Erfolgreiche Innovationsreise: Web Summit 2023 Lissabon
Lesedauer: 10 Minuten
Mit insgesamt 10 Teilnehmenden erlebte die Delegation der Fachgruppe UBIT gemeinsam mit der Außenwirtschaft Vorarlberg vier Tage voller Inspiration, Networking und wegweisender Einblicke in die Welt der Technologie und Innovation. Exklusive Programmpunkte wie ein Empfang in der österreichischen Botschaft, die Austria Night im Wissenschaftsmuseum Ciencia Viva und Best of Web Summit-Briefings am Österreich Stand standen für die Teilnehmer:innen auf der Tagesordnung. Die persönliche Betreuung vor Ort durch das Außenwirtschaftscenter Lissabon schuf eine optimale Umgebung für den Austausch von Ideen und die Förderung von Geschäftsmöglichkeiten.
- Über 70.000 Besucher:innen in der Altice Arena
- Teilnehmende aus 153 Ländern, was die globale Reichweite und Attraktivität der Konferenz unterstrichen.
- Mehr als 800 Speaker:innen.
- Frauenanteil: 43% der Teilnehmenden waren Frauen, und auf den Podien fanden sich mehr als 38 % Speakerinnen, der höchste Prozentsatz bisher.
Einige Höhepunkte des Web Summit 2023:
- KI und Arbeitnehmerrechte: Meredith Whittaker, Präsidentin von Signal und ethische KI-Forscherin, warnte davor, dass KI zwar nicht unbedingt Arbeitnehmer:innen ersetzt, aber als Vorwand für Arbeitgeber dienen könnte, die Arbeitsbedingungen derjenigen zu verschlechtern, die KI anwenden.
- Die Rolle von KI: Albert Wenger, Geschäftsführer von Union Square Ventures, skizzierte eine positive Vision für KI und argumentierte, dass sie die Menschheit von unnötiger Arbeit befreien könnte anstatt zu Jobverlusten zu führen. Er plädierte zudem für ein bedingungsloses Grundeinkommen.
- Regulierung und KI-Innovation: Andrew McAfee, leitender Forschungswissenschaftler am MIT, warnte davor, dass verstärkte Regulierung von KI Innovation behindern könnte und sprach sich für einen Ansatz der „erlaubnislosen Innovation“ aus.
- Frauen in der Technik: Clara Chappaz von La French Tech betonte die Notwendigkeit gemeinsamer Verantwortung für Geschlechtergleichheit in der Technik. Es sei bemerkenswert, dass Diskussionen über Gleichstellungsfragen in der Regel von Frauen dominiert werden, obwohl die Verantwortung für eine größere Geschlechtergleichstellung von allen getragen werden müssen.
- Können Maschinen den Planeten retten? Melanie Nakagawa, Chief Sustainability Officer von Microsoft, präsentierte eine Vision, wie KI uns dabei helfen könnte, die Klimakrise zu bewältigen beispielsweise durch KI-Lösungen zur Reduzierung von Energieverlusten in Stromnetzen.
Künstliche Intelligenz (KI) ersetze zwar nicht unbedingt Arbeitnehmer:innen, aber biete Arbeitgeber:innen "einen Vorwand, die Arbeitsbedingungen derjenigen, die diese KI-Systeme anwenden und verwalten, zu degradieren", warnte die Signal-Präsidentin und ethische KI-Forscherin Meredith Whittaker in ihrem Eingangs-Statement. Unter Verweis auf Beispiele wie Uber und die breitere Gig-Economy (so wird ein Teil des informellen Arbeitsmarktes bezeichnet, bei dem zeitlich befristete Aufträge flexibel und kurzfristig an Arbeitssuchende, Freelancer oder geringfügig Beschäftigte vergeben werden) sagte Whittaker, dass Politiker:innen und die Öffentlichkeit "von den glänzenden Versprechen der Technologie abgelenkt" seien, während in Wirklichkeit "die Verschlechterung des Beschäftigungsstatus weltweit" stattfinde. Die Gefahr gehe weniger von der Technologie selber aus als von der Handvoll großer Konzerne, die KI entwickeln und kontrollieren. Deren Interessen liegen im Profit, Wachstum und Wohlwollen der Aktionär:innen und nicht notwendigerweise im gesellschaftlich "Guten".
