Effizientes Lüften im Handel
Das richtige Raumluftkonzept gegen dicke Luft in Geschäftsräumen
Lesedauer: 9 Minuten
Frischluft und ausreichend Sauerstoff sind das A und O für ein angenehmes und gesundes Raumklima – sie fördern auch Wohlbefinden und Kauflust Ihrer Kund:innen. Wer mag schon an einem Ort shoppen, in dem dicke Luft herrscht?
Warum sollten Sie diesen Leitfaden lesen?
Eine optimale Raumluft hilft auch Kosten für Heizung und für Kühlung zu sparen. Manchmal ist es gar nicht so einfach, immer die richtige Temperatur und Luftqualität zu gewährleisten. So viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Wir zeigen Ihnen in diesem Leitfaden, wie Sie in Ihren Verkaufsräumen bestens durchatmen und gleichzeitig Energie sparen können
Wie sollten Sie diesen Leitfaden lesen?
Wir wissen, dass nicht jede Person gleich viel Einfluss auf genutzte Räumlichkeiten und die installierten Systeme nehmen kann - nur selten sind Sie selbst auch im Besitz des Standorts; manchmal nutzen Sie nur ein Stockwerk, manchmal nur einen Raum; Sie sind eingemietet oder befinden sich in einem denkmalgeschützten Gebäude.
Dieser Leitfaden soll Ihnen einen Einblick in die Möglichkeiten zur Setzung von Effizienzmaßnahmen rund um das Thema "Lüften" geben – von kleinen [basic] Schritten, die Sie in fast jedem Eigentumsverhältnis setzen können, bis hin zu aufwendigeren [advanced] Maßnahmen, die meist Unterstützung vom Profi benötigen. Potentiale aus dem Bereich [professional], die außerdem auch gewisse Freiheiten im Umgang mit den Räumlichkeiten voraussetzen – zumindest aber mit Vermieter:innen oder Eigentümer:innen besprochen werden können – sind in diesem Leitfaden ebenso integriert.
Sie nehmen sich einfach das mit, das in Ihrer aktuellen Situation für Sie möglich ist.
Jeder Leitfaden wird von einer Checkliste begleitet, mit der Sie Ihren Status überprüfen können. Damit sehen Sie auf einen Blick, welche Maßnahmen Sie bereits umgesetzt haben und an welchen Stellen Sie noch nachjustieren können.
Inhaltsverzeichnis
Fenster auf und Frischluft rein
Nicht übertreiben – klare Vorgaben helfen
Wenn alle Stricke reißen, hilft die Technik
Was die Großeltern schon wussten – für Luftfeuchtigkeit sorgen
Zu viel ist zu viel – vermeiden Sie Tropenklima
Baumaterialien für ein gesundes Raumklima
Saubere Luft für Ihre Auslagen
Fenster auf und Frischluft rein
[basic]
Sind Ihre Verkaufsräume gut durchlüftet, beugen Sie nicht nur unangenehmen Gerüchen vor, sondern verhindern auch die Bildung von Schimmelpilz. Wenn Sie keine mechanische Belüftungsanlage, also keine Lüftungsanlage bzw. Anschluss an eine solche besitzen und von Hand für Frischluft sorgen, öffnen Sie die Fenster weit und nur 5 bis 10 Minuten am Stück mehrmals am Tag. Am effektivsten ist die Querlüftung, also ein Durchzug von Fenster oder Tür zu Fenster.
Setzen Sie außerdem auf jahreszeitengerechtes Stoßlüften: Da Temperatur und Luftfeuchtigkeit je nach Wetterlage variieren, gilt im Sommer eine längere Lüftungszeit als im Herbst oder Winter. Gerade an sehr kalten Tagen kann eine Stoßlüftung von drei Minuten bereits ausreichend sein.
Gekippte Fenster sind wirkungslos, verschwenden Heizenergie und kühlen den Raum aus. Auch bei Regenwetter sollten Sie ruhig regelmäßig Lüften. Wenn es nicht gerade zum Fenster hereinregnet, ist die kalte Außenluft sogar trockener als die warme Zimmerluft. Von einem Raum in den nächsten zu lüften, bringt ebenfalls nicht viel, denn die frische Luft kommt von draußen.
Bei regelmäßiger Lüftung ist in der Regel keine Messung der CO2-Konzentration erforderlich. Nur wenn Sie merken, dass die Luft Sie müde und antriebslos macht, sollte genauer nachgeforscht werden (lesen Sie hierzu auch unseren Leitfaden "Effiziente Sensorik und Regelungstechnik für ausgeglichene Raumluftverhältnisse").
