Präsident Jürgen Mandl im Gespräch.
© Alexander Zagorz

Leistung muss sich wieder lohnen

Rezession, Fachkräftemangel, Bürokratie - Österreichs Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. WK-Präsident Jürgen Mandl fordert seit Monaten Reformen, damit sich Leistung wieder lohnt - durch ein effizienteres Steuersystem, bessere Bildung und weniger Bürokratie: "Nur so können wir unseren Wohlstand sichern.“

Lesedauer: 4 Minuten

12.11.2024

Herr Präsident Mandl, die Stimmung in der Wirtschaft ist angespannt, viele Unternehmer fühlen sich gegängelt. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Ja, die Situation ist in der Tat ernst. Die österreichische Wirtschaft steckt das zweite Jahr in Folge in der Rezession, die Industrie noch länger. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer fühlen sich durch die überbordende Bürokratie eingeschränkt. Langwierige Genehmigungsverfahren, komplizierte Meldepflichten und ständige Kontrollen kosten nicht nur Zeit, sondern auch Geld - vor allem für Kleinbetriebe. Es ist klar, dass wir die wirtschaftlichen Chancen der Zukunft nicht nutzen können, wenn wir an diesen bürokratischen Hürden scheitern. Unternehmersein muss wieder Freude machen und darf nicht durch behördliche Schikanen erschwert werden.

Sie betonen immer wieder die Bedeutung von Leistung und Arbeitsethos in unserer Gesellschaft. Wie sehen Sie die Balance zwischen der Notwendigkeit, hart zu arbeiten und dem zunehmenden Wunsch vieler Menschen nach mehr Freizeit und weniger Arbeitsbelastung?

Das ist eine berechtigte Frage, denn es geht hier um eine gesellschaftliche Grundsatzdebatte. Ich bin der festen Überzeugung, dass Arbeit weit mehr ist als die notwendige Anstrengung zur Sicherung des Lebensunterhalts - sie ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens und unserer Identität. Natürlich verstehe ich den Wunsch nach mehr Freizeit und Work-Life-Balance. Aber ich warne davor, Arbeit als Gegensatz zum Leben zu sehen. Das führt in eine Sackgasse. Unser hoher Lebensstandard und der Wohlstand, den wir genießen, beruhen auf der Leistungsbereitschaft und dem Fleiß vieler Generationen vor uns - und auch auf dem Engagement, das wir heute an den Tag legen. Wenn wir uns jetzt einreden lassen, weniger zu arbeiten sei die Lösung unserer Probleme, untergraben wir die Grundlage unseres Erfolgs.

Hart arbeiten und ein erfülltes Leben führen - wie geht das?

Das ist kein Widerspruch. Im Gegenteil: Arbeit kann ein wesentlicher Bestandteil eines erfüllten Lebens sein - wenn wir sie als solchen anerkennen und uns auch trauen, stolz auf unsere Leistungen zu sein. Es ist also weniger eine Frage von Freizeit oder Arbeitszeit, sondern eine Frage der Einstellung. Leistung und Engagement sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern die Basis für eine erfolgreiche Zukunft.

Den Unternehmen gehen die Mitarbeiter aus, sie suchen händeringend. Diese Entwicklung geht zu Lasten unseres Wohlstandsstaates. Wie kann die Wende gelingen?

Mit der heutigen Teilzeitmentalität ist kein Vollzeitstaat zu machen! Es scheint eine ganze Generation zu geben, die erst wieder vom Wert der Arbeit überzeugt werden muss, bevor sie sich mit einem Chai Latte im Sabbatical entspannen kann. Wie sollen sich unsere ausgeglichenen Jugendlichen später im Beruf gegen fleißige Asiaten und wettbewerbsgewohnte Amerikaner durchsetzen? Mit Fleiß und Bildung, denn wer eine gute Ausbildung hat und bereit ist, sich zu engagieren, wird es auch in Zukunft zu etwas bringen.

Welche konkreten Folgen haben hohe Lohnnebenkosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?

