KI – Echte Hilfe oder schlechter Hype?
Rund 1.000 Besucher:innen gingen gestern Donnerstagabend dieser Frage im Montforthaus Feldkirch nach. Die Wirtschaftskammer Vorarlberg bat neben Digitalisierungs-Staatssekretär Florian Tursky die renommierten KI-Expertinnen Tristan Post und Alexandra Ebert auf die Bühne, um zu erklären, wie künstliche Intelligenz Unternehmen transformiert und wie man KI verantwortungsvoll einsetzt, um nachhaltig davon zu profitieren.
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Künstliche Intelligenz ist zweifellos eines der faszinierendsten, aber auch kontroversesten Themen unserer Zeit. Die Technologie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir arbeiten, leben und interagieren, grundlegend zu verändern. Doch zugleich begegnen uns auch viele Fragen und Unsicherheiten. Ist KI eine echte Hilfe für Unternehmen oder nur ein aktueller Hype? Gibt es reale Anwendungen, die Unternehmen einen Mehrwert bieten, oder sind die Versprechungen von KI übertrieben? Wie wird KI unser Zusammenleben und unsere Geschäftsmodelle verändern?
Diesen wichtigen Fragen ging die Wirtschaftskammer Vorarlberg gestern Abend im Montforthaus Feldkirch vor rund 1.000 Gästen aus Wirtschaft und Politik nach, und durfte dazu die hochkarätigen KI-Expert:innen Tristan Post und Alexandra Ebert gemeinsam mit dem Staatssekretär für Digitalisierung, Florian Tursky, am Podium der Veranstaltung begrüßen.
Transformation in den Unternehmen
Tristan Post, KI-Experte, freier Berater und Lehrender an der Technischen Universität München: „Der Durchbruch von generativer KI und Tools wie ChatGPT, Midjourney und ähnlichen Entwicklungen brachten KI in die breite Masse.“ Viele Unternehmen stünden erst am Anfang und seien sich oft unsicher, wo sie anfangen sollen. „Wir erleben gerade, wie KI zunehmend zu einem Gebrauchsgegenstand wird; ähnlich der Entwicklung bei Computern in den 60er- und 70er-Jahren.
Entscheidend ist nun nicht die Frage, wie man KI in einem Unternehmen integriert, sondern wie man mit KI Mehrwert schafft.“ Post unterstützt Unternehmen zu Beginn ihrer KI-Transformation und strebt danach, „mit minimalem Aufwand maximale Wirkung“ zu erzielen.
„Wir müssen zwischen zwei Arten von KI unterscheiden: Schwache KI, die in spezifischen Aufgaben hervorragend ist – teilweise sogar besser als Menschen, wie etwa beim Sortieren von E-Mails in Spam und Nicht-Spam oder dem Erkennen von Krankheiten auf medizinischen Bildern. Und Starke KI, die ähnlich wie Menschen agiert und ihr Wissen in vielen Bereichen anwenden kann. Die Entwicklungen, die wir momentan sehen, gehören zum Bereich der Schwachen KI, selbst fortschrittliche Werkzeuge wie ChatGPT. Bezogen auf die Arbeitswelt bedeutet das, dass Berufe in der Zukunft anders aussehen werden und wir lernen müssen, mit KI zu interagieren“, betont der Experte in den Bereichen KI-Strategie und Unternehmensführung. Unternehmen müssen sich Gedanken darüber machen, eigene Verantwortliche oder gar Teams für das Thema KI einzusetzen.
Post zufolge stimmt es, dass „viele KI-Algorithmen nicht sehr transparent sind und es oft schwierig ist zu verstehen, warum die KI zu einer bestimmten Entscheidung gekommen ist“. Deshalb werde zunehmend an der Verbesserung der Transparenz dieser Algorithmen gearbeitet, um sie fairer zu machen. In der Zukunft erwartet er sich signifikante Fortschritte im Bereich der generativen KI. „Diese wird zunehmend autonomer und bietet die Möglichkeit, auf Unternehmensebene autonome Agenten zu entwickeln, die auf dem Wissen, den Daten und Prozessen eines Unternehmens basieren“, erklärt Post.
„Responsible AI“
Für die KI-Expertin und Chief Trust Officer bei Mostly AI, Alexandra Ebert, wird es diegroße Herausforderung sein, eine Vertrauenswürdigkeit für Unternehmen in Bezug auf KI-Standards zu schaffen. Ihr Hauptanliegen ist eine „Responsible AI“, sprich eine verantwortungsvolle Künstliche Intelligenz. Die wichtigsten Eckpfeiler sind dabei der Datenschutz, die Sicherheit der Systeme, aber auch die Fairness, Diversität, Inklusion und die Nicht-Diskriminierung. Aus ihrer Sicht gehören Daten demokratisiert und entdiskriminiert. Zu sehr dominiere noch in den Daten das Weltbild des weißen Mannes mittleren Alters. Man müsse entgegensteuern, damit dann nicht Stereotype weiterverbreitet werden.
„Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz geht es letztlich immer darum: kann ich dadurch produktiver werden? Kann es mir Arbeit abnehmen? Kann ich neue Dinge machen, die bisher nicht denkbar waren“, sagte Ebert gestern im Montforthaus Feldkirch. KI als Selbstzweck einzusetzen, wäre aus Ihrer Sicht falsch. Achtsamkeit sei sehr wichtig. Alexandra Ebert vertritt die Meinung, dass KI eine Grundlagentechnologie wird, ähnlich wie Strom. „Was ich hoffe bzw. wo wir noch Schritte setzen müssen, um das in Österreich und Europa möglich zu machen, ist, dass KI auch gesellschaftlich für den sogenannten ,social impact‘, die Potenziale realisieren kann, die man ja immer wieder damit in Verbindung bringt, gerade in den Bereichen Medizin, Klimawandel.“
Weder Ebert noch Post sehen durch KI Arbeitsplätze in Gefahr.
Regulatorien auf europäischer Ebene
Das betont auch Digitalisierungs-Staatssekretär Florian Tursky. Er sei froh, dass über Chancen gesprochen werde und diese bei der WKV-Veranstaltung in den Mittelpunkt gerückt werden. Für ihn ist KI die logische Konsequenz einer Digitalisierung. Die Politik sei dabei gefordert, Unternehmerinnen und Unternehmer zu ermutigen, diese neue Technologie zu nützen und ihnen auch das notwendige Werkzeug für die effiziente Nutzung dafür in die Hand zu geben. Vor allen Dingen große Datensysteme, gepaart mit notwendigen Förderinstrumenten.
„Die rasanten technologischen Entwicklungen und weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft zeigen daher den politischen Handlungsbedarf für eine klare gesetzliche Regulierung deutlich.“ Tursky spricht dabei auch den AI-Act auf europäischer Ebene an. Es handelt sich dabei um die weltweit erste Regulierung, in der unterteilt wurde: Es gibt Dinge in der Künstlichen Intelligenz, die darf es in Europa nicht geben, jene, die es nur unter großen Auflagen geben darf und jene, die etwas geringere Auflagen haben, wie der Netflix-Algorithmus zum Beispiel.
„Was am Arbeitsmarkt passieren wird, hängt wohl davon ab, wie wir dieser neuen Technologie begegnen. Wenn wir die Herausforderung annehmen, dann kann KI eine große Chance für uns sein“, sagt Landeshauptmann Markus Wallner. Er ist aber auch der Meinung, KI müsse einen Nutzen und eine Wertschöpfung bringen und uns insgesamt als Menschheit aber vor allem als Gesellschaft weiterbringen. Nicht alles ließe sich letztlich durch KI lösen, sagte der Landeshauptmann, denn KI hätte nur eine eingeschränkte Gabe, in die Zukunft zu blicken, daher wäre es notwendig weiter in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Für Landesrat Marco Tittler hat Vorarlberg immer schon von der Umsetzung und Zulassung technologischer Entwicklungen profitiert. Als Basis sieht er die schulische Ausbildung und die Vermittlung von Fähigkeiten, die das 21.Jahrhundert erfordert. „Die Zukunft gehört den Mutigen“, sagt der Landesrat und spricht Initiativen wie MINT oder Code4Talents an
Strategien und Beratung
Der Gastgeber des Abends, Wirtschaftskammerpräsident Wilfried Hopfner, ist davon überzeugt, dass die Integration von KI-Technologien in Unternehmen enorme Chancen bietet, sei es in der Effizienzsteigerung, der Produktinnovation oder der Erschließung neuer Märkte. „Gleichzeitig verstehen wir jedoch auch die Bedenken und Fragen aus ethischer Sicht, welche sich in diesem Zusammenhang ergeben“, sagt der WKV-Präsident.
Daher entwickelt die Wirtschaftskammer Vorarlberg in Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Pläne und Strategien, um ihre Mitglieder bei der Bewältigung dieser Herausforderungen bestmöglich unterstützen zu können. Dazu gehören unter anderem Schulungs- und Weiterbildungsprogramme, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Veränderungen vorzubereiten, sowie Beratungsleistungen zur Integration von KI in bestehende Geschäftsmodelle. Wilfried Hopfner: „Konkret möchten wir unsere Mitglieder inspirieren und dabei unterstützen, die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz bestmöglich zu nutzen. Aus diesem Grund haben wir bereits digitale Veranstaltungen entwickelt, die auf Anwendungsbeispielen basieren und die gängigsten KI-Tools erklären. Für die Qualifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet das WIFI diverse Kurse rund um das Thema an. Zusätzlich haben wir Richtlinien zur sicheren Anwendung von KI im eigenen Unternehmen und im Umgang mit Kundinnen und Kunden gestaltet. Diese Richtlinien sollen unseren Mitgliedern dabei helfen, rechtliche Sicherheit zu schaffen und die Chancen der KI-Integration bestmöglich zu nutzen“.
Im Mittelpunkt des Fahrplan KI 2024+ stehen die Unterstützung und Servicierung der Vorarlberger Wirtschaft, damit die vielen Eigeninitiativen optimal unterstützt werden können und der Wirtschaftsstandort über die absehbaren Entwicklungsschritte zukunftsfit gemacht werden kann.