Gruppenfoto zum Wirtschaftsdelegiertensprechtag
© WKK | Alexander Wieselthaler

20 Jahre EU-Ost-Erweiterung: Kärnten als Drehscheibe zum wirtschaftlichen Erfolg

Die Erweiterung der Europäischen Union um die zentral- und osteuropäischen Staaten vor 20 Jahren war für Kärnten ein historischer Wendepunkt. Als wirtschaftliche Drehscheibe an der Schnittstelle zu den neuen Mitgliedsländern konnte Kärnten seine Handelsbeziehungen intensivieren und neue Märkte erschließen. Den Wirtschaftsdelegierten-Sprechtag Zentral- und Südosteuropa in der Wirtschaftskammer Kärnten nutzten viele Unternehmer:innen, um sich über Marktchancen und Exportstrategien in neue Regionen beraten zu lassen.

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Aktualisiert am 15.11.2024

Die „Große EU-Erweiterung“ jährt sich heuer zum 20. Mal. Mit dem Beitritt der Länder Slowakei, Tschechien, Slowenien, Ungarn, Polen, der drei baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen sowie Zypern und Malta ist die Europäische Union auf damals 25 Mitgliedsstaaten angewachsen. Die mittel- und osteuropäischen Länder sind seither ein wichtiger Markt für Kärntens Wirtschaft und schrieben durch intensive Handelsbeziehungen eine Erfolgsgeschichte für beide Seiten.  

Jürgen Mandl, Präsident der Wirtschaftskammer Kärnten, unterstreicht die Bedeutung dieser historischen Erweiterung: „Die EU-Erweiterung war ein Meilenstein, der den Wirtschaftsstandort Kärnten nachhaltig gestärkt hat. Durch die Integration der neuen Mitgliedstaaten konnten Kärntner Unternehmen neue Märkte erschließen und von der neuen wirtschaftlichen Dynamik der Region profitieren. Unser Bundesland konnte seine Lage an der Schnittstelle zu den neuen Mitgliedsstaaten optimal nutzen. Gerade durch die Nachbarschaft zu Slowenien haben sich für unsere Unternehmen einzigartige Export- und Investitionsmöglichkeiten ergeben“, so Mandl. 

 Wie es heute um die Wirtschaft in diesen Ländern steht, welche Chancen diese Märkte für Kärntner Unternehmen bieten und wie sie dort Fuß fassen können – darüber wurde beim Exportfrühstück „20 Jahre EU-Osterweiterung“ im Rahmen des Wirtschaftsdelegierten-Sprechtages Zentral- und Südosteuropa diskutiert. Unternehmer:innen nutzten die Möglichkeit, mit den zwölf anwesenden Wirtschaftsdelegierten- darunter Christian Lassnig (Warschau), Roman Rauch (Prag) und Thomas Spazier (Riga) - ins Gespräch zu kommen, sich über Marktchancen zu informieren oder die Voraussetzungen für einen künftigen Markteintritt auszuloten. 

Kärntens Wirtschaft konnte ihre starke Position als Brückenbauer zwischen Zentral- und Südosteuropa innerhalb der EU festigen. „Heute profitieren zahlreiche heimische Unternehmen von der Nähe zu den Wachstumsmärkten, sei es durch grenzüberschreitende Kooperationen, steigende Exporte oder Investitionen in der Region. Die geografische Nähe und die historischen Verbindungen haben österreichischen Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschafft, die sie durch Investitionen in Infrastruktur, Produktion und Dienstleistungen genutzt haben“, so Hemma Kircher-Schneider, Leiterin der Abteilung Außenwirtschaft und EU der WKK Kärnten. 

