Wohnbauförderung: Familie blickt auf ihr neues zu Hause.
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Vorarlberg setzt neue Maßstäbe zur Schaffung von Wohnraum

Wohnbau ist in Vorarlberg Teil der Lebensinfrastruktur und damit ein wesentlicher Bestandteil nicht nur der hiesigen Lebensqualität sondern auch der kulturellen Identität. Die Schaffung von Wohnraum wird durch die neue Wohnbauförderung nun wieder für viele attraktiver.

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Aktualisiert am 24.05.2024

Vorarlberg  setzt weitere Maßstäbe für eine zukunftsorientierte Wohnbaupolitik. Das Wohnbaupaket, dass im vergangenen Jahr von der Vorarlberger Landesregierung beschlossen wurde, umfasst dabei zahlreiche Maßnahmen, angefangen vom Sonderwohnprogramm Wohnen 550, der Umsetzung eines Studierendenwohnheims, der Forcierung von Sanierungen, der Einrichtung eines Bodenfonds sowie dem Ausbau und der Weiterentwicklung des gemeinnützigen Wohnbaus aber allen voran der Überarbeitung der Wohnbauförderung. Mit den beschlossenen Richtlinen wird ein klarer Fokus auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und die Schaffung von lebenswerten Wohnräumen für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen.

Warum sich die Lage verschärft hat?
Die stark gestiegenen Preise für Grund und Boden, die exorbitanten Errichtungskosten im Wohnbau machen in Kombination mit der hohen Inflation und der derzeitigen Zinssituation am Kapitalmarkt den Eigentumserwerb für viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger nahezu unmöglich. Diese Entwicklung hat auch die Baubranche massiv beeinträchtig. Hohe Energie- und Materialpreise, inflationsbedingt hohe Abschlüsse, sinkende Aufträge, hohe Zinsen und neue Kreditregelungen haben den wichtigsten Konjunkturmotor – der die Baubranche in Österreich definitiv war – mit rund 23 Milliarden Bruttowertschöpfung und 310.000 Beschäftigten in 40.000 Betrieben deutlich zum Stottern gebracht. Bereits 2022 sank die Wertschöfpung in der Bauwirtschaft um 1,2 Prozent, 2023 um 1,5 Prozent. Für das laufende Jahr wurde österreichweit ein Einbruch um 3,5 Prozent prognostiziert. In absoluten Zahlen bedeutet dies einen Wertschöpfungseinbruch von über 1,5 Milliaren Euro. Der Wohnbau schwächelt – dadurch sind neben den Bauträgern und Baufirmen in weiterer Folge auch das Bauhilfsgewerbe und nachfolgende Branchen betroffen. Ausgehend von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung sah sich die Politik gefordert Maßnahmen zur Konjunkturstabilisierung auf den Weg zu bringen, denn in Zeiten in denen der Markt verrückt spielt, muss die Politik Verantwortung übernehmen und reagieren. Mit der Wohnbauförderung des Landes wird  die Möglichkeit geschaffen, Eigentum wieder leistbar zu machen.

Was beinhaltet also die Wohnbauförderung 2024?
Grundsätzlich umfasst die Wohnbauförderung des Landes Richtlinien für Neubauten, Sanierungen und Wohnbeihilfen seit 2009. Die wesentlichen Aspekte der Novellierung sind vielfältig und zeigen eine deutliche Ausrichtung auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Ein zentraler Punkt ist die verstärkte Förderung von energieeffizientem Wohnbau und der Integration erneuerbarer Energien. Diese Maßnahmen sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern tragen auch zur Senkung der Wohnkosten und zur Entlastung des Budgets der Haushalte bei. Darüberhinaus „halten wir bewusst an den sehr günstigen Konditionen für Förderungskredite fest, um den Stellenwert der Wohnbauförderung weiter zu stärken“, betont Landesrat Marco Tittler. Er verweist insbesondere auf die im Vergleich mit dem Markt äußerst günstigen Zinskonditionen. Der Zinssatz für den Förderungskredit startet bei 0,25 Prozent und steigt bis zum Ende des Tilgungszeitraumes (35 Jahre) bis auf 1,5 Prozent. Alternativ kann eine Fixverzinsung über die gesamte Laufzeit von 1,25 Prozent gewählt werden. In Verbindung mit der Anpassung von Kosten- und Preisobergrenzen sowie der für den Bezug der Förderung zulässigen Einkommensgrenzen solle die Nachfrage sowohl im Neubau- als auch im Sanierungsbereich weiter gefestigt werden.

