überdurchschnittlich krisenfest sind. Eine endgültige Bewertung der Coronakrise steht naturgemäß noch aus, aber neuerlich  scheint die Industrie in der Krise eine stabilisierende Rolle zu spielen. Eine kluge Wirtschaftspolitik sollte daraus die entsprechenden standortpolitischen Schlüsse ziehen.

Die stabilisierende Rolle der Industrie war in der bislang letzten Wirtschaftskrise so deutlich erkennbar, dass die Europäische Union daraus eine bemerkenswerte Schlussfolgerung gezogen hat: Sie hat im Jahr 2012 festgelegt, dass sich der Anteil der industriellen Wertschöpfung in Europa wieder erhöhen soll. Damit wurde auf europäischer Ebene auch nach außen hin deutlich gezeigt, dass man die sogenannte De-Industrialisierung weder für unvermeidlich noch für wünschenswert hält. Bedauerlicher Weise ist dieses „Industrieziel“ der Europäischen Union in der alltäglichen politischen Praxis wenig beachtet geblieben. 

In der Analyse der Finanzkrise hat sich nicht etwa gezeigt, dass die Industrieproduktion durch einen globalen Konjunktureinbruch unberührt geblieben ist. Im Gegenteil, die Industrieproduktion hat stärker als andere Wirtschaftsbereiche auf die nachlassende Nachfrage reagiert. Aber die Industrie konnte dank ihrer globalen Ausrichtung, ihrer innovativen Kraft und ihrer im konstanten Wettbewerbsdruck optimierten Produktivität die rasche Erholung nach der Krise maßgeblich mittragen. 

Auch in der Coronakrise hat die Industrieproduktion einen starken Einbruch hinnehmen müssen. Gerade angesichts der Zusammensetzung der österreichischen Industrie, mit einem tendenziell geringeren Anteil der Konsumgüterindustrie und einer besonders starken Stellung der Investitionsgüterindustrie, bildet der Verlauf der Industrieproduktion das internationale Konjunkturgeschehen in besonders deutlichen Ausschlägen ab. Aber wir haben bereits in der Phase der leichten Entspannung der Coronakrise im Sommer gesehen, wie rasch die Industrie wieder Chancen auf ihren globalen Märkten wahrzunehmen in der Lage ist. 

Diese rasche Reaktionsfähigkeit ist eine unmittelbare Folge einer hohen Qualität und vor allem auch Flexibilität der österreichischen Industrie. Man muss hier aber auch dankbar anerkennen, dass durch ein gelungenes Maßnahmenpaket der Sozialpartner gemeinsam mit der öffentlichen Hand – man denke etwa an die Kurzarbeitsregelungen oder Maßnahmen zur Liquiditätssicherung – dieses rasche Reagieren der Industrie maßgeblich unterstützt wurde. 

Die öffentliche Hand hat in ihren Maßnahmen zur Eindämmung von Corona kluger Weise auf massive Eingriffe in die Industrieproduktion verzichtet. Sie wurde in dieser Haltung sehr eindringlich von den Interessenvertretern der Industrie (und den Sozialpartnern insgesamt) bestärkt, gleichzeitig hat die Industrie durch umsichtiges und verantwortungsvolles Vorgehen auch keinen Anlass für einschneidende Maßnahmen bis hin zu Betriebsschließungen gegeben.  

Auch wenn die Coronakrise noch nicht abschließend beurteilt werden kann, besteht wenig Zweifel, dass sich die Industrie neuerlich als ökonomisch stabilisierendes Element außerordentlich bewährt hat. Wenn die Wirtschaftsprognosen für 2021 und 2022 auch nur näherungsweise stimmen, wird Europa – trotz des besonders starken Einbruchs im laufenden Jahr – dennoch kein überdurchschnittliches Wachstum im internationalen Vergleich aufweisen. Hier kann die Industrie neuerlich unterstützend wirken, denn die europäische – und insbesondere auch die österreichische – Industrie ist global aufgestellt und kann Marktchancen in den stärkeren Wachstumsmärkten ergreifen und auf diese Weise wirtschaftliche Dynamik importieren. Schließlich kann und wird die Industrie – so sie nicht in ihrer Tätigkeit in Europa behindert wird – auch längerfristig dank ihrer Innovationskraft einen wesentlichen Beitrag zu Wertschöpfung, Einkommen und Beschäftigung in Europa leisten können; insbesondere eben in Ländern wie Österreich, wo der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung überdurchschnittlich hoch ist. 

Die Herausforderungen der nächsten Zeit sind extrem groß: Man möchte etwa bei den Themen „Green Deal“, rascher Ausbau der erneuerbaren Energie oder Kreislaufwirtschaft in kurzer Zeit erhebliche Änderungen politisch erreichen. Diese Änderungen sind aber nur erreichbar, wenn die Politik mit der Industrie in enger Weise zusammenarbeitet und ihre produktive Kraft und ihre innovative Intelligenz bestmöglich nützt. Wer hingegen mit weltfremden Geboten und Verboten Wirtschaftspolitik betreiben will, wird damit nicht nur die Industrie behindern, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität Europas und letztlich damit auch eine „grüne“ Zukunft.

Unterschrift
©

Mag. Sigi Menz
Obmann der Bundessparte Industrie

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