Jürgen Mandl, Präsident der WK Kärnten, Carmen Goby, Vizepräsidentin der WKO, Nicole M. Mayer, Vorsitzende des Beirates für EPU, Eva Heckl, KMU Forschung Austria und Herwig Draxler, Leiter der Wirtschaftspolitik
© WKK, Peter Just

EPU als Motor der Wirtschaft: Entlastung und Bürokratieabbau gefordert!

Ein-Personen-Unternehmen (EPU) sind ein essenzieller Bestandteil der Wirtschaft. Doch hohe Steuerlasten und überbordende Bürokratie verhindern, dass sie ihre Potenziale ausschöpfen. Die WKÖ fordert von der nächsten Regierung gezielte Entlastungen, eine bessere soziale Absicherung und verstärkte Digitalisierung, um die Wirtschaftskraft der 360.000 EPU in Österreich nachhaltig zu stärken.

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Aktualisiert am 05.02.2025

Ein-Personen-Unternehmen (EPU) sind eine tragende Säule der österreichischen Wirtschaft. Auch in Kärnten nimmt ihre Bedeutung weiter zu: 2024 gab es im Bundesland 23.200 EPU, das sind mehr als 60 % aller Unternehmen - eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Im Rahmen des aktuellen EPU-Stimmungsbarometers hat das MARKET-Institut im Auftrag der WKÖ rund 1.400 österreichische Ein-Personen-Unternehmen online zu ihrer aktuellen Stimmungslage und ihren Zukunftserwartungen, zu den Serviceleistungen der WKÖ und zu ihren Forderungen an die Politik befragt. Die Ergebnisse wurden heute im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert.

„Kärntens EPU leisten täglich Herausragendes für den Wirtschaftsstandort - und das oft auch über das Pensionsalter hinaus. Sie verdienen nicht nur höchste Anerkennung, sondern auch die bestmögliche Unterstützung. Das selbst gewählte Geschäftsmodell, das meist im Haupterwerb und Vollzeit ausgeübt wird, ist längst keine Modeerscheinung mehr, sondern ein unverzichtbarer Teil der Wertschöpfungskette der Kärntner Wirtschaft“, betonte WK Präsident Jürgen Mandl.

Die Bedeutung der EPU für die österreichische Wirtschaft ist unbestritten. Im abgelaufenen Jahr gab es österreichweit 360.000 EPU, das sind fast 60 % aller Unternehmen des Landes. Sie sind Innovationstreiber und regionale Wirtschaftsmotoren. „EPU werden nicht aus der Not heraus gegründet, sondern aufgrund einer bewussten Entscheidung“, so Mandl. Viele von ihnen arbeiten, um größere Auftragsvolumina bewältigen zu können, eng mit Partnern zusammen. Mandl: „So können sie punktgenau auf größere Kunden reagieren und eine Wertschöpfung generieren, die alleine nicht möglich wäre.“

Doch die Selbstständigen stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, die sie in ihrer Arbeit bremsen: Bürokratie und hohe Steuerbelastung. Um ihr Potenzial voll auszuschöpfen und den „Turbo“ zu zünden, fordert Mandl eine gezielte Unterstützung von der Politik. „Es braucht dringend steuerliche Entlastungen und eine Entbürokratisierung für EPU“, ergänzte Mandl. Besonders Solo-Selbstständige leiden unter den hohen regulatorischen Anforderungen. Mandl begrüßt in diesem Zusammenhang die Vorstellung des EU-Wettbewerbskompasses, der den EPU zugutekommen könnte, indem er den bürokratischen Aufwand reduziert. 

Trotz Herausforderungen – EPU beweisen Unternehmergeist

Die Ergebnisse des Stimmungsbarometers des MARKET-Instituts im Auftrag der WKÖ zeigen: Das unternehmerische Mindset bei Österreichs kleinsten Unternehmen ist selbst in fordernden Zeiten ungebrochen. „EPU sind Alleskönner, die alles können, planen und schaffen – sozusagen ‚ALL IN ONE‘. Mit mehr als 60 % sind sie eine entscheidende Wirtschaftskraft in Österreich. Sie stärken mit ihren vielfältigen Produkten und Dienstleistungen Branchen und Regionen“, so Carmen Goby, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Drei Viertel der befragten EPU (75 %) würden sich laut Stimmungsbarometer erneut für diesen Weg entscheiden. 43 % blicken zuversichtlich in die Zukunft und 28 % sehen einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend. „Im Vergleich zur letzten Erhebung vor einem Jahr sehen wir kaum eine Veränderung: Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage für EPU spiegeln sie unternehmerischen Willen und starke Resilienz wider“, fasste Eva Heckl, Senior Researcher der KMU Forschung Austria und Leiterin des EPU-Monitorings, zusammen.

