Arbeitskräfteüberlasser
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Nachdem am 2.11.2023 eine weitere KV-Verhandlungsrunde in der Metallindustrie stattfindet und die Gewerkschaften bei deren Scheitern bereits die Ergreifung von Arbeitskampfmaßnahmen in den Betrieben angekündigt haben, möchten wir nachstehend wichtige Informationen zu diesem Thema zur Kenntnis bringen.
Grundsätzliche Informationen zu den Themen „Betriebsversammlungen bzw. Protestversammlungen im Betrieb“ sowie „Streik und seine arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ sind auf den nachfolgenden WKÖ-Websites abrufbar:
Betriebsversammlung
Ergänzend dazu ist zur Frage, ob überlassenen Arbeitnehmern ein Entgeltanspruch zusteht, wenn sie arbeiten möchten, aber aufgrund eines Streiks daran gehindert sind, auf Folgendes hinzuweisen:
Aufgrund der Bestimmung des § 10 Abs 2 AÜG sowie Abschnitt IX Punkt 6. KV AÜ besteht für überlassene Arbeitnehmer:innen dann ein Entgeltanspruch, sofern die Arbeitskraft nachweislich zur Leistung bereit ist, aber nicht oder nur unter dem vereinbarten Ausmaß beschäftigt werden kann. Der Arbeitgeber hat jedoch gemäß Abschnitt VI Punkt 6. AKÜ-KV die Möglichkeit, einseitig und ohne Vorankündigungsfrist den Verbrauch von 50 % des jeweiligen Zeitguthabens anzuordnen (auch während Stehzeit). Mit überlassenen Angestellten sollte der Verbrauch von Zeitguthaben einvernehmlich vereinbart werden.
Weiters ist auf die Bestimmungen des § 9 AÜG sowie § 3 Abs 1 Z 10 AMFG hinzuweisen, wonach sowohl die Überlassung von Arbeitskräften als auch die Arbeitsvermittlung in Betriebe, welche von Streik oder Aussperrung betroffen sind, verboten ist. Durch diese Bestimmungen soll verhindert werden, dass diese Arbeitskräfte im Fall eines Arbeitskampfes als Kampfmittel des Arbeitgebers eingesetzt werden. Es ist daher nicht zulässig, Arbeitnehmer gerade zum Zweck der Überbrückung des arbeitskampfbedingten Arbeitsausfalls zu überlassen oder zu vermitteln. Überlassene Arbeitnehmer, die vom Beschäftiger nicht zur Leistung der Arbeit der streikenden oder ausgesperrten Arbeitnehmer herangezogen oder sonst in irgendeiner Form als Kampfmittel eingesetzt werden, müssen vom Überlasser jedoch nicht aus dem Beschäftigerbetrieb abgezogen werden. (ASoK 2013, 282 von Dr. Beatrix Karl)
In der Lehre werden zu dieser Frage jedoch auch gegenteilige Meinungen vertreten, wonach der § 9 AÜG restriktiv auszulegen ist (z.B. Tomandl, Sacherer/Schwarz). Danach wären bei Beginn eines Arbeitskampfes überlassene Arbeitskräfte ausnahmslos aus dem bestreikten Betrieb abzuziehen.
Für den Fall, dass eine gegen § 9 AÜG verstoßende Überlassung festgestellt wird, riskiert der Arbeitskräfteüberlasser neben einer Verwaltungsstrafe nach § 22 AÜG auch die Entziehung der Gewerbeberechtigung gem. § 135 Abs 5 iVm Abs 4 Z 1 GewO 1994, weil es sich um eine schwerwiegende Verletzung der Regelungen des AÜG handelt.