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Standortkonferenz der Wirtschaftskammer: Perspektiven für Wachstum und Wohlstand
Die Standortkonferenz der Wirtschaftskammer Vorarlberg, zu der WKV-Präsident KommR Karlheinz Kopf über 300 Gäste ins Firmament Rankweil geladen hatte, bot eine Plattform für den offenen Dialog zwischen Wirtschaft und Politik zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes.
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WKV-Präsident KommR Karlheinz Kopf betonte in seiner Eröffnungsrede zur Standortkonferenz der Wirtschaftskammer Vorarlberg die wirtschaftliche Stärke der Region, verwies aber auch auf die vergangenen und aktuellen Herausforderungen: „Steigende Energiepreise, geringe Produktivitätszuwächse, hohe Zinsen, Investitionszurückhaltung, Bürokratie, Fachkräftemangel und eine abnehmende Leistungsbereitschaft setzen die Wirtschaft unter Druck. Besonders betroffen ist die exportorientierte Sachgüterproduktion Vorarlbergs, die unter einer anhaltenden Rezession leidet.“
Um dem entgegenzuwirken, forderte Kopf eine offensive Wirtschafts- und Standortpolitik. Unternehmergeist, Innovationskraft und Pioniergeist müssten gestärkt werden, um die Region wettbewerbsfähig zu halten. Die wirtschaftspolitische Agenda „Perspektiven für Wachstum und Wohlstand“ der Wirtschaftskammer Vorarlberg adressiere die entscheidenden Handlungsfelder. Die neue Landesregierung hat in ihr Arbeitsprogramm an prominenter Stelle und sehr umfangreich ebenfalls eine Reihe standortpolitisch wichtiger Projekte aufgenommen.
Hochrangige Standortkonferenz
Die Standortkonferenz der Wirtschaftskammer Vorarlberg – mit vier Regierungsmitgliedern, hochrangigen WKV-Funktionären und Unternehmer:innen – bot eine konstruktive Plattform für den offenen Dialog zwischen Wirtschaft und Politik, um gemeinsam auf Basis der jeweiligen Konzepte tragfähige Lösungen zu diskutieren. Mehr denn je ist in herausfordernden Zeiten eine enge Zusammenarbeit und ein klares wirtschaftspolitisches Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort erforderlich. WKV-Präsident Kopf: „Jetzt gilt es, die identifizierten Maßnahmen zügig umzusetzen. Unsere Betriebe brauchen Planbarkeit, weniger bürokratische Hürden und gezielte Investitionen in Infrastruktur, Innovation und Bildung. Es ist an der Zeit, mutige Entscheidungen zu treffen – für ein starkes, wettbewerbsfähiges und zukunftssicheres Vorarlberg“. Kopf kündigte an, jährlich eine solche Standortkonferenz abhalten zu wollen, um gesetzte Etappenziele zu monitoren und zu überprüfen.
Wirtschaftslandesrat Marco Tittler unterstrich die Zielsetzung der Regierung, den Wirtschaftsstandort Vorarlberg weiter zu stärken. „Mit mehr als 50 Millionen Euro für den Arbeitsmarkt setzen wir gezielt Maßnahmen, um den Fachkräftebedarf zu decken“, sagte Tittler. Schwerpunkte bilden dabei unter anderem die Stärkung der dualen Ausbildung, Aus- und Weiterbildung sowie Rekrutierung. Auch in der Steuerpolitik brauche es gezielte Entlastungen. „Die Steuerfreiheit für Überstunden und eine attraktivere Regelung für Arbeiten im Alter wären wichtige Anreize für mehr Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit“, erklärte der Landesrat. Ebenso setze die Regierung auf eine integrative Verkehrspolitik, die Straße und Schiene gleichwertig betrachtet und gezielt in Infrastruktur und Mobilität investiert. In der Raumplanung sei es entscheidend, Unternehmen die nötigen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. „Mit der strategischen Entwicklung von Betriebsgebieten schaffen wir gezielt Perspektiven für die Wirtschaft“, betonte Tittler. „Wir setzen auf ein klares wirtschaftspolitisches Bekenntnis und eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, um Vorarlberg als starken Wirtschafts- und Wohnstandort langfristig abzusichern.“
In vier Panels wurden mit Expert:innen-Inputs und anschließenden Diskussionsrunden über standortrelevante Themen diskutiert. Klare Botschaft: Eine starke Standortpolitik müsse nachhaltiges Wachstum ermöglichen, Innovationsdynamik fördern und KMU sowie Start-ups den Zugang zu Forschungsnetzwerken erleichtern. Auch Investitionen in schulische und vorschulische Bildung, Infrastruktur, Raum für die Wirtschaft, leistungsfähige Verkehrsanbindungen und eine sichere sowie leistbare Energieversorgung seien unerlässlich. Vorarlberg solle sich als führendes Innovationszentrum etablieren und eine wirtschaftlich starke, lebenswerte Zukunft sichern.
