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© Josef Schauer-Schmidinger | Basismodul/WKO Inhouse GmbH. Wien/2007

China: Staatsführung setzt weiter auf schuldenfinanzierte Subventionen

Weitere Handelskonflikte könnten die wirtschaftliche Entwicklung Chinas belasten

Lesedauer: 3 Minuten

China

Die chinesische Wirtschaft wird weiterhin durch zahlreiche Probleme, wie die rückläufigen Auslandsinvestitionen, hohe Jugendarbeitslosigkeit, den schwächelnden Immobiliensektor sowie eine schwache Inlandsnachfrage belastet. Das für die wirtschaftliche Entwicklung wichtige Dritte Plenum hat daran wenig geändert. Auch wenn der Privatkonsum eine immer größere Rolle für das Wirtschaftswachstum spielen soll, setzt die Regierung verstärkt auf staatliche Fördermaßnahmen, um den Wirtschaftsmotor anzukurbeln. Der Handelskonflikt mit den USA sowie der EU spitzt sich wieder zu und könnte zu weiteren Sonderzöllen bei allen Beteiligten führen.  

Die Stagnation des Konsums in China ist maßgeblich auf die Krise im Immobiliensektor zurückzuführen. Millionen von unverkauften Wohnungen stehen leer, und viele Bürger müssen mit ansehen, wie die Werte ihrer Immobilien kontinuierlich sinken. Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt. Besonders junge Menschen haben Schwierigkeiten, eine den Anforderungen ihrer Qualifikationen entsprechende Anstellung zu finden. Infolgedessen werden insbesondere größere Anschaffungen häufig aufgeschoben.

Im Juli fand das Dritte Plenum des Zentralkomitees statt, bei dem die wirtschaftliche Entwicklung Chinas für die nächsten Jahre festgelegt wird. Insgesamt sollen umgerechnet 400 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um die schwache Wirtschaft anzukurbeln und insbesondere die geringe Inlandsnachfrage zu fördern. Ein erheblicher Teil dieser Mittel wird an die 98 zentralen Staatsbetriebe fließen, die direkt der Zentralregierung unterstellt sind. Die Zuschüsse sind vor allem für die Modernisierung von Fabrikausrüstungen wie Maschinen und Anlagen vorgesehen, wovon auch ausländische Unternehmen, insbesondere aus der Maschinenbaubranche, profitieren können. Ein weiterer Teil der Mittel soll den Verbraucherkonsum ankurbeln, wobei insbesondere die Sektoren Kraftfahrzeuge und Haushaltselektronik im Fokus stehen. Strukturreformen, wie z.B. eine stärkere Ausrichtung auf die Marktwirtschaft, wurden beim Dritten Plenum jedoch nicht beschlossen. Der Großteil der Subventionen wird weiterhin an Staatsunternehmen vergeben.

Ausländische Direktinvestitionen verzeichneten im vergangenen Jahr ein 30-jähriges-Tief. Während im Rekordjahr 2021 etwa 344 Mrd. EUR oder 180 Mrd. EUR im Jahr 2022 nach China flossen, belief sich der Betrag im letzten Jahr lediglich auf 33 Mrd. EUR. Dies könnte auf geopolitische Risiken sowie die schwache Post-Covid-Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen sein. Bei der im Mai 2024 veröffentlichten Business Confidence Survey der Europäischen Handelskammer in China wird deutlich, dass trotz der massiven Bemühungen der Regierung ausländische Unternehmen ihre Investitionen teilweise in andere Märkte verschieben. Sie erhoffen sich dadurch mehr Stabilität, Transparenz und Vorhersehbarkeit. Die Attraktivität des chinesischen Marktes sinkt laut Aussagen der Umfrageteilnehmer. So gaben nur 15 % der Unternehmen an, dass China aktuell für sie eine Top-Priorität bei Investitionsentscheidungen darstellt. Für zukünftige Investitionen sehen nur 13 % der Befragten in China eine Top-Priorität. Dies sind die niedrigsten erfassten Werte seit Beginn der Umfrage. Gleichzeitig gaben 13 % aller Befragten an, keine weiteren Investments in China aktuell oder zukünftig zu planen. Bei der Frage nach der geplanten Ausweitung von Geschäftsaktivitäten in China im Jahr 2024 gaben nur 42 % der befragten Niederlassungen europäischer Unternehmen dies zu beabsichtigen, während ganze 35 % dies verneinten. Beide Befragungsergebnisse stellen negative Rekordwerte auf.

Im Rahmen des Handelsstreits mit den USA gab es jüngst Verschärfungen. So haben die Vereinigten Staaten seit Mitte Mai Sonderzölle auf chinesische Elektroautos von 100 % beschlossen. Ebenfalls hat Kanada ab dem 1. Oktober beschlossen, zusätzliche Einfuhrzölle von 100 % auf E-Autos aus China einzuführen. Die chinesische Regierung kündigte bereits an, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um auf die Zölle zu reagieren. Auch die EU hat vorläufige Zusatzzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge angekündigt, worauf China mit einer Anti-Dumping-Untersuchung von europäischem Schweinefleisch sowie einer Anti-Subvention Untersuchung auf europäische Milchprodukte antwortete. Diese Handelstaktik führt zu Spannungen mit anderen Industrienationen und die Gefahr von Zollspiralen und Handelskriegen steigt. Derzeit werden die Strafzölle auf chinesische E-Autos noch mit der EU verhandelt. Die Zölle sollen ab Ende Oktober greifen, sollte keine andere Entscheidung getroffen werden. Laut dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao, auf seiner Europareise im September, stehen die Handelsbeziehungen zwischen China und Europa aufgrund der Schutzzölle auf dem Scheideweg.

Bei Betrachtung der österreichischen Außenhandelsbeziehungen mit China zählte das Land der Mitte 2023 auch weiterhin zu den bedeutendsten Handelspartnern mit einem Handelsvolumen von ca. 20,2 Mrd. EUR. Jedoch ist China im vergangenen Jahr von Platz 3 auf Platz 5 abgerutscht. China ist nach wie vor die zweitwichtigste Quelle der österreichischen Importe hinter Deutschland; bei den Exporten landete das Land im Fernen Osten auf Platz 11. Aktuelle Zahlen aus dem 1. Halbjahr 2024 zeigen einen Anstieg der österreichischen Exporte nach China um 9,7 % (2,76 Mrd. EUR) im Vergleich zum Vorjahr an. Gleichzeitig sanken die Importe aus China um -10 % (7,17 Mrd. EUR) im selben Zeitraum. Das Handelsbilanzdefizit ist somit im 1. Halbjahr 2024 leicht gesunken, dennoch mit -4,1 Mrd. EUR das höchste mit einem Handelspartner. Wichtigste Produktgruppe bei den Importen waren elektrische Maschinen und Geräte, während die Produktgruppe Arbeitsmaschinen die Exporte dominiert hat.    

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Stand: 23.09.2024

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