Nicht übertreiben – klare Vorgaben helfen
[basic/advanced]
Auch wenn Frischluft unverzichtbar für ein optimales Raumklima ist, kann eine falsche Außenluftzufuhr ebenfalls negative Auswirkungen haben. Denn wer kauft schon gerne zwischen zugigen Regalen ein? Für Ihre Mitarbeiter:innen sind die Kassenarbeitsplätze so aufzustellen, dass diese gegen Zugluft und Kälte geschützt sind. Dies können Sie durch einen ausreichenden Abstand zu den Ein- und Ausgängen oder das Aufstellen von Stellwänden, Warmluftgebläsen und Luftschleusen erreichen.
Die genauen Anforderungen an die freie Lüftung (also solche ohne Lüftungsanlagen) in Arbeitsstätten sind in der Arbeitsstättenverordnung geregelt:
Die Lüftung soll folgende Voraussetzungen erfüllen:
- möglichst gleichmäßig, keine schädliche Zugluft
- wirksamer Lüftungsquerschnitt mindestens 2 % der Bodenfläche
- Querlüftung bei Raumtiefen von mehr als 10 m
Neben den Zugerscheinungen ist auch die Temperatur zu beachten: Je größer der Unterschied zwischen Innenraum- und Außenlufttemperatur, desto größer sind die Wärmeverluste. Die optimale Raumtemperatur sollte an die Tätigkeiten im Innenraum angepasst sein.
Wenn alle Stricke reißen, hilft die Technik
[professional]
In der Praxis klappt die regelmäßige manuelle Lüftung oft nicht – dann könnten Menschen in Ihren Räumen schlapp machen und langfristig auch Feuchtigkeitsschäden am Gebäude entstehen. Das kann besonders bei gut gedämmten modernen Immobilien passieren. In diesen Fällen und im Zuge von Gebäudesanierungen ist es sinnvoll, raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen), also mechanische Lüftungsanlagen zu installieren.
Hierbei handelt es sich um eine umständlichere Maßnahme, da nicht nur eine (zentrale) Lüftungsanlage nachgerüstet werden muss, sondern Sie auch die entsprechenden Zu- und Abluftkanäle benötigen, um die Luft im Gebäude verteilen zu können.
Auch sollten Sie in diesem Zusammenhang klären, wie die Energieverrechnung stattfinden wird und ob Sie die spezifischen Verbräuche für Ihre Räumlichkeiten ausgewiesen bekommen können.
In Österreich legt die ÖNORM 16798-1 Anforderungen an Parameter für die Innenraumqualität in Zusammenhang mit thermischem Raumklima, Raumluftqualität, Beleuchtung und Akustik fest, in der deutschen VDI-Richtlinie wird die Luftwechselrate in Verkaufsräumen mit 4 bis 8 LWR/h angegeben.
Was die Großeltern schon wussten – für Luftfeuchtigkeit sorgen
[basic]
Vor allem in der Heizsaison kann zu trockene Raumluft problematisch werden. Gereizte Schleimhäute und trockene Augen machen sind unangenehm und auch das Erkältungsrisiko sollte beim Einkaufen nicht steigen. Hier können Sie auf einen bekannten und bewährten Trick zurückgreifen:
Mit einem Behälter Wasser auf oder an den Heizkörpern (finden Sie im gut sortierten Fachhandel) kann die Luftfeuchtigkeit in einem Raum relativ einfach ausgeglichen werden. Das hilft auch beim Energiesparen, denn ist die Luft zu trocken, sinkt das Wärmeempfinden und den anwesenden Personen wird kalt, obwohl in Ihrem Geschäft Wohlfühltemperatur herrscht.
Die optimale Luftfeuchtigkeit eines Raumes liegt zwischen 40% relativer Feuchte und 60% relativer Feuchte – je nach Jahreszeit können die Werte aber durchaus auch mal darunter (im Winter) oder leicht darüber (im Sommer) liegen. Mithilfe eines Hygrometers können Sie die relative Luftfeuchtigkeit gut im Blick behalten – oft gibt es diese als handliche Geräte in Verbindung mit einer Temperaturanzeige.
Liegt die Luftfeuchtigkeit längere Zeit unter 40 % rel.F. besteht die Gefahr, dass z. B. krankheitserregende Viren über mehrere Stunden infektionsfähig bleiben. Abhilfe schafft hier eine solide Luftbefeuchtungsanlage – werden Sie über eine Lüftungsanlage versorgt, lassen sich in einem solchen Fall Befeuchtungen nachrüsten.
Zu viel ist zu viel – vermeiden Sie Tropenklima
[basic]
Bei Ihnen ist es nicht zu trocken sondern im Gegenteil herrschen tropische Verhältnisse in Ihrem Geschäft? Dann ist die Luftfeuchtigkeit über den Richtwert von 60 % rel.F. angestiegen. Lüften Sie etwas länger oder bringen Sie einen Luftentfeuchter zum Einsatz, da sonst Schimmelbildung droht.