„Moderne Infrastruktur als wesentlicher Standortfaktor"
Martin Assmann, ehemaliger Leiter von Vision Rheintal, betonte in seinem Input, dass man aus raumplanerischer Sicht, hochentwickelte Standorte für die Wirtschaft verfügbar machen müsse. Unternehmer Wolfram Senger-Weiss sprach in puncto Verkehrsinfrastruktur von einem „Armutszeugnis – S18“ und von einem seit Jahrzehnten ungelösten Problem. Er habe das Gefühl, man versuche, Verkehr zu verhindern, statt zu entwickeln. Die strikte Trennung zwischen Straßen- und Schienenverkehr sei überholt, vielmehr brauche es eine moderne Infrastruktur, die alle Verkehrsträger integriert. Genauso dringend sei eine verlässliche Schienenverbindung für den Güterverkehr nach Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner Vorarlbergs. „Gute Schiene, böser Straßenverkehr – diese Erzählung stammt aus dem vergangenen Jahrhundert“, sagte Landesstadthalter Christof Bitschi. Bezüglich S18 sei er guter Dinge, dass es jetzt endlich etwas weitergehe. Von der Politik gäbe es ein klares Bekenntnis zur produzierenden Wirtschaft. Die Vize-Präsidentin der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Petra Kreuzer, sprach sich aus raumplanerischer Sicht für ein Funktionsflächenkonzept aus. Ziel ist es, eine klare und nachhaltige Vision für die Nutzung wichtigen Flächen über das gesamte Land zu entwickeln. Ebenso wurde die Bedeutung einer stärkeren interkommunalen Zusammenarbeit hervorgehoben. Im Sinne einer sozialen Infrastruktur schnitt Kreuzer das Thema Kinderbetreuung an, auch deshalb, um hochqualifizierte Mütter und Väter (Stichwort Fachkräfte) rasch wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
„Wege aus dem Labyrinth der Bürokratie“
Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria, verdeutlichte die zunehmende Regulierungsflut, die heimische Unternehmen massiv belastet. Zwischen 2019 und 2023 wurden 13.000 neue EU-Vorgaben verabschiedet – in Österreich häufig noch strenger umgesetzt als nötig (Gold-Plating). Die Folgen sind alarmierend: Rund 6,6 Prozent der gesamten Personalkapazität eines Unternehmens entfallen auf bürokratische Pflichten – das entspricht bis zu drei Prozent des Gesamtumsatzes. Landesrat Daniel Allgäuer verwies auf die vom Land geplante Bürokratie-Abbaustelle, während der WKV-Vizepräsident Edi Fischer vor allem das Golden Plating in Österreich kritisierte: „In den USA wird innoviert, in China gearbeitet, während in Europa reguliert wird.“ Die Gemeindeverbands-Präsidentin Andrea Kaufmann wünsche sich, dass den Behörden mehr Spielräume gegeben werden, um schneller, klarer vollziehen zu können.
„Entwickeln wir gemeinsam die Fachkräfte von morgen“
„Ohne qualifizierte Fachkräfte können unsere Unternehmen nicht wachsen“, betonte Bildungsexperte Thomas Mayr. Österreich hat eines der teuersten Schulsysteme Europas, dennoch haben 25 Prozent der Jugendlichen massive Defizite beim sinnerfassenden Lesen, Schreiben und Rechnen – eine alarmierende Entwicklung mit direkten Folgen für den Arbeitsmarkt. Das bestätigte auch Unternehmer Arno Reisch in der anschließenden Diskussionsrunde. Dabei wurden zentrale Maßnahmen identifiziert, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Für Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink benötige Lehre als attraktiver Karriereweg abseits der Matura mehr Aufmerksamkeit. Ebenso müssen die Grundkompetenzen der Schüler:innen gestärkt werden. Sie hob hervor, dass eine evidenzbasierte Bildungspolitik hier notwendig sei. Gemeinsam mit der WKV wurde ein Bildungsmonitoring geschaffen. Bernhard Bereuter, Landesgeschäftsführer des AMS Vorarlberg stellte klar, dass es mehr Unterstützung für Quereinsteiger:innen und unqualifizierte Arbeitskräfte bedarf.
„Stärkung der Innovationskraft durch ein dynamisches Umfeld“
Im abschließenden Panel ging es dann um Innovation, respektive um die Frage, inwieweit „Innovationskraft durch ein dynamisches Umfeld“ gestärkt werden kann. Gerlinde Pöchhacker-Tröscher, die mit ihrer Agentur unter anderem auf die Förderberatung von Unternehmen spezialisiert ist, erstaunte dabei mit der Aussage, dass Vorarlberg wegen fehlender universitärer und außeruniversitärer Strukturen nur 0,13 Prozent (!) der nationalen F&E-Mittel lukriert. Ihr Rat: Durch eine Vorarlberger Offensive, in der alle wesentlichen Wissenschafts- und Forschungsakteure versammelt sind, deutlich mehr Bundesmittel für F&E zu holen. „120 Millionen Euro“, sagte Pöchhacker-Tröscher, „müssen das Ziel sein.“ Wirtschaftslandesrat Marco Tittler betonte, dass Vorarlberg bei F&E-Förderungen nicht benachteiligt werden dürfe. Er sagte auch: „Wir setzen auf gezielte Initiativen mit bestehenden Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie starke Netzwerke, um die Innovationskraft in Vorarlberg zu stärken.“ Die Landesregierung werde sich intensiv dafür einsetzen, künftig mehr F&E Mittel nach Vorarlberg zu holen. Thomas Lorünser, CEO von PHOTEON Technologies, nannte spannende Beispiele aus der Praxis seines Unternehmens, stellte dabei aber auch fest: „Innovation ohne Kooperation ist nicht möglich.“ Über die eminent hohe Bedeutung von Innovation für den Wirtschaftsstandort waren sich bei der von WKV-Vizepräsident Stefan Hagen geleiteten Diskussion alle einig.
Fotos: Matthias Rhomberg