Metalltechniker, Landesinnung

Anwendung von Preisgleitklauseln bei Preiserhöhungen

Merkblatt zu Preisgleit- oder Wertsicherungsklauseln in Dienstleistungs- oder Lieferverträgen

Lesedauer: 5 Minuten

19.04.2024

Aktuelle Situation

Aufgrund der vorherrschenden (welt-) wirtschaftlichen Situation kommt es zu einem rasanten Anstieg der Rohstoffpreise, Produktionsengpässen in Verbindung mit Lieferengpässen, Lieferverzögerungen oder gar Lieferausfällen für Materialien und Produkte. Daraus ergeben sich u.a. eklatante Preiserhöhungen oder die Gefahr steigender Baukosten sowie Probleme im Zusammenhang mit Festpreisverträgen und der Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen für Unternehmen.

Anwendung von Preisgleitklauseln zur wirtschaftlichen Abfederung

Beim Abschluss von (Dienstleistungs- oder Liefer-) Verträgen empfiehlt es sich Vorkehrungen zu treffen, dass der Verkäufer nicht auf Kosten, deren Anstieg nicht in seinem Sphärenbereich liegt, sitzen bleibt.

Sogenannte Preisgleitklauseln oder Wertsicherungsklauseln müssen zwischen den Vertragsteilen vereinbart werden und bilden somit als dynamische Preisfestlegung einen festen Vertragsbestandteil.

Grundsätzlich richten sich Preisanpassungen nach unabhängig festgelegten Indizes (z.B. Empfehlungen paritätischer Kommissionen, Weltmarktpreise, Wechselkurse), die regelmäßig veröffentlicht werden.

Berücksichtigung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

In den Mustern für AGB der Bundesinnung findet sich unter dem Punkt "3. Preise" eine Preisgleitklausel mit folgendem Text:


Wir sind aus eigenem berechtigt, wie auch auf Antrag des Kunden verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Entgelte anzupassen, wenn Änderungen im Ausmaß von zumindest _________ % hinsichtlich (a) der Lohnkosten durch Gesetz, Verordnung, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarungen oder (b) anderer zur Leistungserbringung notwendiger Kostenfaktoren wie Materialkosten aufgrund von Empfehlungen der Paritätischen Kommissionen oder von Änderungen der nationalen bzw. Weltmarktpreise für Rohstoffe, Änderungen relevanter Wechselkurse, etc. seit Vertragsabschluss eingetreten sind. Die Anpassung erfolgt in dem Ausmaß, in dem sich die tatsächlichen Herstellungskosten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegenüber jenen im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung ändern, sofern wir uns nicht in Verzug befinden.


Diese flexible Preisgleitklausel ermöglicht im Bedarfsfall eine für den Käufer nachvollziehbare Anpassung und eine weitgehende Ausgleichsmöglichkeit für den Verkäufer. Der entsprechende Prozentsatz richtet sich nach der konkreten Kalkulation des Entgelts und ist selbstständig einzutragen. AGB müssen vereinbart werden (Unterfertigung empfehlenswert), damit sie Vertragsbestandteil werden. Ein Hinweis hat auf der Vorderseite des Angebotes zu erfolgen. 

Vereinbarung außerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Sollte das Muster für AGB der Bundesinnung nicht verwendet werden bzw. in den eigenen AGB keine entsprechende Klausel (Preisgleit- oder Wertsicherungsklausel) enthalten sein, empfiehlt es sich, bei Vertragsabschluss eine solche ausdrücklich zu vereinbaren. Dabei kann man sich bei der Textierung der Preisgleitklausel am Text aus dem Muster der AGB der Bundesinnung orientieren.

Auch hier gilt, dass diese durch Aufnahme der Klausel in den abzuschließenden Vertrag zum Vertragsinhalt werden muss, damit man sie im Bedarfsfall anwenden kann.

ÖNORM B 2111 – Umrechnung veränderlicher Preise von Bauleistungen – Werkvertragsnorm

Diese ÖNORM enthält Verfahrens- und Vertragsbestimmungen, nach denen bei Änderung der vereinbarten Preisumrechnungsgrundlagen die Preise von Leistungen umzurechnen sind. Dabei kommen aber Preisänderungen bei Material (Sonstiges, abgebildet durch einen repräsentativen Warenkorb mit einem Mix aus Rohstoffen und Vormaterialien) und Lohn (verursacht z. B. durch kollektivvertragliche Erhöhungen) zum Tragen.

Eine reine Materialpreisgleitung ist nach B 2111 nicht möglich. Nach dieser Norm (Fassung 2007) ist eine Preisumrechnung dann vorzunehmen, wenn einer der Veränderungsprozentsätze für die einzelnen Preisanteile einen bestimmten Schwellenwert erreicht (derzeit 2 %), unabhängig von fixen Stichtagen.