Wirtschaftliche Auswirkungen und Chancen für Österreich

Die österreichischen Exporte – vor allem in die fünf Mitgliedsländer Ungarn, Slowenien, Tschechien, Slowakei und Polen - haben sich auf rund 30 Milliarden Euro pro Jahr verdreifacht. Österreich ist auch Top-Investor in der Region und zieht aus seiner zentralen Lage zwischen Zentral-, Ost- und Südosteuropa zahlreiche Handelsvorteile. Vorteile gab es vor allem für Unternehmer:innen, die Zugang zu neuen Märkten und Chancen erhielten. Der Außenhandel wurde durch die EU-Erweiterung gefördert, was zu einem erheblichen Anstieg des Handelsvolumens führte. Ebenso stiegen die Investitionen aus dem Ausland in Österreich um ein Vielfaches, wodurch das Land als Drehscheibe für den Zugang zum osteuropäischen Markt fungierte. 

Top Außenhandelszahlen für Kärnten

Auch Kärnten profitiert enorm. Ein wichtiger Handelspartner ist Slowenien, die Exporte dorthin stiegen von 161 Mio. Euro im Jahr 2005 auf 415 Mio. Euro im Jahr 2023, was einem Plus von 158% entspricht; inflationsbereinigt beträgt das Plus 60%, da ein Teil des nominellen Zuwachses durch Preissteigerungen „aufgefressen“ wurde. Ein weiterer wichtiger Markt ist Ungarn, ein Land das aus der Tradition heraus immer schon wirtschaftlich stark mit Österreich verbunden war. Seit Ungarns EU Beitritt 2004 konnten Kärntens Exporte in dieses Land real um „nur“ 6% gesteigert werden. Auch die Slowakei sticht hervor: Der Anstieg von 32 Mio. Euro auf 152 Mio. Euro zeigt deutlich die wachsende Bedeutung dieses Landes für die Kärntner Exportwirtschaft. Real beträgt die Steigerung 192 %. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung der Exporte nach Polen, die sich von 63 Mio. Euro im Jahr 2005 auf 297 Mio. Euro im Jahr 2023 fast vervierfachen (+371 %). Nach Abzug der Inflation verbleibt ein Plus von 191 %, was ebenfalls ein starkes reales Wachstum bedeutet.

 „Die EU-Osterweiterung hat Kärnten eine Plattform geboten, um die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken, Innovationen zu fördern und den Standort international wettbewerbsfähig zu machen", resümiert Mandl abschließend. 

Roman Rauch, Wirtschaftsdelegierter in Prag

 „Der nachhaltige Anstieg der Konsumlaune durch Reallohnzuwächse und die weiterhin niedrigste Arbeitslosenrate in der EU haben die tschechische Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad gebracht. Die Investitionstätigkeit sollte wegen der deutlich gesunkenen Kreditzinsen ebenfalls anziehen. Tschechiens besonders produktionsorientierte Wirtschaft benötigt kontinuierliche Investitionen in IT, Digitalisierung, Robotik, etc., um weiterhin in internationalen Lieferketten bestehen zu können.“ 

Thomas Spazier, Wirtschaftsdelegierter in Riga

 „Estland ist ein Vorreiter in den Bereichen Digitalisierung, Software und IT, während Lettland großes Potenzial im Bereich Mobilität bietet. Das Baltikum ist keine homogene Region, sondern vielfältig und sollte daher mehr Aufmerksamkeit von österreichischen Unternehmen erhalten. Besonders hervorzuheben ist, dass die baltischen Staaten pro Kopf den höchsten Anteil an EU-Fördermitteln erhalten. Auch dadurch ergeben sich zahlreiche Chancen für österreichische Exportbetriebe.“ 

Christian Lassnig, Wirtschaftsdelegierter in Warschau

 „Polens Wirtschaft läuft allen anderen davon – mit einem akkumulierten Wachstum von 110% seit 2004 und einer dynamischen, eigenständigen Wirtschaftsstruktur ist das Land ein Vorzeigemodell für erfolgreiche EU-Förderung und zukunftsorientierte Entwicklung. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit bietet Polen mit seiner grünen Transformation und Innovationsbereitschaft enorme Chancen für Unternehmen.“