Sparte Bank und Versicherung

Gemeinsame Wirkung aller drei Säulen stärken als Aufgabe für Sozialpartner

Vierte Enquete zum Pensionssystem: Klares Bekenntnis zur Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen mit starker staatlicher Grundsicherung; Digitalisierung als große Herausforderung.

Lesedauer: 4 Minuten

Am Dienstag, den 19. September 2017, fand in Wien die vierte jährliche Enquete zum heimischen Pensionssystem statt. Die ARGE Zusatzpensionen – der Fachverband der Pensionskassen, der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs VVO, die Plattform der betrieblichen Vorsorgekassen und die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) – hatte SpitzenpolitikerInnen und international bekannte WissenschafterInnen geladen.  

Vor zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wurden Szenarien und Ansätze für das österreichische Pensionssystem der Zukunft diskutiert. Einig waren sich die VertreterInnen aller politischen Sichtweisen, vom ÖGB-Präsidenten bis zum deutschen Rentenexperten Bert Rürup: Österreich hat und braucht ein stabiles Pensionssystem mit einer starken, staatlichen ersten Säule.  

Deren Zusammenwirken mit betrieblichen und privaten Pensionsangeboten (zweite und dritte Säule) als wichtige Ergänzungen soll durch die Sozialpartner gestärkt werden. Herausforderungen der Zukunft liegen nicht nur in demographischen Änderungen, sondern auch in der Digitalisierung vieler Fertigungsprozesse, Produkte und Geschäftsmodelle begründet.

„Das österreichische Pensionssystem ist großzügig, aber nicht nachhaltig, sprich mit langfristigen Finanzierungsrisiken behaftet“, stellte der deutsche Wirtschaftswissenschafter Bert Rürup zu Beginn der Enquete fest. Hinzu komme, dass „Seit Mitte der 1980er Jahre in den meisten Industrieländern ein trendmäßiger Rückgang der Lohnquote und im Gegenzug ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Anteils der Vermögenseinkommen zu beobachten ist – auch in Österreich. Vor diesem Hintergrund sollte es unstrittig sein, dass ein ‚gutes’ Altersvorsorgesystem nicht nur aus den Arbeitseinkommen, sondern aus allen Quellen des Volkseinkommens – und damit auch aus den nationalen wie internationalen Kapitaleinkommen – finanziert werden sollte. Unter risikodiversifizierenden Gesichtspunkten ist Alterssicherungssystemen, die aus einer Mischung von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen bestehen, der Vorzug vor monistisch finanzierten Systemen zu geben“, so Bert Rürup.

„Sozialpartnerschaftlicher“ Konsens zur stabilen staatlichen Säule des Pensionssystems und zur Ergänzung durch betriebliche und private Pensionsangebote 

Dieser These konnte auch ÖGB-Präsident Erich Foglar etwas abgewinnen: „In einem demokratischen Sozialstaat hat der Staat die Verantwortung der Alterssicherung als Kernaufgabe wahrzunehmen. Daher treten wir stets für eine starke erste Säule des Pensionssystems ein, die Existenzsicherung und sozialen Ausgleich garantiert“, erklärt Erich Foglar in seiner Visions-Rede bei der Enquete. „Wir bekennen uns aber auch zu einer ergänzenden betrieblichen Altersvorsorge auf Basis sozialpartnerschaftlicher Vereinbarungen und zu einer zusätzlichen privaten Pensionsvorsorge. Alle drei Säulen unseres Pensionssystems stehen vor allem im Zuge der zunehmenden Digitalisierung vor großen Herausforderungen.“

Schweiz setzt seit langem auf Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen

„Die Schweiz hat ihr Pensionssystem ähnlich wie in Deutschland und Österreich mit einer starken ersten Säule aufgebaut, setzt aber seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts auch auf ein starkes (in der Schweiz verpflichtendes) ergänzendes betriebliches Pensionssystem und fördert zudem private Vorsorge“, erklärt Prof. Dr. Martin Eling, Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen. „Die Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen funktioniert bei uns sehr gut. Aber auch die Schweiz steht immer wieder vor Herausforderungen, ihr Pensionssystem anzupassen.“  