Meredith Whittaker ist eine Forscherin und Aktivistin im Bereich KI und Ethik. Sie war Mitbegründerin des AI Now Institute, das an der Erforschung und Bewertung der sozialen Auswirkungen von KI arbeitet. Das Institut wurde an der New York University (NYU) gegründet. Whittaker ist auch bekannt für ihre Arbeit bei Google. Sie war eine der Organisatorinnen der Google-Mitarbeiterproteste im Jahr 2018, die gegen die Art und Weise protestierten, wie Google mit Vorwürfen sexueller Belästigung und anderen ethischen Bedenken umging. Ihre Arbeit konzentriert sich darauf, die Auswirkungen von KI-Technologien auf die Gesellschaft, die Privatsphäre und die Arbeitsbedingungen zu verstehen und aufzuzeigen. Signal ist ein alternativer Messengerdienst, bei dem Datenschutz und die Privatsphäre im Mittelpunkt stehen.
Mehr zum ThemaAlbert Wenger, Managing Partner von Union Square Ventures, skizzierte eine positive Vision für KI und argumentierte, dass sie die Menschheit von unnötiger Arbeit befreien könnte anstatt - wie aktuell debattiert - nur zu Arbeitsplatzverlusten zu führen. Wenger sprach sich zudem für das bedingungslose Grundeinkommen aus: "Wir wollen keine Welt, in der man unbedingt arbeiten muss, um zu überleben. Wenn wir technologisch so weit fortgeschritten sind, sollten wir eine Welt schaffen, in der du, wenn du dich um Tiere kümmern oder die Natur wiederherstellen möchtest, dies tun und dennoch leben kannst". Dies sei auch der Zweck des technologischen Fortschritts. Wenger warnte zudem davor, genehmigungsfreie Innovationen auch auf noch leistungsstärkere Technologien anzuwenden.
Albert Wenger ist ein Venture Capital-Investor und Unternehmer. Als Managing Partner spielt er eine Schlüsselrolle bei der Investition und Unterstützung von Technologie-Startups. Wenger ist bekannt für seine Interessen und Aktivitäten im Bereich Technologie, KI und Blockchain und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Union Square Ventures ist eine amerikanische Risikokapitalgesellschaft mit Sitz in New York City. Das Unternehmen hat mehr als 130 Startups unterstützt, darunter Twitter, Etsy, Stripe, Coinbase, Zynga, Tumblr, Stack Overflow, Meetup, Kickstarter, MongoDB, Flurry und Carta.
Blogbeiträge von Wenger: https://continuations.com/
Wenn wir uns eine stärkere Regulierung und Steuerung von KI und Technologie im Allgemeinen wünschen, sollten wir laut Andrew McAfee, einem leitenden Forschungswissenschafter am MIT (Massachusetts Institute of Technology, USA), weniger Innovation erwarten. McAfee verwies dabei unter anderem auf den EU AI Act, das weltweit erste umfassende KI-Gesetz, und merkte an: "Dieses Gesetz macht ziemlich deutlich, dass mehr Steuerung erforderlich ist, führt jedoch zu mehr ausgegebenem Geld, mehr beschäftigen Anwält:innen und Ingenieur:innen und mehr Zeit, die benötigt wird". "Ich schaue mir das an und fange an, mich ein wenig weniger für diesen "Gegen den Strom-Ansatz" zu begeistern ... ich gehöre zum Team "genehmigungsfreie Innovation'", fügte der Forschungswissenschaftler hinzu. McAfee deutete an, dass genehmigungsfreie Innovation - was in der Realität nur weniger als die komplette Freiheit von Regulierung und Aufsicht bedeutet - eine grundlegende Philosophie impliziert: "Innovation ist eine ziemlich unvorhersehbare, dezentralisierte Aktivität."
