E-Commerce Rechtsfrage #9: Werbung mit Rabatten - so darf mit Rabatten geworben werden
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Seit Mai 2022 sind spezielle Vorschriften bei der Werbung mit Preisermäßigungen zu beachten. Wird eine Preisermäßigung in Beträgen oder in Prozent bekanntgegeben, so müssen Unternehmer auch den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage vor der Rabattaktion angeben. Diese Verbraucherschutzregelung soll verhindern, dass künstlich hohe Ausgangspreise angesetzt werden, um dann mit vermeintlich hohen Rabatten zu werben (irreführende Preisangaben). Händler müssen also sicherstellen, dass der tatsächliche Preisverlauf im Onlineshop transparent und regelkonform dargestellt wird. Wie diese Pflichten im Onlineshop umgesetzt werden können, erläutern wir in diesem Beitrag.
Wo sind die Vorschriften für Preisermäßigungen geregelt?
Im Zuge der Umsetzung europäischen der Modernisierungsrichtlinie (RL (EU) 2019/2161) wurde das österreichische Preisauszeichnungsgesetz (PrAG) um neue Vorschriften in Bezug auf die Bekanntgabe von Preisermäßigungen ergänzt.
§ 9a Preisauszeichnungsgesetz lautet:
- „Werden bei Sachgütern Preisermäßigungen in Beträgen oder in Prozenten bekanntgegeben, haben Unternehmer auch den vorherigen niedrigsten Preis anzugeben, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal verlangt wurde. Im Falle einer schrittweise ansteigenden Preisermäßigung ist der vorherige Preis der nicht ermäßigte niedrigste Preis im Sinne des ersten Satzes vor der ersten Anwendung der Preisermäßigung.“
- Sind Sachgüter weniger als 30 Tage auf dem Markt, haben Unternehmer anstelle des Preises nach Abs. 1 den niedrigsten Preis anzugeben, der innerhalb des Zeitraums, in dem sich das Sachgut auf dem Markt befindet, zumindest einmal in demselben Vertriebskanal verlangt wurde. Sind Sachgüter weniger als 30 Tage auf dem Markt, haben Unternehmer anstelle des Preises nach Absatz eins, den niedrigsten Preis anzugeben, der innerhalb des Zeitraums, in dem sich das Sachgut auf dem Markt befindet, zumindest einmal in demselben Vertriebskanal verlangt wurde.
- Sofern es sich um schnell verderbliche Sachgüter oder Sachgüter mit kurzer Haltbarkeit handelt, sind Abs. 1 und Abs. 2 dann nicht anzuwenden, wenn die Preisermäßigung wegen des Ablaufs des Mindesthaltbarkeitsdatums im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. r der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, ABl. Nr. L 304 vom 22.11.2011 S. 18, in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 2015/2283, ABl. Nr. L 327 vom 11.12.2015 S. 1, erfolgt.
Wer ist von den Vorschriften betroffen?
Betroffen sind alle Unternehmer, die gegenüber Verbrauchern Waren anbieten oder in der Werbung für Waren Preise nennen und im Zuge dessen Preisermäßigungen bekanntgeben. Dies gilt unabhängig vom Vertriebskanal, sodass diese Vorgaben von Onlinehändlern und stationären Händlern gleichermaßen beachtet werden müssen.
Diese Verpflichtungen betreffen ausschließlich den Verkauf von und die Werbung für Waren, also bewegliche, körperliche Sachen. Für Dienstleistungen, unbewegliche Sachen (z.B. Liegenschaften) und digitale Inhalte (z.B. PDF-Downloads) gelten diese Vorschriften nicht.
Auch im B2B-Bereich gelten diese Vorschriften nicht. Onlineshops, deren Angebote sich ausschließlich an andere Unternehmer richten, müssen die Vorgaben des § 9a PrAG daher nicht einhalten.
Welche Arten von Preisermäßigungen sind betroffen?
Bei einer Preisermäßigung kündigt der Unternehmer an, dass der Preis einer Ware im Vergleich zum Preis derselben Ware in der Vergangenheit gesenkt wurde. Wie Preisermäßigungen rechtskonform bekanntgegeben werden können, veranschaulichen wir in den folgenden Beispielen.
