Steueraussetzungsverfahren und verbrauchsteuerrechtlich freier Verkehr

Grundlagen zu den beiden Verfahrensmöglichkeiten beim innergemeinschaftlichen Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Waren

Lesedauer: 6 Minuten

Beim innergemeinschaftlichen Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Produkten ist zu unterschieden, ob sich die Waren unter Steueraussetzung oder im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr befinden. Die notwendigen elektronischen Begleitdokumente und Bewilligungen/Zertifizierungen sind je nach verbrauchsteuerlichem Status unterschiedlich.

1. Verfahren der Steueraussetzung

Waren, die sich im Verfahren der Steueraussetzung befinden, sind unversteuert. Das Verfahren ermöglicht, verbrauchsteuerpflichtige Waren ohne Steuerbelastung herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern und zu transportieren. Das Steueraussetzungsverfahren wird nur im gewerblichen Bereich angewendet.

So können beispielsweise Waren unter Steueraussetzung zwischen Steuerlagern in verschiedenen europäischen Staaten im Rahmen eines europaweiten "Steuerlagerverbundsystems“ unversteuert befördert werden. In der Regel wird Produktion, Weiterbearbeitung und EU-weiter Großhandel von verbrauchsteuerpflichtigen Waren über solche Steuerlager abgewickelt.

Wenn das Verfahren der Steueraussetzung beendet wird, gelangen die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr und werden in diesem EU-Mitgliedsstaat mit der jeweiligen Verbrauchsteuer versteuert.

Beispiel: Die Franz Müller SchnapshandelsgmbH importiert alkoholsteuerpflichtige Spirituosen im Steueraussetzungsverfahren aus Deutschland nach Österreich. Anschließend werden die Spirituosen in einem Steuerlager gelagert. Solange sich die Waren im Steuerlager befinden, fällt die österreichische Alkoholsteuer nicht an. Erst wenn die Spirituosen aus dem Steuerlager entnommen werden und an einen Einzelhändler in Österreich weiterverkauft werden, muss die Franz Müller SchnapshandelsgmbH die österreichische Alkoholsteuer entrichten.

Bewilligungsarten

Zur Teilnahme am Steueraussetzungsverfahren ist eine entsprechende Bewilligung des Zollamts Österreich notwendig (Formulardatenbank des BMF):

  • Steuerlager sind Betriebe, die verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung herstellen oder lagern, be- und verarbeiten sowie empfangen und versenden können. Die Steuerschuld entsteht mit der Entnahme aus dem Steuerlager in den verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr. In Österreich wird bei den Bewilligungen zwischen Herstellungsbetrieb und Lagerbetrieb unterschieden.

    Formulare:
    VSt 18: Antrag auf Bewilligung eines Herstellungsbetriebes
    VSt 19: Antrag auf Bewilligung eines Lagerbetriebes
    VSt 22: Ausfüllhilfe und Erläuterungen zu den Anträgen auf Erteilung von Verbrauchsteuerbewilligungen

  • Registrierte Empfänger sind Betriebe, die verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung aus anderen Mitgliedsstaaten beziehen können. Allerdings können berechtigte Empfänger nicht unter Steueraussetzung lagern oder weiterversenden. Damit entsteht die Steuerschuld bereits beim Bezug der verbrauchsteuerpflichtigen Waren.

    Formulare:
    VSt 20: Antrag auf Bewilligung als registrierter Empfänger (im Formular wird zwischen Registrierter Empfänger sowie Registrierter Empfänger im Einzelfall (max. 4 Bezüge unter Steueraussetzung aus anderen EU-Mitgliedsstaaten im selben Kalenderjahr) unterschieden)
    VSt 20-1: Beiblatt für weitere Lieferadressen
    VSt 22: Ausfüllhilfe und Erläuterungen zu den Anträgen auf Erteilung von Verbrauchsteuerbewilligungen

  • Registrierte Versender sind Betriebe, die verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem Drittland beziehen und diese anschließend sofort unter Steueraussetzung innerhalb des Steuergebiets oder in andere Mitgliedsstaaten an Steuerlager oder Registrierte Empfänger weiterversenden.