Andrew McAfee ist ein amerikanischer Wissenschafter, Autor und derzeit Principal Research Scientist am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er ist bekannt für seine Arbeit im Bereich Technologie, Wirtschaft und KI. Andrew McAfee hat sich intensiv mit den Auswirkungen von Technologie, insbesondere von Automatisierung und KI, auf die Wirtschaft und die Gesellschaft befasst.
Website von McAfee: https://www.andrewmcafee.org/
„Wo sind die Männer?“, fragte Clara Chappaz, Direktorin von La French Tech - einer öffentlichen Einrichtung, die für die Unterstützung des französischen Technologiesektors und Start-up Ökosystems verantwortlich ist - das Publikum während einer Diskussionsrunde zum Thema Frauen in der Technik. Denn Diskussionen über Gleichstellungsfragen werden in der Regel von Frauen dominiert, obwohl die Verantwortung für Geschlechtergleichstellung eine gemeinsame ist. Frauen stellen weniger als 30 % der Beschäftigten im Technologiesektor, weniger als 20 % der Führungspositionen und weniger als 10 % der Gründer:innen. Die Hälfte der Frauen im Technologiesektor verlässt die Branche, wenn sie über 35 Jahre ist. Ohne gezielte Maßnahmen werde sich die Situation nicht verbessern. „Die Anzahl der weiblichen Risikokapitalgeberinnen ist noch schlechter und es gibt fast keine weiblichen Gesellschafterinnen“, so Chappaz. 14 Millionen Technologiearbeiter:innen gibt es weltweit: 11 Millionen Männer und drei Millionen Frauen. Durch die Unterrepräsentation der Hälfte der Bevölkerung ist unklar, welche Ideen übersehen werden. Dabei gehe es um Chancen und Möglichkeiten. Grund zur Hoffnung gebe es aber trotzdem: „Was wir in Frankreich sehen, ist eine erste Generation von Fonds, die ausschließlich in von Frauen gegründete Unternehmen und Start-ups investieren“. Wenn diese Fonds mit von Frauen gegründeten Start-ups neue Märkte erschließen, ist es unvermeidlich, dass sich andere Investor:innen dem anschließen. Dieser Kaskadeneffekt könnte letztlich die Geschlechterbalance in der Technologiebranche herstellen.
Clara Chappaz wurde im November 2021 zur Direktorin der French Tech Mission ernannt. Diese ist ein Teil der französischen Verwaltung, die u.a. für die Unterstützung des Wachstums des französischen Startup-Ökosystems zuständig ist. Die Top Priorität liegt aktuell bei der Herstellung von Geschlechtergleichheit innerhalb der Techwelt. Vor ihrem Eintritt in die French Tech Mission bekleidete Chappaz verschiedene Managementpositionen im Startup-Ökosystem auf der ganzen Welt.
Mehr zum Thema: https://www.joinjfd.com/en/interview-%C2%B7-clara-chappaz-director-of-la-french-tech/
Melanie Nakagawa, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Microsoft, präsentierte eine Vision für die nahe Zukunft, in der KI uns helfen könnte, die Klimakrise zu bewältigen - inklusive der kritischen Sichtweise, dass die für leistungsstärkere KI erforderliche Rechenleistung bereits jetzt extreme Belastungen für stromerzeugende Netze verursacht. Die KI der nächsten Generation gehe mit nochmal erhöhten Ressourcenanforderungen einher, habe aber auch die Kraft, enorme Möglichkeiten im Bereich Nachhaltigkeit zu entfalten. Nakagawa skizzierte mehrere aktuelle Beispiele wie KI-gestützte Audiotechnologie, die den Verlust und die Verschwendung von kommunalem Wasser massiv reduzieren kann, sowie eine KI-Lösung zur Reduzierung von Energieverlusten in Stromnetzen. Die Integration erneuerbarer Energien in elektrische Netze könnte beschleunigt werden, Lösungen für die Energiespeicherung entwickelt und Lebensmittelverschwendung reduziert werden. Dahingehend biete KI mindestens drei bahnbrechende Möglichkeiten: komplexe Systeme messen, vorhersagen und optimieren; die Entwicklung von Nachhaltigkeitslösungen beschleunigen und Arbeitskräfte, die im Bereich Nachhaltigkeit tätig sind, stärken, indem gezieltes Training und KI-Unterstützung ermöglicht wird.