Preisgegenüberstellungen mit Statt- oder Streichpreisen
Wenn ein neues, günstigeres Angebot mit einem früheren, höheren Preis verglichen wird, muss dieser höhere Vergleichspreis der niedrigste Preis der letzten 30 Tage sein. Preisermäßigungen sind also auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zu berechnen und bekanntzugeben. Diese Rechtsansicht hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 26.09.2024 (C-330/23) bestätigt.
Es ist daher unzulässig, einem neuen Preis einen vorherigen Preis gegenüberzustellen, der nicht gleichzeitig der niedrigste Preis der letzten 30 Tage ist. Auch die zusätzliche Angabe des 30-Tage-Bestpreises ändert daran nichts.
Beispiel: Der Schuhhändler S bietet einen Laufschuh im Zeitraum vom 01.03.2024 – 31.03.2024 um 200€ an. Aufgrund der stärkeren Nachfrage der Laufschuhe im Frühling hebt S den Preis am 01.04.2024 auf 220€ an. Am 15.04.2024 startet S seine jährliche Frühjahrsaktion und bietet den Laufschuh um einen Sonderpreis von 180€ an. | |
Zulässige Preisgegenüberstellungen | Unzulässige Preisgegenüberstellungen |
180€ statt 200€ | 180€ statt 220€ |
180€ | 180€ |
180€ statt 220€ (niedrigster Preis der letzten 30 Tage: 200€) |
Prozentualer Rabatt, der im Warenkorb abgezogen wird
Ein weiteres Szenario betrifft prozentuale Rabattaktionen, die im Onlineshop angekündigt werden (z.B. in einem Werbebanner), aber erst im Warenkorb abgezogen werden. Diese Rabattaktion kann sich auf einzelne Produkte, auf Produktgruppen oder aber das gesamte Sortiment beziehen. Dies gilt auch, wenn für den Abzug des Rabattes ein Code eingegeben werden muss, der allgemein bekannt bzw. für der Mehrheit der Kunden zugänglich ist (z.B. Spare 10% mit dem Code „AKTION“).
Der Rabatt muss auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage berechnet und bekanntgegeben werden. Da der Rabatt erst im Warenkorb abgezogen wird, müssen die ausgewiesenen Preise der Aktionsprodukte die niedrigsten Preise der letzten 30 Tage sein.
Beispiel: Der Elektrohändler H wirbt im Zeitraum von 15.04.2024 - 20.04.2024 mit -15% auf alle Smartphones. Der Rabatt wird erst im Warenkorb abgezogen.
Ein Smartphone kostet im Zeitraum vom 01.03.2024 - 31.03.2024 1299€. Am 01.04.2024 hebt er den Preis auf 1399€, um auch während der geplanten Rabattaktion eine ausreichende Marge zu haben.
Die Rechnung von H geht leider nicht auf, denn gem. § 9a des Preisauszeichnungsgesetzes ist H verpflichtet, den 15%igen Rabatt vom niedrigsten Preis der letzten 30 Tage abzuziehen (also von 1299€). | |
Zulässige Preisangabe im Onlineshop | Unzulässige Preisangabe im Onlineshop |
1.299€ (-15% - Rabatt wird im Warenkorb abgezogen) | 1.399€ (-15% - Rabatt wird im Warenkorb abgezogen) |
Prozentuale Rabatte, die direkt am Preis abgezogen werden
Im dritten Szenario erfolgt die prozentuale Reduzierung sofort an den online angezeigten Preisen und nicht erst im Warenkorb. Die im Onlineshop angezeigten Preise sind also bereits die reduzierten Preise. Der Rabatt muss daher ausgehend vom niedrigsten Preis der letzten 30 Tage berechnet und bekanntgegeben werden.
Da der Verbraucher in diesem Fall die Preisveränderung nicht direkt beobachten kann, wird eine zusätzliche Informationspflicht begründet. Wenn Händler die rabattierten Preise auszeichnen, müssen sie zusätzlich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anführen.