    Formulare: Für die Beantragung der Bewilligung Registrierter Versender gibt es aktuell kein Formular; hier ist ein formloser Antrag an das zuständige Zollamt mit den erforderlichen Angaben in Anlehnung an die Ausfüllhilfe (VSt 22) zu stellen (inkl. aller sonstigen erforderlichen Unterlagen).

Obiges Beispiel: Damit die Franz Müller SchnapshandelsgmbH diese Lagerung ohne Entrichtung der Alkoholsteuer in Österreich vornehmen kann, benötigt sie eine Bewilligung als Lagerbetrieb. Als Registrierter Empfänger könnte die Franz Müller SchnapshandelsgmbH zwar unter Steueraussetzung empfangen, müsste die Waren allerdings anschließend sofort versteuern. Eine Lagerung oder Weiterversendung unter Steueraussetzung wäre als Registrierter Empfänger nicht möglich.

Sonderfall Verwendungsbetrieb

Verwendungsbetriebe sind Betriebe, die verbrauchsteuerpflichtige Waren aus dem Steuergebiet oder aus einem Drittland unversteuert beziehen und zu bestimmten Zwecken außerhalb eines Steuerlagers steuerfrei verwenden können. Die Steuerbefreiung ist an die spezielle Verwendung im Betrieb gebunden. Verwendungsbetriebe haben eine nationale Verbrauchsteuernummer und besitzen einen Freischein zum Bezug der Waren (z.B. bei Alkohol und Mineralöl).

Formulare:
VSt 23: Antrag/Anzeige für einen Verwendungsbetrieb
VSt 22: Ausfüllhilfe und Erläuterungen zu den Anträgen auf Erteilung von Verbrauchsteuerbewilligungen

Beispiel: Die Kosmetikproduktions AG bezieht von einem österreichischen Großhändler aus dessen Steuerlager Ethylalkohol, um damit im eigenen Betrieb kosmetische Produkte herzustellen. Damit sie den Ethylalkohol in der Produktion steuerfrei verwenden kann, ist die Bewilligung als Verwendungsbetrieb notwendig. Wenn der Ethylalkohol aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat eingeführt werden soll, muss die Kosmetikproduktions AG zusätzlich um eine Bewilligung als Berechtigter Empfänger ansuchen.

2. Verbrauchsteuerrechtlich freier Verkehr

Waren, die sich nicht (mehr) im Verfahren der Steueraussetzung befinden, sind im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr. Damit ist die Verbrauchsteuer für diese Waren im Steuergebiet bereits entrichtet.

Beispiel: Die Döblinger Bierbrau GmbH produziert als Herstellungsbetrieb Bier und lagert dieses anschließend unter Steueraussetzung. Durch die Entnahme aus dem Bierlager und Lieferung an einzelne Supermärkte, wo das Bier an Konsumenten verkauft werden soll, entsteht die Steuerschuld. Die Biersteuer ist von der Döblinger Bierbrau GmbH zu entrichten. Das Bier im Supermarkt befindet sich im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr, da die Steuer in Österreich bereits entrichtet wurde.

Beispiel: Die weiter oben angesprochene Franz Müller SchnapshandelsgmbH ist als berechtigter Empfänger registriert und empfängt unter Steueraussetzung alkoholsteuerpflichtigen Schnaps aus Deutschland. Da die Lagerung oder Weiterversendung unter Steueraussetzung als berechtigter Empfänger nicht möglich ist, wird der Schnaps beim Empfang versteuert. Die Franz Müller SchnapshandelsgmbH kann anschließend den Schnaps im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr an Einzelhändler in Österreich weiterliefern.

