Hybrit-Pilotanlage in Gällivare
© HYBRIT

Schwedische Batterienhoffnung Northvolt: Das Jahr der Ernüchterung

Warum große grüne Industrieprojekte in Nordschweden trotzdem eine Zukunft haben

Lesedauer: 2 Minuten

Schweden Energiewirtschaft
10.01.2025

Noch 2023 war die Euphorie rund um die schwedische Batterieindustrie in groß. Das 2016 gegründete Start-up Northvolt versprach nicht weniger als den europäischen Durchbruch in der Batterieherstellung für Elektrofahrzeuge – nachhaltig, in großem Stil, selbstbewusst und unabhängig von Asien. Gleichzeitig weckte das Unternehmen mit seiner Fabrik in der nordschwedischen Kleinstadt Skellefteå Hoffnungen auf eine Reindustrialisierung unter grünen Vorzeichen von ganz Nordschweden.

Ein Jahr später machen jedoch schwere finanzielle Turbulenzen, Qualitäts- und Lieferprobleme, Entlassungswellen sowie abspringende Kundenbestellungen Schlagzeilen. Auch der Gründer Peter Carlsson trat als Geschäftsführer zurück: Northvolts Zukunft hängt an einem seidenen Faden. In den USA wurde im Dezember 2024 ein Sanierungsverfahren gerichtlich bewilligt und Anfang 2025 hießen die Investoren in Stockholm die Rettungsversuche gut.

Ist das der Anfang des Endes der grünen Industrie in Nordschweden?

Kaum. Die Region verfügt über strukturelle Standortvorteile für Industrieprojekte, selbst wenn Northvolt nicht überlebt. Dank reichlich Wasserkraft und Windenergie steht viel kostengünstiger Ökostrom zur Verfügung, was besonders energieintensive Branchen anzieht. Zugleich ermöglicht die Bergbauindustrie eine Versorgung mit Eisenerz und weiteren Metallen. Transport- und Exportmöglichkeiten sind mit Zug- und Hafeninfrastruktur vorhanden. Auch könnte der Natobeitritt Schwedens zu Infrastrukturinvestitionen in der Region führen: Die geopolitischen Spannungen in der Arktisregion nehmen zu und in Kiruna befindet sich mit der Raumfahrtsbasis Esrange der einzige Zugang zum Weltraum für Satelliten auf europäischem Boden.

Schon jetzt laufen andere große Investitionsprogramme für die grüne industrielle Neuausrichtung auf vollen Touren.

CO2-neutraler Stahl

Das Start-up Stegra baut in Boden eine Fabrik für die Produktion von CO2-neutralem Stahl. Statt Kohle wird in einem neuen Prozess grüner Wasserstoff eingesetzt, um aus Eisenerz Stahl zu gewinnen. Dieselbe Technologie wird auch im Projekt Hybrit (einem Joint Venture zwischen dem Stahlhersteller SSAB, dem Bergbaukonzern LKAB sowie Vattenfall) in Gällivare getestet. Das Ziel: vollständig fossilfreier Stahl. SSAB investiert zudem 4.5 Milliarden Euro in ein elektrifiziertes, CO2-neutrales Stahlwerk in Luleå, das bis 2028 gebaut werden soll.

Bergbau: Eisenerz und seltene Erden

Der Bergbaukonzern LKAB fördert in Kiruna Eisenerz für die Stahlindustrie. 2023 wurde bekannt, dass es dort auch ein Vorkommen von schätzungsweise über eine Million Tonnen Metalloxide seltener Erden gibt – die Grundlage gerade für grüne Elektro-Technologien. LKAB plant, dieses Vorkommen abzubauen. Es kann aber noch 10 Jahre dauern, bis der Markt damit beliefert werden kann. Trotzdem liegt darauf eine strategische Hoffnung, Rohstoff-Abhängigkeiten von Asien zu vermindern.

Wasserstoff

Dank dem günstigen Ökostrom ist Nordschweden prädestiniert dafür, zu einem wichtigen Dreh- und Angelpunkt für industrielle Wasserstoffprojekte zu werden. Neben der Stahlindustrie können auch der Transportsektor, die Chemieindustrie und weitere Branchen mit Hochtemperaturprozessen wasserstoffbasierte Innovationen zur Reduktion des CO2- Ausstoßes etablieren. Es gibt Pläne für die Errichtung einer länderübergreifenden Transportinfrastruktur für Wasserstoff rund um den bottnischen Meerbusen (z.B. das Projekt BothniaLinkH2). Und an der Universität in Lulea wurde ein Forschungscentrum für Wasserstoffsysteme gegründet.

Und wie geht es mit Northvolt weiter? 

Selbst wenn Northvolt nicht überlebte, könnte in Skellefteå eine Batterienindustrie entstehen. Die Firma soll unter anderem auch in Kontakt mit Catl stehen, dem chinesischen Batterienhersteller, der bereits in Ungarn und Deutschland Standorte hat. Vielleicht ist ein Kompromiss bei der ursprünglichen Vision die Rettung der europäischen Batterienindustrie: Produktion auf europäischen Boden, dafür chinesische (Mit-)Besitzer.

Ansicht einer großen Produktionsstätte
© Northvolt Die nordschwedische Fabrik des kriselnden Batterienentwicklers Northvolt
Stadtansicht
© Fredric Alm / LKAB In der Bergbaustadt Kiruna entdeckte der Konzern LKAB ein Vorkommen an seltenen Erden


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