Die ÖNORM B 2111 ist eine Werkvertragsnorm und muss vertraglich vereinbart werden, damit sie auf ein Vertragsverhältnis angewendet werden kann. Dabei ist eine dem tatsächlichen Auftragsgegenstand möglichst nahekommende Arbeitskategorie zu vereinbaren (wie z. B. Schlosser-Beschlag-Gewerbe).

Die vertragliche Vereinbarung der ÖNORM B 2111 bietet den Vorteil, dass auf der Webseite www.preisumrechnung.at rasch eine entsprechende Preisumrechnung durchgeführt werden kann, da dort die jeweiligen Indizes für Lohn und Sonstiges (Material) hinterlegt sind.

In diesem Zusammenhang werden Mitgliedern zwei Muster von Preisgleitklauseln (ein Muster für Verträge mit einem anderen Unternehmen (B2B) und ein Muster für Verträge mit Konsumenten (B2C) samt Hinweisen zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung gestellt. Ihre Verwendung ist nicht verpflichtend und die Entscheidung hierüber liegt alleine bei den Mitgliedern und die alleinige Verantwortung ihrer Nutzung. Eine Haftung seitens der Wirtschaftskammern oder ihrer Fachorganisationen wird ausgeschlossen. 

  • Muster für Vertragsbausteine in Verträgen zwischen Unternehmern,(Grundlage sowohl ÖNORM B 2110 als auch ABGB)  ausgenommen Verträge betreffend Kredit, Leasing und/oder Versicherung und ein
  • Muster für Vertragsbausteine in Verbraucherverträgen samt Hinweisen zu ihrer Verwendung

Auswahl des zutreffenden Index für die Muster

Grundsätzlich lässt sich der zutreffende Index unter preisumrechnung.at finden.

  • Je nach vertraglicher Vereinbarung (Index oder absolute Zahl) wird beim Modus die Kategorie "Indexansicht" oder "Preisumrechnung" ausgewählt.
  • Danach wird der jeweilig zutreffende "Index/Arbeitskategorie" je nach Gewerbe (z.B. Elektro-Blitzschutz-Gewerbe, Gas- und Wasserinstallation) angeklickt.
  • Ebenso wird die weitere Auswahl nach Bundesland und Zeitspanne getroffen, wonach sich entsprechend der Auswahl der jeweilige Wert in der angezeigten Tabelle ergibt.

Für Gewerbe, wie z.B. Mechatronik, die sich nicht in der Kategorie "Index/Arbeitskategorie" wiederfinden, ist die Entscheidung der unabhängigen Schiedskommission heranzuziehen.

Zusammenstellung von bereits bestehenden Indizes zur Wertsicherung:

Untenstehend befindet sich eine Übersicht über jene amtlichen Indizes, die erfahrungsgemäß üblicherweise für Wertsicherungen und Preisanpassungen verwendet werden. Eine kurze Erläuterung befindet sich auf den jeweiligen Internetseiten

Weitere amtliche Indizes, die für Wertsicherungen/Preisanpassungen in Frage kommen könnten:

Zusatzinformationen

Mit Hilfe der oben angeführten Indizes soll die Preis- bzw. die Kostenentwicklung bestimmter Bereiche über die Zeit dargestellt werden. Da es nicht möglich ist, sämtliche Güter/Produkte/Dienstleistungen in einen Index aufzunehmen, wird eine repräsentative Auswahl getroffen.

Diese repräsentative Auswahl nennt man den Warenkorb. Wie sich der entsprechende Warenkorb des jeweiligen Index zusammensetzt, kann ebenfalls bei Statistik Austria unter den angegeben Links nachgesehen werden. So kann auch besser eingeordnet werden, ob ein Index bzw. eine bestimmte Unterposition die Anforderungen der gewünschten Preisanpassung erfüllt.

Grundsätzlich sind zur Wertsicherung Indizes bzw. Indexgruppen den Messziffern (Warenpositionen) vorzuziehen. Warenpositionen können bei jedem Basiswechsel (bei den meisten Indizes alle 5 Jahre) geändert werden bzw. wegfallen. Aus diesem Grund veröffentlicht Statistik Austria auch keine Messziffern, diese können jedoch angefragt werden.

Es gilt auch zu bedenken, dass – wie in den Musterklauseln vorgesehen – Preisschwankungen nach oben und unten berücksichtigt werden.

   Stand: 21. April 2021


Hinweis:
Diese Informationen entsprechen dem derzeitigen Rechts- und Informationsstand. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Autors, des Herausgebers oder der Wirtschaftskammern Österreichs ausgeschlossen ist.
Sprachliche Formulierungen in männlicher Form gelten gleichermaßen für beide Geschlechter. 

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