Beispiel: K verkauft Kerzen in ihrem Onlineshop. Die Kerze „Warm Vanilla“ wird im Zeitraum vom 01.11.2023 – 15.11.2023 um 12€ angeboten. Am 15.11.2023 erhöht K den Preis auf 14€. Am 25.11.2023 startet K eine Rabattaktion, um Platz in ihrem Lager zu schaffen. Sie bietet die Kerze „Warm Vanilla“ nun um 10€ an. | |
Zulässige Preisangabe im Onlineshop | Unzulässige Preisangabe im Onlineshop |
10€ (-16,67%) vorher: 12€ | 10€ (-28,57%) vorher: 14€ |
Wie berechnet sich die 30-Tages-Frist?
Diese Frist wird kalendermäßig bestimmt. Wird eine Preisermäßigung am 03.09.2024 bekanntgegeben, so ist der niedrigste Preis im Zeitraum vom 03.08.2024-02.09.2024 zu ermitteln. Dieser 30-Tages-Bestpreis ist sodann als Referenz für die Preisermäßigung heranzuziehen.
Gelten diese Vorgaben auch für Gegenüberstellungen mit der UVP des Herstellers?
Wird der UVP des Herstellers lediglich als Information angegeben, z.B. 199€ (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers: 249€), so ist dies nicht von § 9a Preisauszeichnungsgesetz erfasst.
Jedoch ergibt sich aus § 2 UWG (irreführende Geschäftspraktiken), dass es für den Verbraucher klar erkennbar sein muss, welche Art von Preis bei der Preisgegenüberstellung als Referenz herangezogen wird. Es ist daher ein Hinweis erforderlich (z.B. UVP des Herstellers). Zudem darf der Vergleich mit der unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung von einem Durchschnittsverbraucher nicht als Preisermäßigung wahrgenommen werden. Unternehmer, die solche Preisvergleiche präsentieren, müssen daher äußerste Sorgfalt walten lassen, damit dieser Preisvergleich nicht als irreführende Geschäftspraktik qualifiziert wird.
Welche Arten von Preisermäßigungen bzw. Preiswerbungen sind nicht betroffen?
Auch folgende Formen der Preiswerbung sind nicht von der Vorschrift betroffen:
- Angabe eines ermäßigten Preises ohne Nennung des vorherigen Preises (also ohne Preisvergleich), z.B. der Preis wird ohne Bekanntgabe der Preisermäßigung von 200€ auf 180€ gesenkt.
- Allgemeine Preisaussagen, die keine konkreten, messbaren Preisermäßigungen bewerben, wie zum Beispiel „Sale“ oder „Niedrigpreis“ (ohne Preisegegenüberstellung oder Bekanntgabe der konkreten Preisermäßigung).
- Mengenrabatte oder Kopplungsangebote (z.B. 1+1 gratis)
- Individuelle Preisnachlässe etwa personalisierte, nicht öffentlich bekannte Rabattcodes oder individuelle Preiszusagen, z.B. der Verbraucher erhält bei seinem Kauf einen Gutschein über 20%, den er für den nächsten Kauf einlösen kann.
Wenn Preisermäßigungen faktisch im Allgemeinen angeboten bzw. angekündigt werden, greift die Regelung des § 9a Preisauszeichnungsgesetz jedoch wieder. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn das Unternehmen eine Kampagne startet, in der „Treuekunden dieses Wochenende 20% Rabatt“ erhalten und dieses Kundentreueprogramm für viele Kunden oder die Mehrheit der Kunden zugänglich/nutzbar ist. - Preiswerbung für schnell verderbliche oder kurz haltbare Waren (z.B. Lebensmittel), wenn der Preis aufgrund drohenden Verderbs oder des Ablaufs des Mindesthaltbarkeitsdatums gesenkt wird.
Wie setze ich die Vorgaben bei einem Produkt um, das weniger als 30 Tage im Sortiment ist?
§ 9a Abs. 2 Preisauszeichnungsgesetz lautet: „Sind Sachgüter weniger als 30 Tage auf dem Markt, haben Unternehmer den niedrigsten Preis anzugeben, der innerhalb des Zeitraums, in dem sich das Sachgut auf dem Markt befindet, zumindest einmal in demselben Vertriebskanal verlangt wurde.“
Wird eine Preisreduzierung auf ein Produkt angekündigt, das sich erst weniger als 30 Tage im Sortiment des Händlers befindet, so ist der Preis, der in diesem Zeitraum am niedrigsten war, maßgeblich.