Besonders bemerkenswert ist die hohe Flexibilität der EPU: Während 70 % weiterhin allein arbeiten wollen, kann sich fast ein Viertel vorstellen, künftig Mitarbeiter einzustellen. Auch über das Pensionsalter hinaus bleiben viele Unternehmer aktiv – ein Zeichen für den Trend der „Silverpreneure“. Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind aber laut Heckl nicht zu übersehen. „77 % der EPU kämpfen mit steigenden Kosten, vor allem bei Energie und Material. Zwar konnten einige Unternehmen ihre Preise anpassen, aber die Gewinnmargen bleiben vielerorts unter Druck.“

EPU in Kärnten

Auch in Kärnten ist der Unternehmergeist ungebrochen. 2024 waren 23.200 Personen Chef und Mitarbeiter zugleich. Damit macht dieser Sektor 60,27 % aller heimischen Betriebe aus. Im Vergleich dazu waren es 2023 noch 22.590 EPU, was einem Anteil von 59,94 % entspricht. „Der anhaltende Gründerboom zeigt, dass viele Menschen die Selbstständigkeit als Einkommensquelle für sich entdecken. Dabei steigt der Anteil der Nebenerwerbsunternehmer, was auf ein wachsendes Interesse an flexiblen Arbeitsmodellen hinweist“, erklärte Nicole N. Mayer, Vorsitzende des Beirates für EPU. Bei den Branchen dominieren Gewerbe, Handwerk und Handel, gefolgt von der Sparte Information und Consulting. Der Frauenanteil liegt bei 48 %, das Durchschnittsalter bei 54 Jahren. Mayer: „Es zeigt sich auch, dass die Unternehmen international ausgerichtet sind: 26 % exportieren Waren oder Dienstleistungen über die Landesgrenzen hinaus.“ Dennoch bleibt die wirtschaftliche Lage angespannt. Während 41 % der Kärntner EPU einen weiteren Konjunkturrückgang erwarten, blicken 43 % optimistisch in die Zukunft. 

EPU-Offensive „ALL IN ONE“

Um die EPU noch besser zu unterstützen, hat die Wirtschaftskammer Österreich ihre Initiative „ALL IN ONE“ weiter ausgebaut. Der Fokus liegt auf Digitalisierung, Export- und Innovationsförderung. 69 % der EPU nutzen bereits die Services der WKÖ – Tendenz steigend. Besonders gefragt sind digitale Weiterbildungsangebote, praktische Ratgeber und Online-Tools, die den Arbeitsalltag erleichtern. Die hohe Zufriedenheit mit den bestehenden Serviceleistungen zeigt, dass diese Unterstützung gut angenommen wird. 90 % der befragten Unternehmen bewerten die Angebote positiv – eine klare Bestätigung für die Arbeit der WKÖ.

Klare Handlungsaufträge für die nächste Regierung

Laut WKÖ-Vizepräsidentin Carmen Goby muss die Stärkung der EPU auch im neuen Regierungsprogramm verankert werden: „Ein erster Erfolg war die Anhebung der Kleinunternehmerregelung von 35.000 auf 55.000 Euro. Die Forderung nach einer weiteren Erhöhung auf 85.000 Euro bleibt bestehen.“ Solo-Unternehmerinnen und Unternehmer fordern gezielte wirtschaftliche Impulse, um ihre Existenz nachhaltig abzusichern. Im Mittelpunkt steht dabei die Entlastung durch eine Senkung der Einkommensteuer, insbesondere durch eine Abmilderung der Progression, die von 62 % der Befragten unterstützt wird. Weitere Schwerpunkte sind die Reduzierung der Lohnnebenkosten (45 %) sowie die Anhebung des Gewinnfreibetrages auf 100.000 € (41 %). Darüber hinaus fordern 41 % der EPU eine deutliche Reduktion der bürokratischen Form- und Meldepflichten, um administrative Hürden zu minimieren und die unternehmerische Tätigkeit effizienter gestalten zu können.

Auch das Gesundheitssystem und die soziale Absicherung von Selbstständigen müssen verbessert werden. Die derzeitigen Regelungen zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung seien zu starr, und die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter solle auf 2.000 Euro angehoben werden. Ein erweiterter Vorsteuerabzug für betrieblich genutzte Fahrzeuge ist eine weitere Forderung. „Als WKÖ ist es unsere Aufgabe, weiterhin dafür zu sorgen, dass die EPU auch in Zukunft bestmögliche Bedingungen vorfinden, um die Zukunft mutig gestalten zu können“, betonte Goby abschließend.

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