Aktuelles zum EU-Strommarktpaket
Die Verordnung zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU zielt darauf ab, die Abhängigkeit der Strompreise von den volatilen Preisen für fossile Brennstoffe zu verringern, die Verbraucher vor Preisspitzen zu schützen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu beschleunigen und den Verbraucherschutz zu verbessern.
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Als Reaktion auf die durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine verschärfte Energiekrise hat die Europäische Kommission am 14. März 2023 ein Paket bestehend aus zwei Legislativvorschlägen vorgelegt, einer Verordnung „zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU“ und eine Verordnung „für einen besseren Schutz der Union vor Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt“.
Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte
Die Verordnung zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU zielt darauf ab, die Abhängigkeit der Strompreise von den volatilen Preisen für fossile Brennstoffe zu verringern, die Verbraucher vor Preisspitzen zu schützen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu beschleunigen und den Verbraucherschutz zu verbessern.
Im Sommer hat das europäische Parlament bereits sein Mandat für die Verhandlungen finalisiert, im Oktober hat auch der Rat seine Allgemeine Ausrichtung angenommen. Seitdem laufen die Trilogverhandlungen. Auf europäischer Ebene möchte man eine Einigung zum Rechtsakt Ende 2023/Anfang 2024 erreichen.
Die Europäische Kommission möchte eine weiter verbreitete Nutzung von Power-Purchase-Agreements (PPAs). Dazu sollen die Mitgliedsstaaten Hindernisse für den Einsatz von PPAs abbauen und Anreize für den Abschluss von PPAs geschaffen werden z.B. staatliche Garantien für bestimmte Verbraucher, um das Partnerrisiko zu verringern. Der Rat folgt im Wesentlichen der Position der EK, möchte aber zusätzlich eine Unterstützung von grenzüberschreitenden PPAs. Das EP will einige weitere Instrumente einführen, um die Transparenz rund um PPAs zu erhöhen und sie auch für kleinere Unternehmen attraktiver zu machen. Sie fordert die Kommission auf, eine freiwillige Plattform einzurichten, um den Abschluss solcher Verträge zu erleichtern. Weiters soll die ACER eine Datenbank für eine transparentere Verfolgung der abgeschlossenen PPA einrichten und standardisierte PPA-Modellverträge zur freiwilligen Nutzung entwickelt werde. Erleichterungen für den Abschluss von PPAs sind positiv zu sehen, es darf hierbei aber nicht zu einseitigen Bevorzugungen oder zu negativen Auswirkungen auf die Liquidität der Strombörsen kommen.
Die europäische Kommission schlägt vor, dass Betriebsförderungen von neuen Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Strom, die keine Brennstoffe benötigen, nur mehr über Contracts-for-Difference (CfDs) zu erfolgen haben. Das europäische Parlament sieht mehr Freiheiten vor und erlaubt alternativ auch andere äquivalente Fördersysteme. Der Rat sieht ebenfalls einen verpflichtenden Einsatz von CfDs für die Betriebsförderung vor. Außerdem sollten CfDs sowohl für neue als auch für bestehende Kraftwerke angeboten werden, insbesondere für solche, die einem Repowering unterzogen wurden, aber auch bei Investitionen zur Verlängerung der Lebenszeit der Anlage.
Im Hinblick auf die Erklärung und der Definition einer Energiekrise gibt es einige Abweichungen. EP und EK erlauben es der EK eine Krise auszurufen, während der Rat in seinem Vorschlag sich selber die Ermächtigung gibt auf Vorschlag der EK eine Krise auszurufen, genauso wie die Möglichkeit einer Verlängerung.
Die Kommission erlaubt eine staatliche Regulierung der Energiepreise für Haushalte sowie KMUs während einer Energiekrise. EP sieht während einer Krise auch Eingriffe in die Preise von energieintensiven industriellen Verbrauchern als gerechtfertigt. Der Rat folgt weitgehend der Kommission, hält aber regulierte Preise für energiearme und schutzbedürftige Haushalte und als Übergangsmaßnahme für Haushalte und Kleinstunternehmen für möglich, unabhängig davon, ob eine Strompreiskrise ausgerufen wurde oder nicht.
Die Kommission schlägt die Einführung eines sogenannten Peak-Shaving-Produktes vor, um Nachfragereduktionen zu Spitzenzeiten handelbar zu machen. Vor einer Einführung eines derartigen Produktes fordert das EP erst ein Assessment. Der Rat möchte Peak-Shaving-Produkte überhaupt nur in Krisenzeiten erlauben. Peak Shaving, auch Lastspitzenkappung genannt, ist eine Form des Lastmanagements, die dazu dient, den Stromverbrauch in Spitzenlastzeiten zu reduzieren. Dabei wird die Nachfrage im Stromnetz in Zeiten hoher Nachfrage reduziert.