Werden Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken in einen anderen Mitgliedsstaat verbracht, kommt es dadurch zu einer (weiteren) Steuerschuldentstehung im Bestimmungsmitgliedsstaat. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, ist im Abgangsmitgliedstaat eine Erstattung der bereits bezahlten Verbrauchsteuern vorgesehen.

Wenn die Franz Müller SchnapshandelsgmbH den Schnaps aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr nicht an einen Einzelhändler in Österreich, sondern an einen in Deutschland liefert, fällt für den Empfänger in Deutschland die deutsche Alkoholsteuer an. Allerdings kann sich die Franz Müller SchnapshandelsgmbH die österreichische Verbrauchsteuer rückerstatten lassen (da der Schnaps ja nicht in Österreich verbraucht wurde).

Seit 13. Februar 2023 wird für den innergemeinschaftlichen Transport im steuerrechtlich freien Verkehr nur mehr das vereinfachte elektronische Verwaltungsdokument (e-VBD) verwendet.

Bewilligungsarten

Für den Versand oder Empfang von versteuerten Waren innerhalb Österreichs sind keine Zertifizierungen oder Begleitdokumente notwendig.

Um in Österreich bereits versteuerte Waren in andere EU-Mitgliedsstaaten versenden zu können bzw. versteuerte Waren aus anderen EU-Ländern empfangen zu können, ist ein Antrag auf Zertifizierung notwendig (Formulardatenbank des BMF)

  • Zertifizierte Versender sind Betriebe, die Waren im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr von Österreich in andere EU-Mitgliedsstaaten versenden.

    Formular: VSt 36 - Antrag auf Zulassung als zertifizierter Versender
    (im Formular wird zwischen Zertifizierter Versender und Zertifizierter Versender im Einzelfall unterschieden (max. 4 Sendungen in andere EU-Mitgliedsstaaten im selben Kalenderjahr))

  • Zertifizierte Empfänger sind Betriebe, die Waren im verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr aus anderen Mitgliedsstaaten beziehen. Die Steuerschuld entsteht mit Erhalt der verbrauchsteuerpflichtigen Waren.

    Formular: VSt 37 - Antrag auf Zulassung als zertifizierter Empfänger (im Formular wird zwischen Zertifizierter Empfänger und Zertifizierter Empfänger im Einzelfall unterschieden (max. 4 Bezüge aus anderen EU-Mitgliedsstaaten im selben Kalenderjahr))

Verbrauchsteueridentifikationsnummer (VID-Nummer)

Sowohl für Bewilligungen im Rahmen des Steueraussetzungsverfahrens als auch für Zertifizierungen für den innergemeinschaftlichen Transport im steuerrechtlich freien Verkehr werden Verbrauchsteueridentifikationsnummern, kurz VID-Nummern oder Verbrauchsteuernummern, vergeben.

Die Verbrauchsteuernummer ist EU-weit 13-stellig und beginnt in Österreich im Steueraussetzungsverfahren mit ATV (innergemeinschaftliche Verwendung) oder ATN (nationale Verwendung) bzw. im steuerrechtlich freien Verkehr mit ATC.

  • Steueraussetzungsverfahren
    • ATV-Nummer: Herstellungsbetriebe, Lagerbetriebe und Registrierte Empfänger mit Dauerbewilligung
    • ATN-Nummer: Registrierte Empfänger im Einzelfall und Verwendungsbetriebe

  • steuerrechtlich freier Verkehr
    • ATC: Zertifizierter Versender, Zertifizierter Versender 

Diese VID-Nummern werden von den EU-Mitgliedsstaaten in die zentrale Verbrauchsteuerdatenbank SEED (System of Exchange of Excise Data) eingegeben. Damit kann beispielsweise ein österreichischer Versender über die Nummer überprüfen, ob der Empfänger im anderen Mitgliedstaat zum Empfang von bestimmten Waren unter Steueraussetzung berechtigt ist.

Überprüfung der Verbrauchsteuernummer:

Stand: 15.02.2023

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