WK warnt vor Schaden durch Matrei-Insolvenz
Ein Insolvenzverfahren in Matrei in Osttirol würde das Vertrauen in die öffentliche Hand nachhaltig und über Jahre untergraben. Der Schaden für Land, Gemeinden und Standort ist nicht zu verantworten.
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Es gilt als unwahrscheinlich, dass alle Gläubiger der Gemeinde Matrei auf 25 % ihrer Forderungen verzichten. Damit wäre der Sanierungsvorschlag hinfällig und der Bürgermeister müsste einen Insolvenzantrag stellen. Davor warnt WK-Präsident Christoph Walser eindringlich: „Das Vertrauen in die öffentliche Hand wäre über Jahre geschädigt. Es ist eine wichtige Funktion von Bund, Ländern und Gemeinden, gerade in Krisenzeiten für Stabilität zu sorgen. Da helfen alle Förderungen im Millionenbereich nichts, wenn man sich bei öffentlichen Aufträgen nicht mehr auf die Zahlungsfähigkeit verlassen kann“, betont Walser.
Kein Verständnis für Forderungsverzicht
„Es kann nicht im Interesse des Landes sein, die bisher gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen regionaler Wirtschaft und Kommunen mutwillig zu zerstören“, unterstreicht die Osttiroler WK-Obfrau, Michaela Hysek-Unterweger. Es ist für sie auch nicht nachvollziehbar, warum die regionale Wirtschaft für Versäumnisse der Gemeinde und der Aufsicht auf ein Viertel ihrer Forderungen verzichten sollte. Auch der WK-Präsident sieht die Rolle der Aufsichtsbehörden in diesem Fall kritisch: „Matrei ist schon jahrelang aufgrund seiner Finanzgebarung in den Schlagzeilen. Es ist nicht zu viel verlangt, dass auf eine derartige Gemeinde ein besonders scharfes Auge geworfen wird. Offenbar ist das nicht passiert“, kritisiert Christoph Walser.
Hysek-Unterweger: Schockwellen über Jahre spürbar
Ein Insolvenzverfahren hätte konkret folgende Auswirkungen: Die regionalen Unternehmen würden in Zukunft der Marktgemeinde Matrei nur mehr gegen Vorauskasse liefern bzw. die Zusammenarbeit gänzlich einstellen. Die Banken wären aufsichtsrechtlich gezwungen, die zukünftigen Konditionen für Kredite an die Gemeinden zu verschärfen – auch über Matrei hinaus. Finanzschwache Gemeinden würden entweder gar keine Finanzierung mehr erhalten oder nur gegen Sicherheiten wie Hypotheken oder Haftungen. „Die Marktgemeinde Matrei und auch das Land Tirol müssen sich im Falle einer Insolvenz zudem auf jahrelange teure Gerichtsverfahren einstellen – dabei wird es nur Verlierer geben“, erklärt Michaela Hysek-Unterweger.
Die Schockwellen einer Insolvenz wären über Jahre spürbar und würden auch alle anderen Gemeinden erfassen. Mit diesem Vorgehen würde das Land Tirol seine Reputation nachhaltig schädigen. Die Osttiroler WK-Obfrau rechnet sogar mit negativen Auswirkungen auf dessen Bonitätsrating. „Die einzige Möglichkeit, dieses Horror-Szenario zu verhindern, ist die sofortige Bezahlung der offenen Rechnungen und fälligen Kredit-/Leasingraten“, so Hysek-Unterweger.
Walser: Versäumnisse der Aufsichtsbehörde
„Um in Zukunft derartige Situationen zu vermeiden, muss die Aufsichtsbehörde des Landes wesentlich strenger kontrollieren und rechtzeitig Fehlentwicklungen aufzeigen. Sich jetzt über ein Insolvenzverfahren von diesen Versäumnissen vermeintlich freizukaufen, wäre ein Schritt, der einen massiven, kaum wiedergutzumachenden Schaden für den gesamten Standort anrichten würde“, warnt Walser.
Sanierung unwahrscheinlich
Der den Gläubigern dieser Tage übermittelte Sanierungsvorschlag der Gemeinde Matrei sieht vor, dass diese mit Ausnahme von Kleingläubigern auf ca. 25 % ihrer Forderungen verzichten. Dieser müsste von allen Betroffenen akzeptiert werden, um die Sanierung erfolgreich abzuschließen. Dies gilt auf Basis mehrerer Aussagen der Gläubiger als sehr unwahrscheinlich. In der Folge würde wohl Bürgermeister Steiner selbst einen Insolvenzantrag stellen müssen, da die Gemeinde ihren Verpflichtungen nicht nachkommen kann – in Summe sind ca. 24 Mio. Euro an Verbindlichkeiten offen und 114 Gläubiger betroffen. Trotz Insolvenz könnten die Gläubiger 30 Jahre lang die Gemeinde wiederholt exekutieren, bis ihre Forderungen zur Gänze erfüllt sind.