Recruiting im Wandel: Die Suche nach den besten Talenten
Mit knapp über 2.000 Mitarbeiter:innen ist die Kelag ein Big Player am Kärntner Arbeitsmarkt und darüber hinaus. Michaela Sapetschnig, Head of Human Resources Management, erklärt im Interview, mit welchen speziellen Angeboten der Energieversorger den Nachwuchs fördert und welche aktuellen Herausforderungen es im Personalbereich gibt.
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Die Kelag ist bekannt für ihren Lehrlingscampus in St. Veit an der Glan. Was ist das Besondere?
Sapetschnig: Wir bilden hier unsere Lehrlinge in der Werkstatt selbst aus. Sogar die Berufsschullehrer:innen kommen zum Unterrichten ins Haus. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf die fachliche Ausbildung, sondern bieten dem Nachwuchs Mentorings, Teambuildingprogramme, Ausflüge und Schnuppermöglichkeiten. Außerdem wird der Ausbildungsbereich alle sechs Monate verändert, damit unsere Lehrlinge möglichst viel sehen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Unsere Elektrotechnik-Lehrlinge wechseln z.B. für einen bestimmten Zeitraum in die IT, in den Vertrieb oder in unsere Photovoltaiktochter. Damit erkennen sie hautnah, wie unser Unternehmen aufgebaut ist. Ganz neu haben wir für Lehrlinge das Modul „Erneuerbare Energien für Techniker:innen“ im Programm. Dafür müssen sie ein halbes Jahr länger lernen, sie bauen sich aber so eine zukunftsweisende Basis für die Elektrotechnik auf. Zwei Drittel der Lehrlinge haben sich angemeldet, nächstes Jahr feiern wir die ersten Absolvent:innen.
Was hat sich bei der Rekrutierung des Nachwuches in den letzten Jahren verändert?
Der Bewerberprozess ist mittlerweile länger und aufwändiger. Vor fünf Jahren war das Recruiting innerhalb von zwei bis drei Monaten – also gegen April – abgeschlossen. Jetzt dauert es doppelt so lange. Das Positive daran ist, dass sich die Mädchen und Burschen nach dem Zeugnis bei uns melden, weil sie sich kurzfristig umorientieren. Ebenso verzeichnen wir mehr Lehrlinge mit abgeschlossener AHS-Matura – nicht nur im kaufmännischen Bereich. Jahresdurchgängig bilden wir über 100 junge Menschen aus, jedes Jahr kommen zwischen 40 und 50 neu dazu.
Mit welchen aktuellen Herausforderungen sind Sie im Personalbereich konfrontiert?
Es hat sich einiges verändert. Die Kolleg:innen wollen mehr Flexibilität in allen Richtungen. Wir müssen uns viel überlegen, um neues Personal zu finden und es zu binden. Wir haben zum Beispiel ein Buddy-Programm eingeführt, damit sich Neulinge schon vor ihrem ersten Arbeitstag eingebunden fühlen. Die Buddies begleiten ihre Schützlinge dann für weitere drei Monate, weil gerade die Anfangsphase mit viel Unsicherheit und Fragen verbunden ist.
Ist gegenseitiges Abwerben in der Industrie vorhanden und was tun sie dagegen?
In der heutigen Zeit ist eine gewisse Fluktuation im Unternehmen normal. Es gibt Kolleg:innen die aus anderen Industriebetrieben zu uns kommen, aber auch wir verlieren Kolleg:innen an die Industrie. Was für uns spricht ist die Vision, an einer nachhaltigen Welt mitzuarbeiten. Ganz nach unserem Motto: „Wir glauben an eine Welt, die zu 100 Prozent von erneuerbaren Energien bewegt wird.“ Das Schöne ist, dass sich viele damit identifizieren.
Wie entwickelt sich die Kelag weiter?
Wir sind einer der größten Arbeitgebenden und Ausbildungsbetriebe und betreiben mit unserer Unternehmenszentrale in Klagenfurt ein internationales Headquarter in Kärnten. Damit eröffnen wir Kärntner Talenten hochqualifizierte Arbeitsplätze und attraktive Möglichkeiten zur Weiterentwicklung innerhalb unseres Konzerns – sowohl in Österreich als auch international. Die Kelag International ist ein wichtiges Standbein in unserem Konzern und arbeitet auch über die Landesgrenzen hinaus täglich an der Energiewende. In 13 Ländern in West-, Süd- und Südosteuropa ist die Kelag International in der erneuerbaren Stromerzeugung aktiv und betreibt 39 Wasserkraftwerke, fünf Photovoltaikanlagen sowie sechs Windparks mit 29 Windkraftanlagen.
Spüren Sie hier starken Gegenwind?
Wenn die Energiewende gelingen soll, dann müssen wir auch die Nutzung der Windkraft ausbauen. Windkraft ist die einzige Technologie mit Erzeugungsschwerpunkt im Winter, deshalb ist das eine wichtige Ergänzung zu Wasser und Sonne im Sommer. Die verstärkte Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie ist ein wesentlicher Pfeiler der Energiewende hin zur nachhaltigen und unabhängigen Energieversorgung ohne fossile Energieträger.
Welche Entwicklung sehen sie bei Wärmepumpen und E-Autos?
Für die dringend notwendige Energiewende brauchen wir vor allem die Transformation im Wärme- und Verkehrsbereich. Um den Energiebedarf dieser Sektoren zu decken, müssen wir die Erzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien und die Netze massiv ausbauen. Wir betreiben Infrastruktur im Kerngeschäft Energie und Wachstumsgeschäft in den Bereichen Glasfaser und E-Mobilität. Wärmepumpen sind nachhaltig, energiesparend und in beinahe jedem Haus umsetzbar. Eine Wärmepumpe wandelt das Vierfache des eingesetzten Stroms in Wärmeenergie um. Außerdem bieten wir unseren Wärmepumpen-Kunden einen speziellen Staffeltarif, mit dem die laufenden Betriebskosten günstiger werden.
Wie ist es mit der Ladeinfrastruktur bestellt?
Die Kelag betreibt derzeit knapp 300 öffentliche Ladepunkte, vorwiegend in Kärnten. Bis 2026 wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter massiv vorangetrieben. Dafür investieren wir Millionen Euro. Das Ziel ist, die Zahl der Ladepunkte auf über 600 zu verdoppeln. Eine wichtige Rolle spielen dabei Kooperationen mit Unternehmen des Lebensmittelhandels. So stattet die Kelag bis 2025 in Kärnten und Osttirol etwa 50 Spar-Standorte mit Ladestationen aus – mit Ladeleistungen von 11 bis 150 kW.
Ihr Wunsch an die Politik?
Aus HR-Sicht wünsche ich mir, dass die Politik gemeinsam mit Wirtschaft und Industrie qualifizierte Mitarbeiter:innen nach Kärnten holt. Es gibt schon gute Initiativen, aber es sollte mehr passieren.