Die Verlängerung der COVID-Beihilfen als Übergang zur wirtschaftlichen Normalität
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Trotz der angekündigten Lockerungen der COVID-Restriktionen und den Öffnungsschritten ist es absehbar, dass uns die negativen Folgen der Pandemie auch weiterhin langfristig begleiten und die Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft beeinträchtigen werden. Diese Entwicklung lässt sich vor allem auf drei Ursachen zurückführen:
- Regionale Unterschiede der Covid-Maßnahmen (z.B. im Rahmen der Lockerungen) führen dazu, dass die wirtschaftliche Erholung in Österreich nicht gleichmäßig ablaufen wird: Während beispielsweise die meisten Bundesländer einen Entfall fast sämtlicher Restriktionen planen, werden in Wien die Maßnahmen auch bis auf weiteres deutlich strenger bleiben (z.B. auch weiterhin 2G in der Gastronomie, verpflichtende FFP2-Maske im gesamten Einzelhandel). Darüber hinaus ist nicht absehbar, ob es angesichts der hochansteckenden Omikron-Variante (oder folgender Virus-Mutationen) nicht doch wieder zu verschärften Restriktionen in einzelnen Gemeinden oder Bundesländern kommen wird.
- Darüber hinaus sind die Erholungseffekte nach der Pandemie sehr ungleich über die einzelnen (Handels)Branchen verteilt. Wie eine Studie des Economica-Instituts im Auftrag der Bundessparte Handel aufzeigt, waren von massiven Umsatzeinbrüchen insbesondere der Schuhhandel (-26,3 %), der Bekleidungshandel (-19 %) sowie der Elektrohandel (-4,6 %) betroffen. Außerdem zeichnet sich in Österreich eine im Vergleich zu den anderen EU-Staaten relativ langsame konjunkturelle Erholung ab, sodass von einer Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität auch weiterhin nicht gesprochen werden kann. Diese anhaltenden Probleme belasten überdies auch weiterhin das Eigenkapital der betroffenen Unternehmen und damit die wirtschaftliche Basis ihres Handelns, die bereits in den vergangenen zwei Jahren merklich in Mitleidenschaft gezogen wurde.
- Nicht nur die COVID-Pandemie selbst, sondern auch ihre globalen Folgewirkungen stellen derzeit ein massives Problem für die österreichischen Unternehmen dar. Die Lieferschwierigkeiten sowie die rasant steigenden Energiepreise sind zur Belastungsprobe für die Handelsunternehmen geworden und bilden laut einer Analyse der Abteilung für Wirtschafts- und Handelspolitik den eigentlichen Treiber hinter der ebenfalls sehr hohen Inflationsrate. Durch die höheren Preise werden die Gewinnmargen im Handel unmittelbar verringert. Da diese Entwicklungen in ursächlichem Zusammenhang mit dem Pandemiegeschehen stehen und auch in den kommenden Monaten andauern werden, ist eine Fortführung der COVID-Beihilfen zur Unterstützung betroffener Unternehmen angemessen und notwendig.
Deutschland, ist von denselben globalen Entwicklungen wie Österreich betroffen. Hier führten diese und ähnliche Erwägungen zu einer Verlängerung der COVID-Wirtschaftshilfen bis Ende Juni 2022. Diese Verlängerung ist EU-beihilfenrechtlich gedeckt und steht damit auch der österreichischen Bundesregierung offen. Darüber hinaus ist zur Inanspruchnahme der Wirtschaftshilfen in Deutschland nur ein Umsatzrückgang von 30 % erforderlich, wohingegen die Eintrittsschwelle in Österreich bei deutlich höheren 40 % liegt.
Dies ist, vor allem angesichts der Tatsache, dass die wirtschaftliche Erholung in Österreich deutlich unterhalb des EU-Durchschnitts liegt, nicht zielführend. Unter dem Eindruck der oben genannten Entwicklungen erhebt die BSH daher folgende Forderungen:
- Eine Verlängerung der bestehenden COVID-Beihilfen bis Ende Juni 2022, um den krisengeschüttelten österreichischen Unternehmen ein probates
Absicherungsinstrument als Übergang zur wirtschaftlichen Normalität zu
gewährleisten. - Eine Senkung der Entrittsschwellen der COVID-Beihilfen auf das EU-rechtlich zulässige Mindestmaß von 30 % analog wie in Deutschland. Durch die Anknüpfung der Wirtschaftshilfen an den Umsatzrückgang soll insbesondere die Treffsicherheit der Hilfsmaßnahmen für notleidende Unternehmen sichergestellt werden. Hingegen würde eine Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Wirtschaftssektor (d.h. die Wirtschaftshilfen werden nur für bestimmte Branchen fortgeführt) nicht zwischen stärker betroffenen und weniger betroffenen Betrieben differenzieren und damit zu unverhältnismäßigen und ungerechten Resultaten führen, weshalb die BSH diesen Ansatz ablehnt.
