WKV und IV gründen Expat Service Vorarlberg
Neu gegründeter Expat Service ist weitere wichtige Stellschraube, um Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Lesedauer: 5 Minuten
Eines der größten Hemmnisse für Wirtschaftswachstum und damit der Sicherung des Wohlstandes in Vorarlberg und Österreich ist der allgemeine Arbeitskräftemangel. Aus diesem Grund haben die Industriellenvereinigung Vorarlberg und die Wirtschaftskammer Vorarlberg gemeinsam den Expat Service Vorarlberg gegründet.
Für IV-Vorarlberg Geschäftsführer Christian Zoll und Wirtschaftskammer Vorarlberg Präsident Wilfried Hopfner liegt eine der effektivsten Maßnahmen, um diesem Trend entgegenzuwirken, in der Zuwanderung von internationalen, hochqualifizierten Fachkräften. Um diese Zuwanderung zu erleichtern und zu verstärken haben Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer, nach einem intensiven Planungs- und Evaluierungsprozess und unter Einbindung betroffener Betriebe, gemeinsam den Expat Service Vorarlberg gegründet, dessen Aufgabe es sein wird, die internationale Rekrutierung von Vorarlberger Unternehmen zu erleichtern und angekommene internationale Arbeitskräfte, kurz Expats, bei der Integration zu unterstützen. „Ganz Europa ist mit der Herausforderung nach der Suche von gut ausgebildeten Arbeitskräften konfrontiert, entsprechend groß ist der Wettbewerb um die klügsten und fleißigsten Köpfe. Es ist daher höchste Zeit, diesen Wettbewerb professionell zu führen und unsere Betriebe bestmöglich zu unterstützen“, so IV-Geschäftsführer Zoll, der auch den ehrenamtlichen Vorsitz im Verein Expat Service Vorarlberg übernommen hat. WKV-Präsident Hopfner verweist auf die bereits sehr hohe Zahl der offenen Stellen in Vorarlberg, die ohne ausreichende Gegenmaßnahmen noch stark anwachsen könnte: „Um diesen Bedarf decken zu können, müssen wir eine Vielzahl an wirksamen Maßnahmen ergreifen, der qualifizierte Zuzug ist eine davon.“
Bürokratie als Hürde, Integration als Herausforderung
Vorarlberg ist ein höchst attraktiver Standort für internationale Arbeitskräfte. Die Lebensqualität bei uns ist fast unvergleichlich, und innovative Unternehmen bieten spannende Jobs und großartige Gehälter. Allerdings wird die Zuwanderung durch bürokratische Hürden verkompliziert, und erstmals im Ländle angekommen, tun sich viele Expats schwer, sich zu integrieren. Das wiederum führt leider oft dazu, dass diese Arbeitskräfte Vorarlberg recht schnell wieder verlassen und Betriebe diese Stelle dann neu besetzen müssen, was Zeit und Geld kostet“, fasst Christian Zoll die Herausforderungen zusammen. Der neue Expat Service Vorarlberg soll genau hier Abhilfe leisten. „Einerseits wird es seine Aufgabe sein, Kompetenzen in der Bewältigung dieser bürokratischen Hürden zu sammeln, beispielsweise in der Bearbeitung der Rot-Weiß-Rot Karte oder bei der erfolgreichen Wohnungssuche, und somit heimische Betriebe zu entlasten. Andererseits wird der Expat Service diese internationalen Fachkräfte und ihre Familien in Vorarlberg betreuen, sie mit anderen Expats und Einheimischen vernetzen und somit dafür sorgen, dass sie sich in Vorarlberg willkommen fühlen, wohlfühlen und dann auch gerne bei uns bleiben“, so Zoll weiter.