Während der Rat die von der EK vorgeschlagene Einführung von virtueller Trading Hubs für Forward Markets als wesentliches Element des Handels sieht, hat das Parlament diese Vorgabe gelöscht.
Grundsätzlich sprechen Rat und EP wie die EK immer vom Einsatz nicht-fossiler Flexibilität. Der Rat erlaubt es aber allen Energieproduzenten, einschließlich Gaskraftwerken, sich an Kapazitätsmechanismen zu beteiligen, wenn sie in der Lage sind, die geforderte technische Leistung zu erbringen, und sofern sie die Emissionsgrenzwerte von weniger als 550 g CO2 aus fossilen Brennstoffen pro kWh Strom einhalten. Wobei der Rat noch gewisse Ausnahmen von dieser Regel vorsieht.
Der Rat erlaubt einer Verlängerung der Abschöpfung von Übergewinne, welche im Rahmen der Notfallverordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, eingeführt wurden bis 30. Juni 2024.
Sowohl Rat als auch Parlament möchten bereits mit Anfang 2026 die Frist zwischen Ende des Börsenhandels und aktuelle Lieferung auf 30 min verkürzen.
Das EP sieht vor, dass bis Ende Juni 2024 die Kommission ein Assessment zu Möglichkeiten für eine temporär Entlastungmaßnahme im Falle eines extremen Preisschocks vorlegen soll. Dieser Report soll von einem Legislativvorschlag begleitet werden.
Besserer Schutz der Union vor Marktmanipulation
Der Verordnungsvorschlag für einen besseren Schutz der Union vor Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt aktualisiert die Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (REMIT = „Regulation on wholesale Energy Market Integrity and Transparency“), die 2011 eingeführt wurde, um Insiderhandel und Marktmanipulation zu bekämpfen und den Schutz der EU vor Marktmanipulation durch bessere Überwachung und Transparenz zu verbessern.
Am 16. Oktober haben Rat und Parlament Einigung in den Trilogverhandlungen erreicht. Die erzielte Einigung muss für ein Inkrafttreten nun noch von Rat und Parlament förmlich angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.
Wesentliche Inhalte:
- Marktteilnehmer aus Drittländern in der EU müssen einen Vertreter benennen, der befugt ist, in ihrem Namen zu handeln und Entscheidungen der Regulierungsbehörden und der ACER (Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden) nachzukommen
- Befugnisse der ACER wurden klarer definiert und ausgeweitet:
- Die ACER erhält das Recht, Inspektionen vor Ort durchzuführen, Unterlagen zu prüfen oder anzufordern sowie Auskunftsersuchen zu erstellen und (bei Zustimmung) Befragung von natürlichen oder juristischen Personen durchzuführen. Weiters kann sie die Zulassung zu Insider-Informationsplattformen (Inside Information Platforms - IIP) und registrierten Meldemechanismen (Registered Reporting Mechanisms - RRMs) genehmigen oder entziehen.
- ACER ist auch befugt, Bußgelder zu verhängen, um die Einhaltung von Entscheidungen über Inspektionen vor Ort und Auskunftsersuchen sicherzustellen. Bei Verstößen gegen die in der Verordnung enthaltenen Verbote oder materiellen Verpflichtungen bleibt das Recht Geldbußen zu verhängen aber weiterhin bei den Mitgliedstaaten.
- ACER erhält weiters das Recht, grenzüberschreitende Fälle zu untersuchen bzw. zu priorisieren. Außerdem ist sie befugt Fälle zu untersuchen, in denen eine Verhaltensweise Auswirkungen auf mindestens zwei oder drei Mitgliedstaaten hat. Allerdings werden die nationalen Regulierungsbehörden (NRB) weiterhin die Möglichkeit haben, innerhalb von drei Monaten Einspruch gegen die Ausübung der Untersuchungsbefugnisse der ACER zu erheben, wenn die NRB formell eine Untersuchung desselben Sachverhalts eingeleitet oder durchgeführt haben.
- Auf Anfrage einer nationalen Regulierungsbehörde kann ACER operative Unterstützung bei Untersuchungen leisten.
Weiters werden aktualisierte Mechanismen eingeführt zur Überwachung, wie der Preis für verflüssigtes Erdgas (LNG) bestimmt wird.