Arbeitsmarkt-Situation: Ehrliche Diskussion über Lösungen
Eine der größten aktuellen Herausforderungen für die Wirtschaft stellt die Arbeitsmarktsituation dar. Die Wirtschaftskammer Vorarlberg plädiert daher für eine Attraktivierung von Arbeiten in der Pension, den Ausbau der Steuerbegünstigung von Überstunden, für eine Ausweitung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und eine praxisnähere Rot-Weiß-Rot-Karte.
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Die Gründe der aktuellen Situation sind vielschichtig und unter anderem begründet: demographisch durch das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben und den vermehrten Wunsch der Dienstnehmenden Richtung Teilzeitarbeit.
„Es wird notwendig sein, an verschiedenen Stellschrauben zu drehen. Nur so können wir die aktuell größte Wachstumsbremse – den Arbeitskräftemangel – lösen“, betont WKV-Präsident Wilfried Hopfner. Daher gelte es, die verschiedenen Lösungsansätze in konstruktive Diskussionen und vor allem aber in entsprechende Umsetzungsschritte zu bringen.
Dabei werde die weiterhin konsequente Nutzung weiterer Digitalisierungsmöglichkeiten einen Beitrag leisten können.
Ausbau der Kinderbertreuung
„Damit mehr Frauen ihre Chancen am Arbeitsmarkt nutzen können, müssen wir im Land - mit Bundesunterstützung - in diesem Jahr Fortschritte machen, damit Familie und Beruf nicht nur Schlagworte bleiben“, erklärt der WKV-Präsident. Dazu gehöre auch der Ausbau der Kinderbetreuung, um es vielen Frauen zu ermöglichen, in den Arbeitsmarkt einzutreten oder ihre Wochenarbeitszeit zu erhöhen. Ganztägige Betreuungsplätze an Schulen sollten ausgebaut werden.
Fachkräfte von außen
Seitens der Bundesregierung erwarte man eine Klarstellung, wie es gelingen kann, für den Arbeitsmarkt auch ausländische Fachkräfte für eine langjährige Mitarbeit gewinnen können. „Die Rot-Weiß-Rot-Card muss weiterentwickelt werden. Sie ist immer noch zu kompliziert in der Umsetzung und die Genehmigungspraxis oftmals zu wenig unternehmerfreundlich“, betont Hopfner.
Um etwa die Integration von ukrainischen Staatsbürger:innen in Österreich zu unterstützen, brauche es einen freien Arbeitsmarktzugang (ermöglicht auch die Arbeitskräfteüberlassung) sowie eine langfristige Bleibeperspektive wie Umstieg auf die Rot-Weiß-Rot–Karte plus und einen erleichterten Zuverdienst zur Grundversorgung.
Initiativen wie die Gründung der Internationalen Schule oder das von der Wirtschaftskammer mit der IV erarbeitete Konzept „Expat-Service“ müssen um weitere Ideen und Umsetzungen angereichert werden.
Steuerliche Anreize
Genauso wichtig ist es, Mehrarbeit steuerlich zu entlasten. Egal, ob es um Stundenaufstockungen von Teilzeitbeschäftigten, Überstunden, die Erhöhung der Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld oder die freiwillige Erwerbsarbeit von Pensionisten geht. Für jene, die mehr oder länger arbeiten wollen, müsse sich das auch lohnen.
Das Arbeitszeitgesetz ermöglicht bis zu 20 Überstunden in einer Woche. Steuerbegünstigt sind aber nur die Zuschläge für zehn Überstunden pro Monat – diese Zuschläge sind gedeckelt mit 86 Euro von der Einkommensteuer befreit. Diese Steuerbegünstigung sollte auf 20 Überstunden pro Monat ausgeweitet werden, um damit einen Leistungsanreiz zu bieten.
Potenzial älterer Arbeitnehmer:innen nützen
In Österreich sind nur rund 32 Prozent der 60- bis 64-Jährigen erwerbstätig, während in Deutschland noch fast 63 Prozent in dieser Altersgruppe arbeiten. WKV-Präsident Hopfner: „Wir wissen, dass es ein enormes Potenzial an Menschen gibt, die das Regelpensionsalter erreicht haben, aber dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung stehen wollen. Diesen Leistungswilligen müssen wir die richtigen Anreize geben wie etwa eine Befreiung von Alterspensionist:innen von Pensionsversicherungs-Beiträgen für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. Den Vorschlag von Finanzminister Magnus Brunner und jetzt auch von LH Markus Wallner, das Arbeiten in der Pension attraktiver zu machen, unterstützen wir daher vollinhaltlich.“
Der WKV-Präsident wünscht sich zu all diesen Themen und im Speziellen zum Thema Pensionsantritt eine ehrliche und umfassende Diskussion. „Wir tun uns nichts Gutes, wenn wir uns zurecht darüber freuen, dass wir immer älter werden, aber gleichzeitig ignorieren, dass die Zeiten für das Jung sein und für die Ausbildung bzw. unsere Pensionsjahre mehr Zeit ausmachen, als die Jahre, in denen wir im Erwerbsleben stehen“, sagt Hopfner. Aus seiner Sicht greife die derzeitige Diskussion noch viel zu kurz – „wir werden diese ausweiten und auf eine neue sachliche Ebene heben müssen.“