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Ägypten: Devisenmangel führt zu massiven Zahlungsverzögerungen

Verbesserte Situation dank neuer VAE-Investments und aktualisiertem IWF-Hilfspaket 

Lesedauer: 3 Minuten

Ägypten

Die ägyptische Wirtschaft war seit Frühjahr 2022 in der Krise. Mit dem Beginn des Ukrainekriegs hatte sich die Lage sehr schnell eingetrübt. Internationale Investoren zogen über Nacht Milliarden an kurzfristigen Investments aus Ägypten ab („hot money“). Der Weizenpreis ging durch die Decke. Gleichzeitig stieg das Zinsniveau, was die Rückzahlung der zahlreichen Schulden Ägyptens immer teurer machte. Immer mehr externe und interne Schocks trafen und treffen das Land, wie etwa der Israel-Palästina Konflikt, was Auswirkungen auf den Tourismussektor hat. Zusätzlich fehlen Deviseneinnahmen aus dem Suez Kanal durch die Huthi-Attacken im Roten Meer. Die Einnahmen 2024 liegen bisher fast 70 % unter den Einnahmen von 2023.

Dieser „Cocktail“ an wirtschaftlichen Problemen hat dazu geführt, dass die Verfügbarkeit von Devisen (Euro und Dollar) in Ägypten stark limitiert war und ist. Die Central Bank of Egypt (CBE) war somit nicht mehr in der Lage die ägyptischen Geschäftsbanken mit ausreichend Devisen auszustatten, um alle benötigten Transaktionen tätigen zu können.

Neue Investments durch die Vereinigten Arabischen Emirate und aktualisiertes IWF-Hilfspaket

Ende Februar 2024 wurde bekannt, dass die Vereinigten Arabischen Emirate durch die Abu Dhabi Development Holding Company massiv in Ägypten investieren werden. Konkret geht es um die Entwicklung des Gebiets Ras El Hekma an der Mittelmeerküste (westlich von Alexandria). Der Deal spülte innerhalb von nur zwei Monaten 35 Mrd. USD in die ägyptische Staatskasse. Das Geld wurde bereits überwiesen bzw. emiratische Deposits umgewandelt. In der Folge soll das Investmentvolumen bei weiteren 150 Mrd. USD liegen.

Daneben wurde bekanntgegeben, dass das 2022 mit dem Internationalen Währungsfonds ausverhandelte Hilfsprogramm auf insgesamt 8 Mrd. USD ausgeweitet wird. Daneben kommen weitere Investments/Zahlungen von der Weltbank, EU, Japan, UK, etc., die ebenso die bereits lange erwarteten Devisen nach Ägypten bringen werden. Weitere Informationen finden Sie in unserem Wirtschaftsbericht Ägypten.

Aus fiskalpolitischer Sicht wurden als erstes genau vor Ramadan 2024 zuerst die Zinsen um 6 % erhöht und am selben Tag der Wechselkurs des ägyptischen Pfunds freigegeben.

Das erfolgte, nach das Pfund viele Monate von der CBE stabil gehalten wurde und sich durch den Hartwährungsmangel ein Parallelmarkt herausgebildet hatte, auf dem für Devisen sehr viel höhere Raten zu erhalten waren. Mit der drastischen Abwertung auf derzeit 1 EUR = 52 EGP wurde dem Parallelmarkt der Boden entzogen.

Auswirkung der wirtschaftlichen Situation auf österreichische Unternehmen

Diese wirtschaftlich herausfordernde Situation mit Hartwährungsmangel brachte auch negative Auswirkungen für die österreichischen Firmen. Die schwierige Devisensituation sorgte für massive Zahlungsprobleme, die zahlreiche österreichischen Firmen mit Tätigkeit in Ägypten getroffen haben. Wie erwähnt, konnte die Ägyptische Zentralbank aufgrund des Hartwährungsmangels nicht ausreichend Devisen an ägyptische Geschäftsbanken zuteilen. Als Folge konnten die hiesigen Geschäftsbanken über Monate nur eingeschränkt Konvertierungen und Überweisungen in Euro oder US-Dollar durchführen, obwohl die ägyptischen Kunden österreichischer Firmen über ausreichende Geldmittel in lokaler Währung verfügen. Die Überweisungsprobleme betrafen fast alle privaten und staatlichen ägyptischen Unternehmen.

Das Problem lag somit in der Zahlungsabwicklung selbst. Die ägyptischen Kunden österreichischer Firmen waren zahlungswillig, aber aufgrund der Situation in der Praxis unverschuldet nicht zahlungsfähig.

Betroffen waren alle Arten von Banktransfers, sei es für den Warenimport (betroffen sind alle Zahlungsbedingungen, wie Vorauskasse, Cash-Against-Documents (Dokumenteninkasso), Akkreditive oder aufgeschobene Zahlungen mit Zahlungsziel), die Bezahlung von Dienstleistungen österreichischer Firmen in Ägypten oder für den Transfer von Gewinnen der ägyptischen Niederlassungen nach Österreich.

Als Konsequenz warte(te)n zahllose Firmen auf Zahlungen aus Ägypten für bereits getätigte Lieferungen bzw. können neue Lieferungen nach Ägypten nicht durchgeführt werden, da eine Bezahlung (ohne Verzögerung) nicht sichergestellt werden kann. Dem AußenwirtschaftsCenter Kairo waren mindestens 100 österreichische Firmen bekannt, die vom Hartwährungsmangel und den damit einhergehenden Zahlungsproblemen in irgendeiner Art betroffen waren und sind. Im Frühjahr 2024 lagen die Ausstände österreichischer Firmen in einer Größenordnung von ca. EUR 150 Millionen.

Durch die neu eingetroffenen Devisen (siehe oben) löst sich der Devisenmangel langsam, aber kontinuierlich auf. Aber bei der Bezahlung wird streng nach Priorisierung vorgegangen – zum Teil warten Firmen also immer noch auf die Beträge. Zum Teil trifft die österreichischen Firmen jetzt auch die starke Abwertung des Ägyptischen Pfundes, da Beträge ja über Monate nicht transferiert werden konnten.

Es bleibt zu sehen, ob durch die neue Devisensituation ein problemfreie Abwicklung von Exporten nach Ägypten wirklich möglich sein wird.

Auswirkungen auf aktuelle Exportgeschäfte

Sie haben Fragen zu den neuen Bestimmungen oder Zahlungsprobleme bei konkreten Projekten? Sie wollen einen Einblick in die praktische Erfahrung anderer Unternehmen haben? Das Team des AußenwirtschaftsCenter Kairo berät Sie gerne.

Kontaktieren Sie uns unter kairo@wko.at oder rufen Sie uns einfach an unter +20 2 2736 1150 an.

Stand: 13.03.2024

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