Wie kommt diese Maßnahme in der Praxis an?
Ein aktuelles Stimmungsbild aus der Baubranche zeigt, dass die umgesetzten politischen Maßnahmen bereits eine erste positive Wirkung zeigen: Claudio Kohler, Geschäftsführer der ZIMA Wohnbau GmbH sagt: „Als Reaktion auf die hohen Finanzierungskosten für private Wohnungskäufer konnte mit viel Engagement der Vorarlberger Bauwirtschaft und der Landesregierung eine funktionierende Wohnbauförderung auf den Weg gebracht werden. Österreichweit hat das Vorbildcharakter und vor dem Hintergrund steigender Mietzinsen und dem Immobilienkauf als Schutz vor Unsicherheiten im Alter zeigt die Förderung bereits erste Wirkung, bei Käufern aller Altersschichten.“
Karlheinz Bayer ist Geschäftsführer bei i+R. Auch er zieht eine erste positive Bilanz aus der Novellierung: „Aus Gesprächen mit Wohnungsinteressent:innen wissen wir, dass die strengen Kreditvergaberichtlinien des Bundes für viele eine Hürde beim Wohnungskauf darstellen. Mit den neuen Wohnbauförderungsmaßnahmen des Landes konnten wir feststellen, dass sich bei einigen unserer Kundinnen und Kunden, die zuvor Schwierigkeiten bei der Finanzierung hatten, eine Erleichterung eingestellt hat und sie nun zum Kauf einer unserer Eigentumswohnungen in der Lage waren.“ 
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Förderung von barrierefreiem Wohnraum. Angesichts einer alternden Bevölkerung und dem Bedürfnis nach inklusiven Wohnformen setzt Vorarlberg auf die Schaffung von Wohnungen, die für Menschen jeden Alters und mit unterschiedlichen Bedürfnissen zugänglich sind. Durch finanzielle Unterstützung und gezielte Beratung sollen Bauherren motiviert werden, barrierefreie Wohnkonzepte umzusetzen und somit die Wohnqualität für alle Bewohner:innen zu verbessern.  Wirtschaftslandesrat Tittler hält hierzu fest: „Die Wohnbauförderung ist eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Sie trägt dazu bei, dass jeder Mensch in Vorarlberg die Möglichkeit hat, ein lebenswertes Zuhause zu finden, das seinen Bedürfnissen und seinem Budget entspricht
 
Förderungsätze im Detail
 Im privaten Wohnbau wurden die Basisförderungssätze für verdichtete Bauvorhaben vereinheitlicht und auf 100.000 Euro für Wohneinheiten bzw. 120.000 Euro für  Wohninitiativen erhöht. Bisher lagen die Fördersummen dafür bei 50.000 respektive 100.000 Euro. Darüber hinaus werden zusätzliche Förderanreize durch die Erhöhung der Förderzuschläge für soziale Maßnahmen und ökologisches Bauen geboten. Der Kinderzuschlag wird von bisher 10.000 auf 15.000 Euro angehoben, genauso wie der Heizwärmebedarf. Die Fördersumme für eine Klima-Aktiv-Gold-Zertifizierung liegt nun bei 40.000 und wurde damit um ebenfalls 5.000 Euro erhöht. Ebenso sollen förderbare Käuferinnen und Käufer einer Neubauwohnung, welche die ökologischen Mindestanforderungen (kein Öl, Gas etc.) erfüllen und deren Kaufpreis eine gewisse Obergrenze nicht übersteigt, durch ein Wohnbauförderdarlehen des Landes unterstützt werden. „Die neuen Wohnbauförderungsrichtlinien geben einen wichtigen Impuls und unterstützen potenzielle Wohnungskäufer bei der Schaffung von Eigentum. Die Richtlinien tragen in Kombination mit stagnierenden Kreditzinsen und positiven Lohnabschlüssen wesentlich dazu bei, dass die monatlichen Finanzierungskosten wieder leistbarer werden. Durch die individuellen Zuschläge unterstützt die Wohnbauförderung zusätzlich zielgerichtet Familien und den ersten Eigentumserwerb. Im aktuell herausfordernden Marktumfeld ist die Wohnbauförderung nicht nur ein wichtiges Puzzlestück für die Schaffung von Wohnraum, sondern auch ein Motor für wirtschaftliches Wachstum in der Region.“ betont Florian Eberle, Mitglied der Geschäftsführung bei Atrium.

