Sparte Handel

FAQ zum innergemeinschaftlichen Versandhandel ab 1.7.2021 - Stand 23.4.2021

Lesedauer: 11 Minuten

FAQ Steuerrechtliche Fragen zum innergemeinschaftlichen Versandhandel ab 1.7.2021

Werden Waren an Konsumenten oder an sogenannte Schwellenerwerber (z.B. umsatzsteuerbefreite Kleinunternehmer, Ärzte, Dentisten, etc.) in anderen Mitgliedsstaaten der EU verkauft, sind diese Umsätze nach der derzeitigen Rechtslage grundsätzlich dort der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wo die Versendung oder Beförderung beginnt. Damit es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt, sieht die Versandhandelsregelung vor, dass diese Lieferungen ab einem gewissen Lieferumfang im Bestimmungsland umsatzsteuerpflichtig werden und eine steuerliche Registrierung in diesen Ländern erforderlich ist. Die Lieferschwelle beträgt in den meisten Ländern EUR 35.000,-, einige haben jedoch auch höhere Schwellen, wie beispielsweise Deutschland iHv. EUR 100.000,-

Diese Lieferschwellen werden EU-weit am 01.07.2021 abgeschafft.

Mit Abschaffung der Lieferschwelle hat die Umsatzbesteuerung bei Versandhandelslieferungen an Konsumenten und Schwellenerwerber in der EU ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich im Bestimmungsland zu erfolgen. Ausnahmen gibt es nur für Unternehmer, die solche Geschäfte nur in geringem Ausmaß durchführen.

Als Versandhandelsumsätze werden jene Umsätze bezeichnet, die ein Unternehmer an Konsumenten und Schwellenerwerber ohne UID Nummer (umsatzsteuerbefreite Kleinunternehmer, Ärzte, Dentisten, etc.) ausführt. Dabei werden die Waren von einem Mitgliedsstaat in einen anderen versendet oder befördert.

Lediglich bei Kleinstunternehmern mit Versandhandelsumsätzen von bis zu EUR 10.000,- pro Jahr ist weiterhin eine Besteuerung in dem Land vorgesehen, wo die Versendung oder Beförderung beginnt.

Die Umsatzgrenze berechnet sich aus dem Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze ins übrige Gemeinschaftsgebiet zuzüglich der innergemeinschaftlichen Umsätze für elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Private. Umsätze im Drittland (z.B. Schweiz) sind nicht einzuberechnen.

Für Kleinstunternehmer gilt die Neuregelung nur, wenn sich diese für deren Anwendung entscheiden, ansonsten besteht weiterhin die Besteuerung im Ursprungsland.

Die Kleinstunternehmerregelung gilt für Unternehmer, die

  • ihr Unternehmen in einem Mitgliedstaat betreiben und außerhalb dieses Mitgliedstaats keine Betriebsstätte haben
  • Waren in einen anderen Mitgliedstaat liefern und
    die maßgebliche Umsatzgrenze für bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen von EUR 10.000,- nicht überschreiten.
Der Unternehmer kann auf die Umsatzgrenze verzichten und sich somit schon ab dem ersten Umsatz für die Besteuerung im Bestimmungsland entscheiden. Diese Entscheidung bindet ihn für 2 Kalenderjahre.
 
Bei Überschreiten der Umsatzgrenze kommt es ab dem Umsatz, mit dem die Grenze von EUR 10.000,- überschritten wird, zu einer Steuerpflicht im Bestimmungsland. Die Rechnungen sind ab diesem Umsatz mit dem Steuersatz des jeweiligen Bestimmungslandes auszustellen.

Nein, die neue Regelung betrifft nur innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze an Private und Schwellenerwerber. Die Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer (mit UID-Nr.) bleiben aufrecht.

Diese Unternehmer sind Schwellenerwerber und werden bis zur Erreichung der Erwerbsschwelle (in Österreich derzeit EUR 11.000,-) wie Private behandelt. Ab Erreichen der Erwerbsschwelle tritt dieser Unternehmer mit einer UID-Nummer auf.

Nein, die Versandhandelsregelung gilt nur für die Mitgliedsstaaten der EU.

Auch Kleinunternehmer müssen prüfen, ob die Versandhandels-Regelung für sie zur Anwendung kommt.

Die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Umsatz in Österreich ausgeführt wird. Beim innergemeinschaftlichen Versandhandel verlagert sich der Lieferort ab 1.7.2021 bei Überschreiten der Grenze von EUR 10.000,- in das Bestimmungsland. Der Umsatz ist dann nicht in Österreich steuerbar. Da sich die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers nur auf österreichische Umsätze erstreckt, muss dem Kunden die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes verrechnet und die Umsatzsteuer entweder über EU-OSS oder mittels Registrierung erklärt und abgeführt werden.

Die Umsatzsteuer ist grundsätzlich eine Selbstbemessungsabgabe und ist daher selbst zu berechnen. Für die Steuererklärung über EU-OSS sind geeignete Aufzeichnungen bezüglich der Umsätze in den EU-Ländern zu führen und in Summe je Land über Finanz-Online (EU-OSS) zu melden.

Ja, die Teilnahme an EU-OSS ist optional, alternativ kann sich der Unternehmer auch in den Ländern zur Umsatzsteuer registrieren, in denen er Umsätze aus Versandhandelslieferungen bewirkt. Es gilt lokales Recht, der Unternehmer hat sich über die entsprechenden Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung bzw. Zahlung der Umsatzsteuer zu informieren bzw. einen Fiskalvertreter zu beauftragen.