Enorme Bedeutung von Expats für die heimische Wirtschaft
Wirtschaftskammerpräsident Hopfner betont, dass der qualifizierte Zuzug bereits jetzt einen hohen Stellenwert einnimmt: „Knapp 12 Prozent des österreichischen BIP gehen auf Expats zurück. Allein in Vorarlberg hängen 35.000 Jobs von der Wertschöpfung solcher internationalen Arbeitskräfte ab. Nicht zuletzt deswegen haben bereits sieben von neun Bundesländern einen oder mehrere Expat Services ins Leben gerufen. Mit der Gründung des Expat Service Vorarlberg ziehen wir nun nach.“ Wichtig für den Erfolg internationaler Rekrutierungen seien aber auch die Rahmenbedingungen am Standort, und dort habe Österreich durchaus noch Potenzial, sagt Hopfner und konkretisiert: „Die kürzliche Reform der Rot-Weiß-Rot Karte war ein wichtiger Schritt, um schneller internationale Fachkräfte nach Österreich zu bringen und um für diesen attraktiver zu werden. Das Gebot der Stunde muss aber eine zusätzliche Ausweitung, etwa für Lehrlinge 18+ sein, wenn man zukünftig noch mehr auf qualifizierten Zuzug setzen möchte.“ Ebenfalls entscheidend sei die Gründung der Internationalen Schule in Bregenz, die von der WKV und IV vorangetrieben wurde und noch dieses Jahr ihren Betrieb aufnehmen wird. „Gerade für ausländische Fachkräfte mit Familie ist es essenziell, dass ihre Kinder in Vorarlberg eine qualitativ hochwertige, internationale Ausbildung genießen können“, erklärt der WKV-Präsident. „Der Expat Service und die Internationale Schule bilden eine sehr gute Grundlage für qualifizierten Zuzug und Integration.“
Das Angebot des Expat Service helfe aber nicht nur den Expats beim Zuzug, sondern vor allem auch den vielen Betrieben in Vorarlberg, die bereits seit langer Zeit auf internationales Recruiting setzen und dies auch künftig tun werden, betont Hopfner weiter: „Mit dem Expat Service wollen wir diesen Betrieben helfen, ihre internationalen Fachkräfte besser zu begleiten und länger bei uns im Land zu halten.“
Expat Service nimmt Arbeit auf
Die Notwendigkeit eines solchen Services zeigt auch eine Umfrage unter Expats in Vorarlberg, welche die IV-Vorarlberg gemeinsam mit XiPat durchgeführt hat. So seien knapp 80 Prozent der Expats zwar zufrieden mit ihrem Job, eine Mehrheit fühle sich aber nicht integriert. Beispielsweise geben 71 Prozent an, kaum einheimische Freunde zu haben. Die neue Geschäftsführerin des Expat Service Vorarlberg, Claudia Neumayr, selbst jahrelang Expat in China und in Norwegen, sieht in der Integration den wichtigsten Hebel, um internationale Fachkräfte in Vorarlberg zu halten. „Viele Expats tun sich nach ihrer Ankunft in Vorarlberg schwer, so richtig ‚anzukommen‘. Das liegt manchmal an der Sprache, oft aber auch daran, dass man nur schwer Zugang zu Freundeskreisen findet, die schon oft seit der Volksschule bestehen. In großen Städten, in die es die meisten Expats hinzieht und wo es bereits viele Menschen aus aller Welt gibt, ist dieses Problem ein viel geringeres.“ Entscheidend für den Erfolg internationaler Rekrutierungen sei im ersten Schritt aber natürlich der Umzug selbst. „Eine Mehrheit der Expats, die nach Vorarlberg ziehen, kommen nicht allein, sondern bringen ihre Partner oder Partnerin mit; knapp die Hälfte kommt sogar mit Kindern hier an. Mit Kindern in ein fremdes Land zu ziehen, wo man oftmals die Sprache nicht kann, ist natürlich sehr herausfordernd l – nicht nur für die Expats selbst, sondern auch für die Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer dabei unterstützen wollen. Wir wollen hier überbetrieblich Kompetenzen sammeln und es allen diesen Menschen so einfach wie möglich machen, ihre Zelte in Vorarlberg aufzuschlagen. Neben der Integration wird also die bürokratische Servicierung das zentrale Element unserer Arbeit sein.“, so Neumayr weiter. Dass man den Expats natürlich nicht alles abnehmen kann, sei klar, aber: „Wenn man den Expats den Umzug, die Ankunft und das Leben hier so einfach wie möglich gestaltet, kommen mehr Expats hierher und bleiben auch entsprechend länger. All das wirkt dem Arbeitskräftemangel entgegen und hilft unserer Wirtschaft.“
Betriebe können ab jetzt Mitglied werden
Nachdem der Expat Service am 1. März 2023 offiziell seine Arbeit aufgenommen hat, können Betriebe nun Mitglied werden und so auf diese Leistungen zugreifen. Die Mitgliedsbeiträge sind nach Größe des Betriebs gestaffelt, alle Einnahmen werden für die Betreuung und Begleitung von Expats verwendet. Interessierte Betriebe sowie Expats und alle Interessierten finden weitere Infos und die Kontaktdaten unter www.expat-v.at.