Für Arbeitnehmer bedeuten hohe Lohnnebenkosten, dass sie trotz guter Bruttolöhne oft nur wenig Netto auf dem Konto haben. Wer länger arbeitet, erhält im Vergleich zu einer Teilzeitbeschäftigung weniger Geld. Das kann demotivierend wirken und die Bereitschaft senken, mehr Verantwortung zu übernehmen oder mehr Stunden zu arbeiten. Für Arbeitgeber stellen die hohen Lohnnebenkosten eine finanzielle Belastung dar, die sie davon abhält, mehr Personal einzustellen oder in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. Insgesamt führen die hohen Kosten dazu, dass der Arbeitsmarkt weniger dynamisch ist, als er sein könnte, was wiederum die Innovationskraft und das Wachstum der Wirtschaft bremst.

Präsident Jürgen Mandl im Gespräch.
© Alexander Zagorz

Wie wirken sich diese bürokratischen Hürden konkret auf die Wirtschaft aus?

Die Bürokratie in Österreich bremst den wirtschaftlichen Fortschritt massiv. Besonders betroffen sind Zukunftsprojekte wie die Energiewende, die durch unnötige Vorschriften und Kontrollen massiv verzögert werden. Statt unternehmerisches Handeln zu fördern, hindert die Bürokratie Unternehmen daran, schnell und effizient zu agieren. Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei der Bürokratieeffizienz auf dem enttäuschenden 56. Platz - ein Alarmsignal für einen modernen Wirtschaftsstandort. Die Unternehmen verlieren dadurch an Wettbewerbsfähigkeit, was gerade in einer globalisierten Welt verheerende Folgen haben kann.

Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht dringend notwendig, um die heimische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen?

Wir müssen dringend Bürokratie abbauen und die Unternehmen entlasten. Wir müssen Genehmigungsverfahren verkürzen, Meldepflichten vereinfachen und unnötige Kontrollen auf ein Minimum reduzieren. Gleichzeitig müssen die Lohnnebenkosten endlich gesenkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Nur so können wir auf den Weltmärkten wieder konkurrenzfähig werden. Auch die Energieversorgung muss gesichert und bezahlbar sein, damit die Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft meistern können.

Sie sprechen oft von bürokratischen Schikanen. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Ein typisches Beispiel ist der enorme Aufwand, den Unternehmer betreiben müssen, um allen Dokumentations- und Meldepflichten nachzukommen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld, das besser in die Entwicklung und das Wachstum der Unternehmen investiert wäre. Diese Schikanen treffen vor allem kleine Unternehmen, die oft keine eigenen Ressourcen haben, um sich durch den Bürokratiedschungel zu kämpfen. Es darf nicht sein, dass Unternehmer mehr Zeit mit dem Ausfüllen von Formularen verbringen als mit der eigentlichen Wertschöpfung. Diese unnötigen Hürden müssen abgebaut werden.

Was kann die neue Bundesregierung zur Lösung dieser Probleme beitragen?

Ohne eine gesunde Wirtschaft gibt es keinen funktionierenden Staat. Nur die Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen die Wertschöpfung, die für die staatlichen Aufgaben notwendig ist. Wir müssen vom Bürokratie-Weltmeister zum Unternehmer-Weltmeister werden - das ist die vordringliche Aufgabe der neuen Regierung. 

Was ist Ihr Appell an Politik und Gesellschaft?

Mein Appell ist klar: Schluss mit den Schikanen! Unternehmerinnen und Unternehmer sollen sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, statt sich durch den Bürokratiedschungel zu kämpfen. Wir müssen uns darauf besinnen, dass es die Leistung und das Engagement der Unternehmen sind, die unseren Wohlstand sichern. Die Bürokratie darf dem nicht länger im Wege stehen. Wir brauchen endlich eine Verwaltung, die nicht behindert, sondern unterstützt. Das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft.


Damit sich Leistung lohnt! Hier finden Sie fünf unbequeme Thesen zum Wert von Leistungswillen und Eigenverantwortung in Österreich.

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