Rechtliche Konsequenzen bei Elementarereignissen

Aufgrund der starken Regenfälle mit regionalen Überschwemmungen und Behinderungen für Bevölkerung und Betriebe informiert die Wirtschaftskammer Burgenland über die geltende Rechtslage.

Lesedauer: 3 Minuten

10.06.2024


Arbeitsrechtliche Folgen

Muss das Entgelt bei Dienstverhinderung wegen Hochwasser weiter bezahlt werden?

Bei Eintritt von Elementarereignissen, wie etwa Hochwasser können Arbeitskräfte daran gehindert sein, ihre Arbeitsplätze (zumindest rechtzeitig) zu erreichen. 

Daraus resultiert die Frage, ob Betriebe ihren Mitarbeitern, die an einem solchen Tag nicht zur Arbeit kommen, das Entgelt trotz unterbliebener Arbeitsleistung fortzahlen müssen. Die Rechtsprechung macht die Lösung dieser Frage davon abhängig, welcher Sphäre die Dienstverhinderung zuzuordnen ist.  

Betrifft der Anlassfall nur den Arbeitgeber, besteht bei Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In die Sphäre des Arbeitgebers fallen z.B. Arbeitsmangel durch Auftragsrückgänge, Schäden am Betriebsgebäude oder Wassereinbruch in die betrieblichen Räumlichkeiten. 

Dienstverhinderungsgründe, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sind, lösen dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus, wenn sie wichtige persönliche Gründe darstellen, die vom Arbeitnehmer nicht verschuldet und zeitlich begrenzt sind. Solche Gründe sind in der aktuellen Situation etwa das notwendige Auspumpen des Kellers, notwendige Sicherung des eigenen Hauses mit Sandsäcken oder lokale Straßensperren.

„Umfassendes Elementarereignis“

Liegt sogar ein umfassendes Elementarereignis vor, welches etwa alle oder die überwiegenden Teile eines Bundeslandes betrifft, erhält der Arbeitnehmer für die durch das Elementarereignis ausgefallene Arbeitszeit grundsätzlich kein Entgelt. Dies ist der Fall, wenn eine große Zahl von Arbeitnehmern von einem umfassenden (also nicht lokal begrenzten) Ereignis betroffen ist. 

Ob aktuell schon von einem solchen umfassendes Elementarereignis gesprochen werden kann, ist derzeit aufgrund der noch andauernden Regenfälle nicht abschätzbar. 

„Lokales Elementarereignis“

Ist nicht die Allgemeinheit, sondern nur eine beschränkte Anzahl von Arbeitnehmern durch ein Ereignis höherer Gewalt betroffen, ist für die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers maßgeblich, ob wichtige persönliche Gründe ein Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz rechtfertigen.

Dies kommt stets auf den Einzelfall an, bei überfluteten Kellern und Straßensperren ohne Ausweichmöglichkeit kann aktuell wohl eher davon ausgegangen werden. 

Der Arbeitnehmer muss sich jedenfalls ernstlich bemühen, trotz der Widrigkeiten den Arbeitsplatz zu erreichen bzw die Dienstverhinderung so gering wie möglich zu halten. Jedenfalls müssen die betroffenen Dienstnehmer dies dem Arbeitgeber melden.

Muss ich meine Mitarbeiter:in weiterbezahlen, wenn er/sie als Einsatzkraft Hilfe leistet?

Ist der Arbeitnehmer wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Blaulichtorganisation, Katastrophenhilfsorganisation bei einem Großschadensereignis oder als Mitglied des Bergrettungsdienstes an der Dienstleistung verhindert, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, allerdings nur, wenn dies mit dem Dienstgeber vereinbart wurde.

Als Ausgleich für den Aufwand bekommt der Arbeitgeber für die Gewährung der bezahlten Freistellung pauschal Euro 200,-- pro Dienstnehmer pro Tag sofern der Einsatz zumindest 8 Stunden betragen hat. Der Antrag muss in dem Bundesland gestellt werden, in dem das Großschadensereignis stattgefunden hat. 

Als Großschaden gilt ein Schadensereignis, bei dem während eines durchgehenden Zeitraumes von zumindest acht Stunden insgesamt mehr als 100 Personen notwendig im Einsatz waren. Gegenwärtig ist nach derzeitigen Informationstand von einem solchen Großschadensereignis auszugehen. Laut Informationen des Landesfeuerwehrverbandes Burgenland sind aktuell 3.500 Personen aus dem ganzen Landesgebiet im Einsatz.


Zivilrechtliche Folgen

Muss eine Pönale bezahlt werden, wenn die Leistung wegen Hochwasser überhaupt nicht oder nicht pünktlich erfüllt werden kann? 

Wenn ein Vertrag aufgrund höherer Gewalt, wie zB Hochwasser, Überschwemmung usw. nicht oder nicht pünktlich erfüllt werden kann, liegt kein Verschulden des Werkunternehmers (Auftragnehmers) vor und besteht in aller Regel keine Pflicht zur Leistung einer Pönale bzw. Schadenersatz. Ist die Vertragserfüllung überhaupt nicht mehr möglich, zerfällt der Vertrag. Bei bloßem Verzug mit der Leistung kann der Vertragspartner entweder auf die verspätete Erfüllung bestehen oder aber nach Setzung der Nachfrist zurücktreten. Ein darüberhinausgehender Schadenersatz steht aber mangels Verschuldens grundsätzlich nicht zu.

Ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf eine Pönalzahlung kann aber unter Umständen bestehen, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Es sind somit immer die individuellen Vertragsbestimmungen maßgeblich.

Was ist, wenn mein gemietetes Geschäftslokal wegen Hochwasser nicht benutzbar ist?

Mieter:innen sind grundsätzlich so lange von der Zahlung des Mietzinses befreit, solange das Geschäftslokal infolge höherer Gewalt nicht zum vertraglichen Gebrauch verwendet werden kann, also auch für die Dauer notwendiger Aufräumungs- und Sanierungsarbeiten. Ist das Mietobjekt nur teilweise unbrauchbar, kann sich der Mietzins anteilig verringern. Liegt aber ein (Mit-)verschulden des Mieters vor, weil er zB sorgfaltswidrig gehandelt hat, kann anderes gelten.

Bei Pachtverträgen kann die Bestimmung vertraglich ausgeschlossen werden, sodass die vertraglichen Regelungen maßgeblich sind.

Was tun bei Schäden am Betriebsobjekt?

Wichtig ist die sofortige Schadensbegrenzung durch entsprechende Maßnahmen, zumal der Grundsatz der Schadensminderungspflicht gilt, andernfalls es später zu Problemen bei der Ersatzleistung durch die Versicherung kommen kann. Es müssen daher schnell Erstmaßnahmen (Auspumpen, Ausräumen) getroffen werden. Essenziell ist auch die sofortige Beweissicherung (Fotos, Dokumentation) und die Erstmeldung an die Versicherung.  

Nachdem es sich um komplexe Fragen handelt und immer auch der Einzelfall sowie vertraglichen Regelungen zu beachten sind, stehen unsere Rechtsexperten in der WK mit persönlicher Beratung zur Seite.

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