Melanie Nakagawa ist Chief Sustainability Officer bei Microsoft. Nakagawa ist seit zwei Jahrzehnten an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Technologie tätig und arbeitet darauf hin, die Kraft von Technologie und Innovation zur Förderung von Nachhaltigkeit einzusetzen. Sie leitet Microsofts ehrgeizige Pläne, ein kohlenstoffnegatives, wasserpositives und abfallfreies Unternehmen zu werden. Zuletzt war sie als Sonderassistentin von Präsident Biden und als Senior Director für Klima und Energie im Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus tätig.
Mehr zum Thema: https://blogs.microsoft.com/on-the-issues/2023/11/16/accelerating-sustainability-ai-playbook/
KI-Systeme analysieren Daten, erkennen Muster und wandeln diese Muster in Ergebnisse um. Sie können unser Verhalten nachahmen und das, was wir ihnen zeigen, in neue Kombinationen einfließen lassen. Dennoch, so Cassie Kozyrkov, ehemals Chief Decision Scientist bei Google, gebe es vier wesentliche Tätigkeitsfelder, die weiterhin ausschließlich menschlich bleiben werden: Entscheidungsfindung, Design/Innovation, Kunst und echte soziale Interaktion. Diese Handlungsfelder erfordern einzigartiges menschliches Denken, während KI vor allem repetitive und vorhersehbare Aufgaben automatisieren könne und keine hohe kognitive Beteiligung, Kreativität oder kritisches Denken erfordere (im Fachjargon auch als "Thunking" bezeichnet). KI sollte dennoch als Chance gesehen und als Werkzeug genutzt werden, um mehr Zeit fürs Denken freizusetzen, wodurch wiederum Innovation und Fortschritt vorangetrieben werde. Neben der Angst vor dem Unbekannten und den Schmerzen des Wandels gebe es allerdings eine sehr reale Gefahr für das traditionelle Management. Das Verwalten von Denken ist nicht dasselbe wie das Verwalten von "Thunking", aber wir alle sind in einer jahrhundertealten Tradition gefangen, in der sich Manager:innen mit dem befassten, was am einfachsten gemessen und verwaltet werden kann: "Thunking", nicht Denken. Arbeitsstunden, abgelegte Papiere, bearbeitete Kund:innenanfragen. Menge ist so viel einfacher zu managen als Qualität. Jede:r, der für einen unflexiblen und traditionellen Manager:in arbeitet, sollte zumindest ein wenig besorgt sein, so Kozyrkov.
DIE Fähigkeiten der Zukunft:
- Entscheidungsfreude
- Verständnis von Design
- Kreativität
- Kommunikation
- Problemlösungskompetenz
- Verständnis von Zusammenhängen
- Zwischenmenschliche Kompetenz
- Zusammenarbeit
- Vertrauen
- Anpassungsfähigkeit
Cassie Kozyrkov ist aktuell CEO bei Data Scientific Inc. und war Chief Decision Scientist bei Google. In ihren Tätigkeiten kombiniert sie Fachkenntnisse in den Bereichen Statistik, Datenwissenschaft und maschinelles Lernen, um Entscheidungen innerhalb des Unternehmens zu verbessern. Sie setzt sich für die Förderung eines besseren Verständnisses von Datenwissenschaft und künstlicher Intelligenz ein und teilt ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in verschiedenen Foren. Data Scientific Inc. bietet Begleitung und Beratung zu Wissen aus Daten und Beratungsleistungen für maschinelles Lernen.
Mehr zum Thema: https://kozyrkov.medium.com/ai-and-the-future-of-work-what-stays-100-human-9007b3d1aeaa
Das Web Summit 2023 endete als Rekordveranstaltung und bot den Teilnehmenden nicht nur wertvolle Einblicke, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung ihrer Projekte und Netzwerke.