Einkommenshöchstgrenzen angepasst

Im Zuge der Novellierung der Wohnbauförderung 2024 wurden auch die Einkommenshöchstgrenzen um 10 Prozent angehoben. Die für die Neubauförderung zulässigen Einkommensgrenzen betragen seither monatlich netto bei Haushalten mit einer Person 4.000 Euro, bei zwei Personen sind das netto 7.000 Euro und bei drei oder mehr Personen, 8.250 Euro. „Die neue Wohnbauförderung ermöglicht es insbesondere jungen Menschen, zu besten Konditionen Wohnungseigentum zu erwerben. Sie ist eine Unterstützung, die europaweit ihresgleichen sucht und macht in Vorarlberg Wohnraum wieder leistbar! Wir freuen uns mit unseren Kunden, die dadurch eine realistische Alternative zur Mietwohnung erhalten und Eigentum erwerben können“, schließt Fachgruppenobmann der Immobilienwirtschaft und Panorama Wohnbau Geschäftsführer Günther Ammann.

Immobilien als Zukunftsvorsorge
Neben allen Erleichterungsmaßnahmen für den Eigentumserwerb ist auch zu beachten, dass eine wertstabile Immobilie nicht zuletzt auch eine gute Zukunftsvorsorge darstellt. Stetige Veränderungen sind bereits ein fester Bestandteil unseres Lebens. Eine Investition in Wohnungseigentum bringt Sicherheit, zudem wird in hohe regionale Qualität mit Wertbeständigkeit investiert und die persönliche Lebensqualität größtmöglich bis ins Alter erhalten. Bedarf an Wohnraum ist nach wie vor sehr stark gegeben, die Lebenssituationen der Menschen ändern sich - von der Einzelperson hin zum Paar, vom Paar zur Familie und so weiter. Zuzug besteht aus vielerlei Gründen: anstehender Jobwechsel, oder schlicht der Liebe wegen. Neben all diesen persönlichen Voraussetzungen sich für eine passende Immobilie zu entscheiden, ist der Zeitpunkt für eine Investition aktuell gerade gut. „Klingt komisch - ist es aber nicht“, sagt Hilmar Müller, Fachgruppengeschäftsführer der Bauwirtschaft in der WKV. Das Wirtschaftswachstum in Europa war im Jahr 2023 gedämpft, was natürlich auch den Bausektor beeinflusste. Dabei wirkte vor allem die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hemmend. „Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) deuten aber auf eine Belebung der Gesamtwirtschaft in diesem Jahr hin, jedoch wird nur ein schwaches BIP-Wachstum erwartet“, sagt der Experte. Diese mittelfristig zu erwartende wirtschaftliche Konsolidierung wird sich zwangsläufig auf die zukünftigen Immobilienpreise niederschlagen. Denn – in den vergangenen Jahren lag die Immobilien-Wertsteigerung stets über dem VPI (Verbraucherpreisindex). Im Vergleich zu diesen Jahren ist derzeit eine recht stabile Preissituation gegeben, sowie eine Seitwärtsbewegung der Baukosten spürbar.
„Die hohe Inflation ist bei den derzeit am Markt verfügbaren Objekte nicht eingepreist“, hält Müller fest und führt weiter aus - „bei zukünftigen Bauten werden die allgemein hohen Lohnabschlüsse der Vorjahre aber zu berücksichtigen sein.“ Somit scheint das Zeitfenster für den Eigentumserwerb derzeit günstig – eben auch in Hinblick auf die derzeitige Wohnbauförderung des Landes.