52. Vorarlberger Bautage: Trotz Veränderungen - Branche zeigt Stärke
Traditionell treffen sich Vorarlbergs Bauunternehmer zu Jahresbeginn zum Branchenaustausch im Rahmen der Vorarlberger Bautage. Auch das Jahr 2024 wird geprägt sein von großen Herausforderungen, nach wie vor sind die Zinsen und die Energiepreise hoch. Ebenso haltet sich die Inflation leider hartnäckig auf hohem Niveau. Die Vorarlberger Bauwirtschaft ist klar gewillt, den rauen Rahmenbedingungen die Stirn zu bieten.
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Abseits der konjunkturell durchwachsenen Aussichten wurden Teilnehmende aus ganz Österreich zu den 52. Vorarlberger Bautagen in Tschagguns begrüßt. Ein Highlight der Veranstaltung bildete der Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Sven Bienert, welcher einen regionalen und europäischen Konjunkturausblick der Immobilienwirtschaft beinhaltete.
Wie in den Vorjahren wurden am zweiten Tag die Konjunkturdaten des vergangenen Jahres durch Vertreter der Bundesinnung Bau präsentiert und erläutert. Im Anschluss daran wurden landes-spezifische Wirtschaftsdaten sowie anstehende Großprojekte des Landes durch Landesrat Marco Tittler dargelegt.
Stabile Branche mit Bodenhaftung
Die heimischen Bauunternehmen beurteilen die aktuelle Situation realistisch, sowohl was die Auftragslage als auch sinkende Erträge durch hohe Material- und Energiekosten betrifft. Die Bauwirtschaft ist eine krisenerprobte Branche und agiert auch in schwierigen Situationen mit Bodenhaftung und einer langfristigen Perspektive. Entsprechend stellt sich auch die Personalplanung dar, die Vorarlberger Bauunternehmen sind zumeist Familienbetriebe mit einer hohen Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden. Facharbeiter sind nach wie vor gesucht und werden auch in schwierigen Zeiten gehalten.
Wohnbau nach wie vor unter Druck
Prof. Bienert von der International Real Estate Business der Universität Regensburg berichtete über mehrere große deutsche Projektentwickler (Gerchgroup, Development Partner, etc.) die vergangenes Jahr in die Insolvenz gerutscht sind; weitere stünden stark unter Druck. Mit einer ganzen Serie von Gesellschaftsinsolvenzen rund um die Signa Gruppe des Entwicklers René Benko (kolportierte Passiva im zweistelligen Milliarden Bereich) ist die Situation in dramatischer Weise nun auch in Österreich angekommen.
Der Wohnbau in Vorarlberg, mit einem Marktanteil von (früher) über einem Drittel an der Vorarlberger Bauproduktionsleistung, ist praktisch zum Erliegen gekommen. Die Ursachen dafür sind komplex, großteils von überregionalen/globalen Faktoren bestimmt aber teils auch selbst verursacht. Eine nur national geltende Verordnung zur Regelung von Privatkrediten, erscheint im Lichte der Vorgänge rund um die Signa Holding für den Normalbürger nur schwer erklärlich. Es erweckt den Anschein, dass bei Großkrediten von mehreren Hundert Millionen allfällige Fragen nach Eigenmittelanteilen oder Tilgungsquoten nicht derart scharf gestellt bzw. geprüft werden. Obwohl gebetsmühlenartig versichert wird, dass heimischen Banken kein Schaden entstehen wird, da die vergebenen Kredite ja durch Immobilien besichert sind, verbleibt beim Wohnungsinteressenten ein schaler Beigeschmack. Auch bei Krediten für Wohnungseigentum von jungen Familien, Paaren, etc. würde die Immobilie doch in gleicher Art die Sicherheit darstellen.
Licht am Ende des Tunnels
Mit den neuen Wohnbauförderungsrichtlinien wurden Voraussetzungen geschaffen, dass Eigentum leistbar wäre – es scheitert mitunter an den fehlenden Immobilienkrediten. Mit der Hoffnung, dass sich die Zinssituation in der zweiten Jahreshälfte 2024 entspannt, werden Rückzahlungen (gerade in Zeiten der Inflation) langfristig möglich. Wir wollen keinesfalls eine Generation junger Menschen aus Vorarlberg verlieren, die sich in bei uns keine eigene Existenz mehr aufbauen kann. Man sollte den jungen Menschen die Chance geben, Eigentum zu erwerben, wenn sie bereit sind, sich dafür auch einzusetzen.
Ein weiteres Thema ist die langjährige Forderung nach Erhöhung der Baunutzungszahlen, was im Bezug zur Fragestellung des Bodenverbrauchs zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aktuell liegt es im Ermessen von Bürgermeister samt Planungs- und Gestaltungsbeirat, ob bei Baunutzungszahlen weiterhin restriktiv vorgegangen wird, oder ob im Sinne von leistbarem Wohnraum die Fragesellungen nach echter städtebaulicher Entwicklung durch höhere Baunutzungszahlen zugelassen wird. Städtebauliche Entwicklung sollte im Betrachtungszeitraum von 80 bis 100 Jahren bewertet werden.
Auftragslage im öffentlichen und gewerblichen Bau
Wenn der Wohnbau-Bereich wegbricht, liegen die Hoffnungen für 2024 umso mehr im öffentlichen und im gewerblichen Bereich. Im öffentlichen Hochbau wird zwar mit einem leichten Rückgang gerechnet, die Auftragslage im Tiefbaubereich wird stabil bleibend erwartet. Auch der Industrie- und Gewerbebau werden mit einem prognostizierten leichten Auftragsrückgang als stabil eingeschätzt.