Beispiel: Händler A nimmt am 01.01.2024 eine neue Küchenmaschine in sein Sortiment auf und bietet sie zu einem Preis von 89,99€ an. Schon am 06.01.2024 erhöht er den Preis aufgrund der überwältigenden Nachfrage auf 99,99€. Da sein Konkurrent B die Maschine günstiger anbietet, zieht A am 11.01.2024 mit und senkt den Preis um 10€ auf 79,99€. Möchte A diese Preisermäßigung in Beträgen oder Prozent bekanntgeben, so muss der erste Preis (89,99€) als Referenz herangezogen werden, da dieser den niedrigsten Preis seit der Einführung des Produkts darstellt.
Wie ist bei schrittweisen Preissenkungen vorzugehen?
Wenn ein Produkt über einen bestimmten Zeitraum hinweg mehrfach reduziert wird (z.B. von Woche zu Woche), bezieht sich der niedrigste Preis gem. § 9a Preisauszeichnungsgesetz auf den Preis vor der ersten Ermäßigung. Somit muss nicht bei jeder neuen Reduzierung ein neuer Referenzpreis (der Preis der vorherigen Woche) verwendet werden.
Beispiel: Der niedrigste Preis der Ware in den letzten 30 Tagen vor Beginn der Verkaufskampagne lag bei 100€. Die Ware wird zunächst auf 90€ reduziert, in der darauffolgenden Woche auf 80€ und wieder eine Woche später auf 70€. Als Referenzpreis dürfen weiterhin die 100€ herangezogen werden.
Werden stationärer Handel und Online-Handel bei der Ermittlung des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage getrennt behandelt?
Das stationäre Handelsgeschäft und der Onlineshop eines Unternehmens stellen unterschiedliche Vertriebskanäle dar. Es ist somit der für den jeweiligen Vertriebskanal geltende niedrigste Preis der letzten 30 Tage zu ermitteln. Auch Filialen stellen eigene Vertriebskanäle dar.
Tipps für rechtskonforme Rabattkampagnen
- Dokumentation des Preisverlaufes: Führen Sie konkrete Aufzeichnungen über Ihre Preise, damit Sie bei jeder Preisreduktion, die Sie bekanntgeben möchten, auch den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage ermitteln können.
- Irreführung vermeiden: Bei jeder Ankündigung einer Preisermäßigung ist grundsätzlich darauf zu achten, dass keine Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise erfolgt.
- Ausnahmen prüfen: Eignen sich auch Kopplungsangebote (z.B. 2+1 gratis oder 25% beim Kauf von 2 Stück)? Oder wäre es auch denkbar, mit „Sale“ zu werben ohne konkrete Preisermäßigungen bekanntzugeben?
- Häufigkeit der Rabattaktionen im Auge behalten: Wenn man den Anwendungsbereich weitgehend einschränken oder ausschließen will, sollte man darauf achten, seine Preise nicht öfter als alle 30 Tage zu reduzieren.
Beispiel: Wie sich die Häufigkeit von Rabattaktionen auf die Anwendung des § 9a PrAG auswirkt | |
Beispiel: Mehr als 30 Tage zwischen den Rabattaktionen (= seltenere Preisänderungen) | Beispiel: Weniger als 30 Tage zwischen den Rabattaktionen (= häufigere Preisänderungen) |
01.01.-31.01.2024: 100€ | 01.01.-31.01.2024: 100€ |
01.02.-05.02.2024: 80€ (100€ als Referenz: -20€ oder -20%) | 01.02.-05.02.2024: 80€ (100€ als Referenz: -20€ oder -20%) |
06.02.-10.03.2024: 120€ | 06.02.-15.02.2024: 120€ |
11.03.-16.03.2024: 90€ (120€ als Referenz: -30€ oder -25%) | 16.02.-20.02.2024: 90€ (80€ als Referenz) |
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