Jiaran Wang mit Klaus Brandhofer
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Denken Sie groß

Mehr Umsatz, mehr Wachstum, bessere Krisenfestigkeit: Jiaran Wang von Artciety erklärt beim Businesstreffen von WKOimBezirk, weshalb Internationalisierung auch für EPU und andere kleine Betriebe interessant ist.

Lesedauer: 3 Minuten

27.05.2024

Jiaran Wang wurde in China geboren und lebt seit rund 20 Jahren in Wien. Mit ihrer Agentur Artciety sucht sie innovative und kreative Lösungen für internationales Wachstum. „Immer wenn es um dieses Thema geht, sind EPU und Kleinbetriebe meistens nicht dabei. Ich finde das sehr schade“, bedauert Wang bei einem Businesstreffen von WKOimBezirk. Natürlich hätten große Player mehr Budget und könnten mehr ausprobieren. „Aber eigentlich haben EPU und kleine Betriebe auch gute Chancen. Für diese ist genauso viel möglich."

Der Sprung ins Ausland muss nicht teuer sein

Internationalisierung heißt nicht notgedrungen, physisch im Ausland präsent zu sein. „Natürlich kann man einen Store eröffnen, aber man muss es nicht. Es ist wichtiger, dass die Kundinnen und Kunden zu Ihnen finden. Kleine Betriebe arbeiten daher eher digital. Die passende Social-Media-Präsenz oder ein Onlineshop brauchen kein großes Budget“, betont Wang.  

Um die Chancen tatsächlich nutzen zu können, müsse man aber vorher seine Hausaufgaben machen. Ein mithilfe eines Profis erstellter Businessplan für das Auslandsgeschäft ist laut Wang der erste wichtige Schritt. Dazu wird Kenntnis des betreffenden Markts benötigt. Der nächste Schritt sei die Marktanalyse: „Man muss dorthin gehen, wo die Leute das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung lieben und kaufen würden.“ 

Lieber einen Schritt weiter gehen

EPU machen aus ihrer Sicht stattdessen häufig den Fehler, sich auf eine Region – üblicherweise die nähere Umgebung – zu konzentrieren, anstatt sich auf eine Zielgruppe zu fokussieren. Geht es dann doch ins Ausland, werde dabei oft vorrangig an Deutschland gedacht, erzählt Wang. Die geografische Nähe und die gemeinsame Sprache seien aber kein Erfolgsgarant. Besonders dann, wenn die Dienstleistung bzw. das Produkt für diesen Markt weniger interessant ist – weil die Nachfrage nicht groß oder der Markt bereits heftig umkämpft ist. 

„In Asien verdienen viele Leute zwar im Durchschnitt weniger, aber sie schätzen hochwertige Produkte und erstklassige Dienstleistungen. Und dafür sind sie auch bereit, Geld auszugeben“, erzählt Wang. Für erste Versuche eignet sich ihrer Ansicht nach zum Beispiel Hongkong sehr gut, die Tools seien oft die gleichen wie im Westen. Man müsse aber immer mit einem Profi zusammenarbeiten, der den Markt und dessen Eigenheiten kenne, betont Wang neuerlich. Man muss aber nicht so weit in die Ferne schweifen: Personalisierte Produkte von Mode über Kunst, Reisen bis hin zu sehr speziellen, individuellen Erzeugnissen seien zum Beispiel auch in Skandinavien sehr gefragt, so Wang.

Der Schritt ins Ausland bietet auch kleinen Firmen enormes Potenzial. Ich hoffe, wir konnten mit unserem Businesstreffen einen Denkanstoß liefern.

Weshalb sich Internationalisierung lohne, erläutert die Expertin anhand mehrerer Beispiele.  

  • Eine beim Businesstreffen anwesende Unternehmerin erzeugt hochwertige Businessmode nach Maß für Frauen. „In Asien gibt es viele Geschäftsfrauen, die sich stylen und super fashionable sind. Das ist die Kultur dort“, erzählt Wang. „Diese Frauen schätzen hochwertige Produkte und fragen nicht ‚Wieso kostet dieses Oberteil 300 Euro?‘. Sie unterscheiden viel mehr in ‚das kann ich mir leisten‘ und ‚das kann ich mir nicht leisten‘. Dementsprechend kaufen sie auch.“
  • Einer Fotografin, spezialisiert unter anderem auf Hochzeiten, empfiehlt sie ebenfalls, den asiatischen Markt zu bearbeiten. „Pärchen fliegen nach Wien, Santorin usw., um Hochzeitsshootings zu machen. Dafür suchen sie Top-Fotograf:innen, denen sie oft mehrere Tausend Euro zahlen. Das ist es ihnen wert.“ Der Trend noch mehr Geld für die Familie, die Partner:innen, Kinder und für extravagante Qualität auszugeben, steigt.
  • Auch in Weiterbildung, Persönlichkeitsentwicklung usw. werde viel investiert – was wiederum für Lebens- und Sozialberater interessant sein kann. Die Sprache sei dabei dank vieler Übersetzungstools nicht so eine große Barriere, so Wang.  

Durch die Pandemie sei in China der Trend verstärkt worden, noch mehr Geld für die Familie, die Partner:innen, Kinder und für extravagante Qualität auszugeben, berichtet die Expertin. „Wenn die Marktforschung zeigt, dass ein Auslandsmarkt gut wäre, dann sollte man das auch machen. Es lohnt sich schon allein aufgrund dessen enormer Größe.“