Stephanie Edtstadtler zeigt, wie der Traum vom eigenen Lokal mit Profi-Hilfe wahr werden kann
Mit wenig Geld zum trendigen Vintage-Lokal: Fräulein's neues Café
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Alles begann mit einem Tattoo, das sich die gebürtige Wienerin Stephanie Edtstadtler vor rund zehn Jahren hatte stechen lassen. Eines der darin enthaltenen Wörter – nämlich „Fräulein“ – ist heute noch immer ein Teil von ihr. Mehr noch: Es ist ein Teil ihres Unternehmens geworden. Doch der Reihe nach: Nach einigen Jahren in Wien übersiedelt die junge Österreicherin mit ihrer Mutter nach Bayern, wo sie schließlich auch ins Berufsleben startet.
Seit ihrem 18. Lebensjahr ist Edtstadtler im weiteren Sinn in der Gastronomie – etwa auch in großen Diskotheken – beschäftigt. Schon bald wird ihr klar, dass „ich in keinem Job und in keinem Studium so aufgehen und glücklich sein“ kann. Mehr noch: „Im Lauf der Jahre ist der Wunsch nach einem eigenen Lokal immer größer geworden.“ Das könnte allerdings irgendwie auch in der Familie liegen. Schon ihr Urgroßvater hatte einst in Wien ein Wirtshaus namens Edtstadtler gehabt. Doch noch muss der Traum vom eigenen Lokal warten.
Nachfolgebörse als Fundgrube
In Wien wartet ein Job als Projektleiterin bei einer Event- und Promotion-Agentur, den die „bayrische“ Österreicherin aber schließlich vor zweieinhalb Jahren an den Nagel hängt: „Ich stand vor der Frage, ob ich mir nun wieder einen Job suche, damit ich einen Job habe. Oder ob ich jetzt das mache, was ich wirklich will.“ Und da ist er wieder, der alte Traum von einem eigenen Lokal. Nach einem WIFI-Vorbereitungskurs absolviert Stephanie Edtstadtler erst einmal erfolgreich die Befähigungsprüfung. Und beginnt, auf die Suche nach einem geeigneten Objekt zu gehen.
Einen Namen dafür gibt es längst. „Das mit dem ‚Fräulein’ ist bei vielen hängengeblieben. Für mich war schon immer klar, dass das der beste Name wäre“, erzählt die 33-jährige lachend. Und dann stellt Edtstadtler eine kluge Überlegung an: Kann es sein, dass die Übernahme eines bestehenden Betriebs für mich der günstigste Weg in die Selbstständigkeit sein könnte? Und schon liegt das nächste Ziel klar auf der Hand: die Nachfolgebörse des Gründerservice.
„Mit Fragen gelöchert“
Bald springt der Suchenden ein Lokal in der Wiener Lerchenfelder Straße, das alte „Kulturcafé Dialog“, ins Auge. Im April 2014 wird das 60-Quadratmeter-Objekt erstmals besichtigt, und auf Anhieb stellt sich so etwas wie ein gutes Bauchgefühl ein. Doch noch gilt es, kleinere Steine aus dem Weg zu räumen: „Auf Grund von anfänglichen Differenzen mit der Eigentümerin hat es leider bis Mitte Juni gedauert, bis ich die Schlüssel in der Hand halten konnte.“ Doch die angehende Unternehmerin hat einen Verbündeten, wie sie nicht ohne Stolz berichtet: „Ich habe alle Formen und Varianten der Beratung in Anspruch genommen und war extremst zufrieden. Ich habe die Leute beim Gründerservice richtiggehend mit meinen Fragen gelöchert.“
Mehr noch: „Aus Angst, etwas falsch zu machen oder etwas Wichtiges – organisatorisch oder hinsichtlich der Amtswege – zu übersehen, habe ich alles genau beachtet und befolgt.“ Und auch in der Lerchenfelder Straße entwickeln sich die Dinge gut: Verträge samt Inventarlisten werden aufgesetzt, die finanziellen Details besprochen. Und dann heißt es, die Ärmel hochzukrempeln.
Altes Café ganz neu
Die Bar samt Geräten bleibt, der Look des Cafés wird hingegen in Eigenregie – Familie und Freunde packen mit an – vollständig verändert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Ich bin extrem zufrieden. Das ist jetzt ein helles, freundliches Lokal.“ Rund 10.000 Euro investiert die umtriebige Unternehmensnachfolgerin in die Erneuerung des Lokals, dazu kommt eine Übergabesumme von 30.000 Euro. Eine Summe, die in der Folge noch durch entsprechende Nachfolge-Förderungen abgemildert werden wird.
Die Marketing-Maschine wird zunächst über Facebook angeworfen, die offizielle Eröffnung des – richtig geraten! – „Fräulein's Café“ steigt im August 2014. Die gute Nachricht: Die Gäste lieben den neuen Vintage-Chic des Lokals ebenso wie den Charme der Jungunternehmerin, so Edtstadtler. „Vintage ist schön und modern. Und ich stehe selbst auf alte Möbel, Autos oder Dinge aus alten Zeiten!“ Gleich vom Start weg gewinnt die frischgebackene Lokal-Chefin „viele nette Stammgäste“, die sich im Fräulein’s sichtbar wohl fühlen. Viele Wochenenden sind mit privaten Feiern gebucht, zwei geringfügig beschäftigte Kräfte helfen vor allem an den Samstagen aus, die Übergeberin hingegen hat sich völlig zurückgezogen. Das Erfolgsrezept des kleinen Cafés ist somit leicht zu beschreiben.
Kühler Kopf statt leichte Schulter
„Es herrscht eine positive und freundliche Stimmung, jeder Gast wird persönlich begrüßt und verabschiedet.“ Und da ist noch eine Kleinigkeit: „Das bayrische Bier kommt super an.“ Doch so einfach wie sich die Sache im Rückblick anhört, ist sie natürlich nicht, warnt Edtstadtler: „Ohne meine Vorerfahrungen hätte ich es nicht gemacht. Ich würde jedem ans Herz legen, sich so etwas gut zu überlegen – so wie ich es getan habe.“ Viele Gastro-Interessenten hätten noch immer völlig falsche Vorstellungen hinsichtlich Arbeitsaufwand und Verdienstmöglichkeiten.
Apropos Traum: Wer einen hat, solle doch wenigstens versuchen, ihn in die Tat umzusetzen, appelliert die Jungunternehmerin. Denn: „Ich will nicht irgendwann, wenn ich alt und grau bin, zurückschauen und mir den Vorwurf machen müssen, es nicht einmal versucht zu haben.“ Außerdem sei „etwas Eigenes“ natürlich immer besser als angestellt zu sein, findet Stephanie Edtstadtler. Den abschließenden Tipp des „Fräulein’s“ sollte man sich merken: „Gut nachdenken, sich gut erkundigen, alles beachten, kühlen Kopf bewahren und nichts auf die leichte Schulter nehmen.“
Kontakt
Fräulein’s Café
Stephanie Edtstadtler
Lerchenfelder Str. 69, 1070 Wien
Tel.: 0699 10413092
Mail: s.edtstadtler@gmail.com
Web: Facebook