„Ein Dach über dem Kopf, eine noch bessere Innenausstattung und einen Balkon“ 

„Die erste Säule unseres Pensionssystems dürfen wir auch in Zukunft nicht schwächen. Sie muss jedem ein Dach über dem Kopf sichern. Wenn es dazu für unser imaginäres Haus noch eine bessere Innenausstattung und einen Balkon gibt – symbolisch die zweite und dritte Säule des Pensionssystems – dann ist das umso besser“, erklärt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. „Ich finde es gut, dass wir sozialpartnerschaftlich über eine solide zweite und dritte Säule diskutieren können, ohne die erste Säule damit zu schwächen.“ 

Betriebliche und private Vorsorge als gute Ergänzung der staatlichen Pension

„Wir haben ein gutes Pensionssystem, das auf drei Säulen steht. Das Zusammenspiel dieser drei Säulen unseres Pensionssystems ist ein klassisches Sozialpartner-Thema. Ich sehe betriebliche und private Vorsorge als gute Ergänzung der staatlichen Pension. Diese ermöglicht es, dass die Menschen in Summe auch im Alter gut leben können. Das im Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen zu unterstützen, kann ich nur befürworten“, erklärt ÖVP-Abgeordneter Mag. Andreas Hanger.

Politischer Wille gefragt, ein Konzept für ein integriertes Drei-Säulen-Zukunftsmodell fernab von ideologischen Debatten zu erarbeiten

„Ich freue mich, dass es uns als ARGE Zusatzpensionen gelungen ist, in guter österreichischer sozialpartnerschaftlicher Gewohnheit einen Konsens zu finden, wie ein starkes österreichisches Pensionssystem in Zukunft aussehen kann: Eine stabile staatliche Grundsicherung und gut ausgebaute ergänzende betriebliche und private Angebote. Seitens unserer nächsten Bundesregierung, aber auch bei allen anderen Politikern und Sozialpartnern ist nun der politische Wille gefragt, ein Konzept für ein integriertes Drei-Säulen-Zukunftsmodell, fernab von ideologischen Debatten, zu erarbeiten“, erklärt Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen, als Vertreter der Veranstalter.

In sachlich offenem Dialog den besten Weg zu einem zukunftssicheren Pensionssystem definieren

„Trotz der derzeit recht emotional geführten Wahlkampf Auseinandersetzungen ist es uns bei der diesjährigen Enquete gelungen, über alle Parteigrenzen hinweg in einem sachlich, offenen Dialog über den besten Weg zu einem zukunftssicheren Pensionssystem zu debattieren. Wenn dieser Dialog und die zahlreichen internationalen Erkenntnisse des heutigen Tages Anregungen für künftige Pensionsreformen bieten, können alle Österreicherinnen und Österreicher auch in Zukunft Vertrauen in ihr Pensionssystem haben“, so Manfred Rapf, Sektion Lebensversicherung VVO. 

Politik und Wirtschaft in der Verantwortung, am Pensionssystem der Zukunft mitzugestalten 

„Die Österreicherinnen und Österreicher sehen Politik und Wirtschaft in der Verantwortung, am Pensionssystem der Zukunft mitzugestalten. Neben einer stabilen staatlichen Pension erwartet sich die Mehrheit der Bevölkerung, dass auch Arbeitgeber einen Beitrag zur Zusatz-Pensionsvorsorge leisten – das wissen wir aus aktuellen Umfragen“, so Andreas Csurda, Vorstandsvorsitzender der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen. „Die Betrieblichen Vorsorgekassen werden sich hier auch in Zukunft stark einbringen und eine wichtige Rolle übernehmen.“ 

Ziel aller Beteiligten, Herrn und Frau Österreicher den Vorsorge-Gedanken näher zu bringen 

„Das klare Bekenntnis zu betrieblicher und privater Pensionsvorsorge als Ergänzung der staatlichen Pension ist ein großer Schritt in der heimischen Debatte zur Weiterentwicklung des Pensionssystems“, erklärt Heinz Bednar, Präsident der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften. „Es muss das Ziel aller Beteiligten sein, Herrn und Frau Österreicher den Vorsorge-Gedanken näher zu bringen und somit das  persönliche Engagement für zusätzliche Pensionsvorsorge zu stärken“. 

Stand: 13.10.2017

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