Außenhandelsstatistik: Methodenbeschreibung

Geschichte und Rahmenbedingungen

Lesedauer: 3 Minuten

16.10.2023

Außenhandelsstatistik ab 1995

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfolgte im Hinblick auf die Datenerhebung eine Zweiteilung der bis dahin einheitlichen, ausschließlich auf Zollmeldungen beruhenden, Außenhandelsstatistik:

  • Der Warenverkehr mit Nicht-EU-Ländern (Drittstaaten) wird wie bisher auf Basis der Zolldeklarationen, die der STATISTIK AUSTRIA von den Zollbehörden übermittelt werden, erfasst (EXTRASTAT).
  • Der Warenverkehr mit EU-Ländern wird seit Jänner 1995 im Rahmen von INTRASTAT erfasst (Direkterhebung bei den Unternehmen durch STATISTIK AUSTRIA).


Das INTRASTAT-System wurde mit dem Inkrafttreten des Binnenmarktes (1.1.1993) in den Ländern der Gemeinschaft eingeführt und war von Österreich mit Beitrittsbeginn zu übernehmen. INTRASTAT knüpft - im Gegensatz zur Zollanmeldung - nicht mehr an einzelnen grenzüberschreitenden Warensendungen an, sondern sieht detaillierte Monatsmeldungen jener Unternehmen vor, deren Eingänge und/oder Versendungen aus/in EU-Länder einen bestimmten Schwellenwert überschreiten (ursprünglich 1,5 Mio S pro Jahr, ab 1999: 2 Mio. S oder umgerechnet 145.346 Euro, ab 2002: 200.000 Euro, ab 2004: 250.000 Euro, ab 2007: 300.000 Euro, ab 2010 500.000 Euro, ab 2013 550.000 Euro, ab 2015 750.000 Euro, ab 2022 1,1 Mio. Euro). Alle Außenhandelsdaten werden in der Gliederung der achtstelligen "Kombinierten Nomenklatur" (KN) erhoben und aufgearbeitet. Als Konsequenz haben die bis 1994 für statistische Zwecke relevanten "Handelstatistischen Nummern" (neun Stellen) ihre Gültigkeit verloren. Auf Basis der ersten sechs Stellen (sog. "Harmonisiertes System") weisen die "alte" und die "neue" Warenklassifikation aber Kontinuität auf.

Problembereiche hinsichtlich Aussagekraft und Vergleichbarkeit

Die "neue" Außenhandelsstatistik liefert Ergebnisse, die im Vergleich zu den Außenhandelsdaten vor 1995 eine Reihe von "Eigentümlichkeiten" aufweisen.

Zunächst hat die grundlegende Systemänderung zu einem wesentlichen Bruch in der Kontinuität der Statistik geführt. Aus einer einheitlichen Erhebung wurden zwei Erhebungen mit unterschiedlichem Charakter. Diese Systemumstellung hat im wesentlichen zwei Konsequenzen:

  • erstens ist die unmittelbare Vergleichbarkeit der Ergebnisse vor/nach 1995 nicht gegeben, und
  • zweitens führen die geänderten Gegebenheiten im Binnenmarkt und die Besonderheiten des INTRASTAT-Systems zu Problemen hinsichtlich Datenqualität.

Für den Systembruch sind eine Reihe von Faktoren verantwortlich, die gleichzeitig erhebliche Auswirkungen auf die Datenqualität haben:

  •  Unvollständigkeit der erhobenen INTRASTAT-Daten: Da im Rahmen der Intrahandelsstatistik eine Befreiung für jene Auskunftspflichtigen vorliegt, deren jährliche Versendungen oder Eingänge den Schwellenwert von 1,1 Mio. Euro nicht überschreiten, fehlen entsprechende statistische Angaben. Weiters liegen in bestimmtem Ausmaß (abhängig vom Zeitpunkt der Datenauswertung) Antwortausfälle (non-response) vor. Für beide Fälle werden Zuschätzungen vorgenommen.

  • Geänderte Rahmenbedingungen für EXTRASTAT : Während die Außenhandelsergebnisse vor dem EU-Beitritt Österreichs unmittelbar nach dem Ursprungsland vorlagen, scheint in den nunmehrigen EXTRASTAT-Daten ein Teil des Drittlandswarenverkehrs - insbesondere auf der Einfuhrseite - unmittelbar nicht auf. Waren, die letztendlich nach Österreich gehen, können bereits in einem anderen EU-Land verzollt und damit in den freien Warenverkehr gebracht werden. Eine daran anschließende Verbringung dieser Waren nach Österreich löst eine entsprechende INTRASTAT-Meldung aus, worin als Ursprungsland der betreffende Drittstaat anzuführen ist. Auf diese Weise "wandern" Daten, die im Rahmen von INTRASTAT erhoben werden, in den Nicht-EU-Bereich. Dies bedeutet, daß die "geänderte Wirklichkeit" (Waren, die aus Drittländern nach Österreich gelangen, müssen nicht mehr notwendigerweise an der österreichischen Grenze abgefertigt werden, Schlagwort: "Rotterdam-Effekt") Bereinigungen erforderlich macht. Unvollständig bleiben solche Bereinigungen dann, wenn die Angaben zum Ursprungsland den Auskunftspflichtigen nicht bekannt sind. Weiters dürften indirekte Warenströme auch auf der Exportseite (Bestimmungsland) eine gewisse Rolle spielen, ohne dass Anhaltspunkte für eine entsprechende Bereinigung vorliegen.

Ergebnisdarstellung

Insgesamt setzen sich die Außenhandelsdaten ab 1995 aus EXTRASTAT plus INTRASTAT plus Zuschätzungen zusammen. Die Statistik ist somit das Resultat mehrerer Informationsbausteine: Zollanmeldung, Unternehmenserhebung, Umsatzsteuerdaten und Stichprobenverfahren zur Hochschätzung. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass - obwohl die Außenhandelstatistik rein äußerlich, d.h. von der Ergebnisdarstellung im wesentlichen wie bisher weitergeführt wird, - für die konkrete Beurteilung der Ergebnisse stärker als früher darauf zu achten ist, inwieweit bestimmte Entwicklungsverläufe auch von methodischen Einflüssen abhängen. Insbesondere bei Vergleichen mit Daten vor der Systemumstellung ist die Gefahr von "Über- bzw. Fehlinterpretationen" besonders groß.