Nein, am System der Vorsteuerrückerstattung ändert sich nichts. Über EU-OSS sind lediglich die Umsätze zu erklären.

Über Finanzonline (EU-OSS) können folgende Umsätze gemeldet werden:

  • Dienstleistungen, für die sich der Leistungsort in ein anderes EU-Land verlagert (z.B. elektronisch erbrachte Dienstleistungen und Telekommunikations-Dienstleistungen an Nichtunternehmer, Beförderung von Privatpersonen im Ausland, etc.)
  • Innergemeinschaftliche Warenlieferungen an Privatpersonen aus Österreich
  • Innergemeinschaftliche Warenlieferungen an Privatpersonen aus anderen EU-Ländern

Innerstaatliche Umsätze (Lieferungen aus einem österreichischen Lager an Private in Österreich, Lieferungen eines österr. Unternehmens mit Lager und umsatzsteuerlicher Registrierung in Deutschland an Kunden in Deutschland). Der neuen Versandhandelsregelung unterliegen nur innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze an Private (B2C).

Es ist jener Steuersatz des Bestimmungslandes anzuwenden, der im Zeitpunkt der Lieferung an den Kunden Gültigkeit hat.

Die Steuersätze der jeweiligen EU-Länder sind nach Zolltarifnummer über die Access2Markets Datenbank abzurufen . Falls Zweifel bestehen, können die Außenwirtschafts Center der WKO kontaktiert werden.

Nein, es sind die allgemeinen Bestimmungen bezüglich Rechnungsmerkmale anzuwenden.

Eine Registrierung in jedem Land, in dem Private beliefert werden, ist nur dann notwendig, wenn sich der Unternehmer gegen eine Registrierung auf EU-OSS entscheidet.

Nein, es müssen geeignete Aufzeichnungen geführt werden, die eine Beurteilung der Steuerpflicht je Bestimmungsland zulassen. Es empfiehlt sich, alle Umsätze pro Land aufzuzeichnen. Wichtig ist dabei auch, von welchem Land aus die Waren versendet werden.

Das Bundesministerium für Finanzen hat eine Testumgebung eingerichtet, auf der der Unternehmer die Oberfläche von EU-OSS testen kann:
Umsatzsteuer One-Stop-Shop (usp.gv.at)

Ab 1.7.2021 gilt das Bestimmungslandprinzip, das bedeutet, dass der Steuersatz des Landes anzuwenden ist, in das die Waren an Private verschickt werden.

Die Steuererklärungen sind quartalsweise über EU-OSS am letzten Tag des auf das Quartal folgenden Monats einzureichen. Die Steuerschuld ist ebenfalls bis zu diesem Tag an das österreichische Finanzamt zu überwiesen. 

Die Steuererklärung ist auch dann einzureichen, wenn keine Umsätze erzielt werden (Nullmeldung).

Die Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre (Beispiel: im Jahr 2031 müssen die Unterlagen von 2021-2030 vorhanden sein).


FAQ E-Commerce zum innergemeinschaftlichen Versandhandel ab 1.7.2021

Der Hinweis „inkl. MwSt“ ist ausreichend, der genaue Steuersatz in % muss im Webshop nicht angeführt werden.

Anders ist dies auf Rechnungen – hier ist der anzuwendende Steuersatz des Bestimmungslandes bzw. bei Steuerbefreiung ein Hinweis auf diese, anzugeben. Beachten Sie die Rechnungslegungsvorschriften im jeweiligen Bestimmungsland!

Beide Varianten der Preisberechnung sind möglich. Wichtig ist, dass im Webshop im B2C-Bereich der jeweilige Bruttopreis einschließlich Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge ausgewiesen wird. 
Nähere Infos: Preisauszeichnung im Webshop - WKO.at

Ja, die Geoblocking-Verordnung verbietet nur unsachliche Diskriminierungen. Eine sachlich begründete Ungleichbehandlung wegen unterschiedlicher Steuersätze ist hier trotz Geoblocking-Verbot zulässig. Nähere Infos: Geoblocking-Verbot - WKO.at

Spätestens am Beginn des Bestellvorgangs (also keinesfalls erst beim endgültigen Bestellbutton) ist klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen (zB. für bestimmte Staaten) bestehen.

  • In welche Länder werden meine Waren geliefert?
  • Welche Steuersätze kommen in den Bestimmungsländern für meine Waren zur Anwendung?
  • Wie erfolgt die Preisberechnung?
    Bruttopreis- vs. Nettopreisvariante: Soll der Bruttopreis für alle Länder in der EU einheitlich sein und daher der Nettopreis in den einzelnen Ländern entsprechend abweichen? Oder soll auf einheitliche Nettopreise die jeweilige Umsatzsteuer angewendet werden und daher abhängig vom Bestimmungsland unterschiedliche Bruttopreise im Webshop ausgewiesen werden?
  • Wie muss das Rechnungsformular angepasst werden, um die Formvorschriften einer Rechnung zu erfüllen und u.a. den korrekten Steuersatz je Bestimmungsland ausweisen zu können
  • Sind mögliche weitere Änderungen für Schnittstellen zu Drittsystemen, zB. ERP oder Buchhaltungssoftware notwendig? Sind hier möglicherweise Steuercodes zu ergänzen? Wie werden die Steuerbeträge der Zielländer ausgewiesen, um eine einfache EU-OSS-Meldung zu ermöglichen?
Trotz sorgfältigster Recherche erfolgen die Angaben ohne Gewähr.

Stand: 23.04.2021

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