- Eine Überarbeitung des Verlustersatzes: Im Rahmen des Verlustersatzes besteht für Unternehmen die Möglichkeit, auch Wertminderungen im Umlaufvermögen (z.B. saisonaler Handelswaren) als verlusterhöhend anzusetzen. Da die aktuelle Regelung gerade bei leicht verderblicher und saisonaler Ware dazu führt, dass die Wertminderungen nur zu einem Bruchteil und nicht zur Gänze in jenen Monaten (der Saison) angesetzt werden können, welchen die Ware aufgrund ihres Saisonalitätscharakters zuzuordnen ist, fordert die BSH in dieser Thematik eine eindeutige Klarstellung in den FAQ zugunsten der betroffenen Unternehmen. Gerade in den vergangenen Monaten des (Teil-)Lockdowns gab es aus vielen Branchen (insb. aus dem Modehandel) Rückmeldungen über massive Umsatzverluste, sodass eine rasche Klärung dieser Frage sehr wichtig ist.
- Eine technische Überarbeitung des Ausfallsbonus: Zur Festlegung der Ersatzraten im Rahmen des Ausfallbonus kommt aktuell zu einer Klassifikation der Branchen auf ÖNACE 3-Steller-Ebene, wodurch oft sehr unterschiedliche Branchen mit einer einheitlichen Ersatzrate bedacht werden. Darüber hinaus differenzieren die Ersatzraten nicht zwischen bilanzierenden Unternehmen, welche aufgrund von Größenvorteilen oft eine geringere Kostenstruktur aufweisen, und kleineren Einnahmen- Ausgaben-Rechner innerhalb derselben Branche. Angesichts dieser Unschärfen empfiehlt es sich, dass auch beim Ausfallbonus die Branchen nach der ÖNACE 4-Steller-Ebene kategorisiert werden und darüber hinaus stärker zwischen bilanzierenden Unternehmen und Einnahmen-Ausgaben-Rechnern unterschieden wird. Durch diese technische Überarbeitung werden die Ersatzraten treffsicherer ausgestaltet und für die Unternehmer (inbs. KMUs) günstiger sein.
- Neben dieser technischen Überarbeitung fordert die BSH auch eine Anhebung der Ersatzraten des Ausfallsbonus für Handelsunternehmen, welche bisher (je nach Branche) nur 10 % bzw. 20 % betragen. Durch den (Teil)Lockdown in Herbst und Winter mit massiven Restriktionen für den Kundenbesuch (zunächst nur Click&Collect, danach 2G-Erfordernis) war die gesamte Branche mit starken Umsatzverlusten konfrontiert, denen deutlich geringere Wirtschaftshilfen als im Herbst 2020 gegenüberstanden. Eine diesbezügliche Studie des Economica-Instituts zeigt, dass im Zeitraum November 2021 bis Jänner 2022 über 25 % der KMU im stationären Handelsbereich Umsatzrückgänge von mehr als 50 % im Vergleich zum Vorkrisenniveau verkraften mussten, was die dringende Notwendigkeit einer
Überarbeitung der bestehenden Hilfsinstrumente bekräftigt.
Daher fordert die Bundessparte Handel die Anhebung der Ersatzraten des Ausfallbonus, insbesondere in der Vorweihnachtszeit und für die Monate Jänner/Februar 2022. - Die Möglichkeit der zielgerichteten Unterstützung von Unternehmen wird darüber hinaus vor allem mit der Begrenzung des monatlichen Auszahlungsbetrags auf 80.000 Euro beim Ausfallsbonus limitiert. Aus diesem Grund fordert die BSH die ersatzlose Aufhebung der monatlichen Deckelung des Ausfallsbonus auf 80.000 Euro.