Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie, Fachgruppe

Kommentar § 1

Online IT Kollektivvertrag

Lesedauer: 3 Minuten

Übersicht

1. Begriff und Inhalt des Kollektivvertrages

2. Relativ zwingende Wirkung

3. Außenseiterwirkung

4. Nachwirkung

5. Kollektivvertragsfähigkeit (-hoheit)

6. Firmen-KV

7. Normativer Teil (obligatorischer Teil)

1. Begriff und Inhalt des Kollektivvertrages

Kollektivverträge sind Vereinbarungen, die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (Fachverband, Gewerkschaft) schriftlich abgeschlossen werden (§ 2 Abs. 1 ArbVG).

2. Relativ zwingende Wirkung

Die Bestimmungen des normativen Teiles des Kollektivvertrages können durch Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden (relativ zwingende Wirkung).

Sondervereinbarungen sind, sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, nur gültig, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind. Beim Günstigkeitsvergleich ist grundsätzlich auf den betroffenen einzelnen Arbeitnehmer abzustellen (Arb. 8838).

3. Außenseiterwirkung

Die normative Wirkung des Kollektivvertrages ist auch für jene Arbeitnehmer eines kollektivvertragsangehörigen Arbeitsgebers wirksam, die nicht der abschließenden Interessenvertretung der Arbeitnehmer (Gewerkschaft) angehören: Außenseiterwirkung (§ 12 ArbVG).

4. Nachwirkung

Die Rechtswirkungen eines Kollektivvertrages bleiben nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, so lange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit dem betroffenen Arbeitnehmer nicht ein neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird.

Vertragspartner des Kollektivvertrages ist der angeführte Fachverband (Fachverband Unternehmensberatung und Informationstechnologie) sowie der Österreichische Gewerkschaftsbund (Gewerkschaft der Privatangestellten – Druck, Journalismus, Papier, Wirtschaftsbereich Elektro- und Elektronikindustrie, Telekom und IT).

5. Kollektivvertragsfähigkeit (-hoheit)

Der Fachverband ist kraft Gesetzes kollektivvertragsfähig gemäß § 4 Abs. 1 ArbVG (… gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitgeber, denen unmittelbar oder mittelbar die Ausgabe obliegt, auf die Regelung von Arbeitsbedingungen einzuwirken …).

Gemäß § 19 Wirtschaftskammergesetz (WKG), auf den für den Bereich der WKÖ im § 31 WKG verwiesen wird, sind gemäß Abs. 1 Ziff. 1 die Landeskammern berufen, die wirtschaftlichen arbeits- und sozialrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, auf die Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens hinzuwirken und darauf abzielende Maßnahmen, insbesondere auch die Einrichtung entsprechender Ausschüsse (Arbeitgeberausschüsse) zu fördern. Gemäß § 43 Abs. 3 Ziff. 7 WKG sind die Fachgruppen berufen, Kollektivverträge abzuschließen.

Zum Unterschied von den gesetzlichen Interessenvertretungen ist die freiwillige Berufsvereinbarung auf Arbeitnehmerseite der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) nicht schon von Gesetzes wegen fähig, Kollektivverträge abzuschließen, sondern nur weil ihm behördlich vom Bundeseinigungsamt die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde.

Die Kollektivvertragsfähigkeit hat nur der ÖGB. Die einzelnen Gewerkschaften, z.B. die Gewerkschaft der Privatangestellten, üben die Kollektivvertragshoheit namens des ÖGB aus, weil sie (anders als die Fachverbände) keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen.

Die Kollektivvertragshoheit namens des ÖGB hat nur die zentrale Gewerkschaft, nicht die einzelnen Landesexekutiven.

Das österreichische Kollektivvertragssystem ist im Wesentlichen ein System von Brachenkollektivverträgen, was daraus resultiert, dass grundsätzlich nur überbetrieblichen Interessenvertretungen oder Verbänden die Kollektivvertragsfähigkeit zukommt, nicht aber einzelnen Arbeitgebern.

6. Firmen-KV

Firmenkollektivverträge scheiden dadurch jedenfalls insofern aus, als einzelne Arbeitgeber im Allgemeinen keine eigenen Kollektivvertragsabschlüsse wirksam tätigen können. Von Branchenorganisationen abgeschlossene, im Geltungsbereich aber auf ein oder mehrere Einzelunternehmen eingeschränkte Kollektivverträge kommen als quasi Firmenkollektivverträge vor. Zu beachten ist bei solchen Firmenkollektivverträgen stets, dass nicht auf dem Rücken einzelner Unternehmen zu deren Nachteil Wettbewerbspolitik gemacht werden darf.

Im Bereich der Informationstechnologie spielen Firmenkollektivverträge aufgrund des vorliegenden Kollektivvertrags und mangels Kollektivvertragsfähigkeit einzelner Unternehmen per Gesetz keine Rolle. Anders ist dies insbesondere in jenen Bereichen, die vor den Liberalisierungsschritten in den 90er Jahren durch staatliche Monopole gekennzeichnet waren, wie beispielsweise der Telekommunikations- oder Rundfunksektor.

7. Normativer Teil (obligatorischer Teil)

Im Kollektivvertrag werden geregelt:

  1. die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien selbst (sog. schuldrechtlicher oder obligatorischer Teil) Beispiel: Kündigungsfristen für die Kündigung des Kollektivvertrages, Bildungszertifizierung.
  2. die gegenseitigen, aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechten und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer (sog. normativer Teil).

Im Kollektivvertrag ist daher nur der typische wesentliche oder regelmäßig wiederkehrende Inhalt eines Arbeitsverhältnisses regelbar. Hierzu gehören z.B. Regelungen für das Arbeitsverhältnis wie Gehälter, Zulagen, Arbeitszeit, Urlaub Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Verfallsbestimmungen).

Nicht regelbar mit normativer Wirkung sind z.B. Erweiterungen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates.

Stand: 01.06.2016