Auch aus dieser Perspektive gilt: Die optimale Luftfeuchtigkeit eines Raumes liegt zwischen 40% relativer Feuchte und 60 % relativer Feuchte – mithilfe eines Hygrometers können Sie die relative Luftfeuchtigkeit gut im Blick behalten.
Torluftschleier und Windfänge
[professional]
Besonders wirksam gegen Kälte, Hitze und dreckige Luft sind Tür bzw. Torluftschleier. Mit einem im Winter erwärmten Luftstrahl unterbrechen sie die Luftströmung im Eingangsbereich, sodass keine kalte Außenluft eindringen kann, während im Sommer die Hitze keine Chance gegen die Luftstrahl-Barriere hat.
In gut gedämmten Gebäuden können die Wärmeverluste mit den praktischen Helfern sogar um ein Drittel reduziert werden.
Staub, Abgase, Wind, Feuchtigkeit und Insekten werden durch ebenfalls gut aufgehalten. Torluftschleier können in den Türbereich (sofern dieser breiter ist) integriert sein, lassen sie aber auch gut nachrüsten. Sie sind in der Regel einfach zu bedienen und auch wartungsarm. Das Gerät sollte gut passen und optimal eingestellt sein. Wichtig dabei ist neben der Geschwindigkeit des Luftstroms auch die Höhe des Schleiers. Lassen Sie sich am besten von einem Klimageräte-Profi beraten.
Gegen Wärmeverluste, Luftverunreinigungen und Komfortprobleme können auch Automatiktüren helfen. Es gibt sie als Normaltüren mit Schließvorrichtung, als automatische Schiebetüren oder Drehtüren. Von Vorteil sind niedrige Eingangstüren, weil über die Höhe mehr Wärme verloren geht als über die Breite. Um den Eindruck eines großzügigen Eingangs zu erhalten, können Glasblenden an den Seiten der Türen angebracht werden.
Windfänge eignen sich insbesondere dann, wenn Eingangstüren klein und innere sowie äußere Türen nicht gleichzeitig geöffnet sind. Dies ist meist nur bei handbedienten Türen der Fall. Bei automatischen Schiebetüren sind oft beide Türen gleichzeitig geöffnet, insbesondere wenn die Kundenfrequenz hoch ist. In Kombination mit einem Luftschleier sind Windfänge sehr energieeffizient.
Baumaterialien für ein gesundes Raumklima
[basic/advanced]
Schon bei der Wahl der Baumaterialien, mit denen Sie Ihre Innenräume auskleiden können Sie etwas für das Raumklima tun. Dafür müssen Sie gar keine großen äußeren Umbaumaßnahmen vornehmen. Ein natürlicher mineralischer Innenputz – z. B. auf Kalkbasis – sorgt dafür, dass sich dank des hohen pH-Wertes keine Schimmelsporen ansiedeln. Ein weiterer Pluspunkt: Mineralischer Kalkputz wirkt wie ein Speicher - ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, nimmt das Material Wasser auf, sinkt die Luftfeuchtigkeit, gibt er das Wasser wieder ab.
Auch ökologischer Baumwollputz ist wasserdampfdurchlässig und wirkt dazu schall- und wärmedämmend. Er kann leider nicht tapeziert oder mit versiegelnden Farben und Flüssigkeiten gestrichen werden.
Saubere Luft für Ihre Auslagen
[basic/advanced]
Staub auf Waren (und besonders auf Lebensmitteln) will niemand – besonders nicht Ihre Kundschaft. Doch diesen zu vermeiden ist nicht einfach: Jeden Tag betreten und verlassen unzählige Besucher:innen Ihr Geschäft und Türen bleiben länger offen stehen, als Ihnen lieb ist.
Besonders, wenn Ihr Geschäft an einer vielbefahrenen Straße liegt, zeigen sich schnell dir negativen Konsequenzen. Hinzu kommt, dass vor allem im Winter viel von der angenehm temperierten Innenluft verloren geht. Hier können Luftreiniger und Entstauber helfen.
Sie befreien die Raumluft von Schadstoffen wie (Fein-)Staub, Keimen und Bakterien. Es gibt Geräte, die den Staub am Filter binden (ähnlich einem Staubsauger) und solche, die die Luft durch Wasser leiten und so die Partikel zurückhalten. Filter und Wasser müssen regelmäßig gewechselt werden, um Bakterien keine Chance zu geben.
Mit Luftreinigern werden nur die Symptome bekämpft. Besser ist es, die Luftverunreinigungen im Innenraum abzustellen.
Wir hoffen, Sie können mit diesen Hilfestellungen erste Effizienzmaßnahmen schnell und einfach umsetzen.
Der vorliegende Leitfaden wurde mit freundlicher Genehmigung von der HDE Klimaschutzoffensive des Handels übernommen. Aktualisierungen und Anpassungen auf österreichische Rahmenbedingungen wurden von Expert:innen der AEA (Austrian Energy Agency) durchgeführt.