Wirtschaft gegen eine Maut am Fernpass
Die Finanzierung des geplanten Scheiteltunnels über eine Maut würde sowohl die regionale Wirtschaft als auch die Bevölkerung massiv benachteiligen.
Lesedauer: 3 Minuten
„Der Fernpass ist ein neuralgischer Punkt für den Verkehr auf der europäischen Nord-Süd-Verbindung. Seit vielen Jahren wird über Verbesserungen diskutiert, passiert ist bislang aber noch nichts. Mit dem Scheiteltunnel, der jetzt endlich in Angriff genommen werden soll, werden sicher nicht alle Verkehrsprobleme auf der B 179 gelöst, aber er ist eine erste Maßnahme, die zu einer gewissen Entlastung und zu mehr Sicherheit beiträgt.
Deshalb begrüßen wir die jüngsten politischen Bekenntnisse zur raschen Umsetzung dieses Projektes“, meint WK-Präsident Christoph Walser heute bei einer Pressekonferenz in der Tiroler Wirtschaftskammer. Gleichzeitig erteilt er den Plänen, den Bau des Tunnels über eine Maut auf der Fernpass-Strecke zu finanzieren, eine klare Absage: „Die Einführung einer Maut auf der Fernpass-Route ist im Sinne der regionalen Wirtschaft, aber auch der regionalen Bevölkerung strikt abzulehnen.“
Nein zur Maut
Für das klare Nein zur Maut am Fernpass, gibt es viele Gründe. Nicht zuletzt aus Sicht des Außerferns. Dazu erklärt etwa der Obmann der WK-Bezirksstelle Reutte, Christian Strigl: „Unser Bezirk hat 7 ganzjährige befahrbare Übergänge ins benachbarte Allgäu, aber nur einen einzigen ganzjährig befahrbaren Übergang ins eigene Land und in Richtung Landeshauptstadt Innsbruck – nämlich den Fernpass. Eine Maut auf dieser für unsere Region so wichtigen Verbindung würde einerseits zu Mehrkosten und Wettbewerbsnachteilen für unsere Betriebe führen. Andererseits würde die Maut auch die lokale Bevölkerung treffen und finanziell belasten.“
Verkehrspolitische Notwendigkeit
Unmittelbare negative Auswirkungen hätte eine allfällige Maut auf der Fernpass-Strecke aber nicht nur im Außerfen, sondern auch auf die benachbarten Regionen. „Mit dem Bezirk Reutte verbindet uns ein reger wirtschaftlicher Austausch, der nur über den Fernpass geführt werden kann. Eine Maut macht Produkte, die von Betrieben aus dem Bezirk Imst in den Bezirk Reutte gebracht werden, um dort weiterverarbeitet oder verkauft zu werden, automatisch teurer. Das ist ebenso wettbewerbsverzerrend, wie die Mehrkosten, die auf regionale Transportunternehmen zukommen, die im internationalen Güterverkehr tätig sind. Für sie würde jede Fahrt über den Fernpass, zu dem es keine Alternative gibt, teurer“, betont der Obmann der WK-Bezirkstelle Imst, Josef Huber.
Er verweist außerdem darauf, dass es sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die täglich über den Fernpass pendeln. „Auch diese würde die Maut treffen, wobei die Kosten letztlich wohl von den Unternehmen zu tragen wären“, so Huber, der betont, dass der Scheiteltunnel eine verkehrspolitische Notwendigkeit ist und von der Politik nicht als „Cashcow“ für das umliegende Straßennetz gesehen werden darf.
Tourismus und Verkehr
Dass eine Baumaut der B 179 auch den touristischen Verkehr trifft, zeigt unterdessen, der Obmann der WK-Bezirksstelle Landeck, Michael Gitterle, auf: „Dabei trifft es aber nicht nur die Urlauberinnen und Urlauber, die Tirol als Transitland auf dem Weg in den Süden nutzen. Insbesondere im Winter würden vor allem jene zur Kassa gebeten, die ihren Urlaub tatsächlich in Tirol verbringen wollen“, so Gitterle, der ergänzt: „Viele Wintersportgebiete im Oberland, sowohl im Bezirk Landeck als auch im Bezirk Imst, sind auch von Tages- bzw. Wochenendausflüglern abhängig.
Für diese würde ein Benützungsentgelt in Form einer Maut sicher eine abschreckende Wirkung haben. Vor allem weil die Bezahlung einer Maut in keiner Weise sicherstellt, dass es auf der Fernpass-Strecke künftig keine Staus mehr geben wird. Wenn man an die Einführung der Autobahnvignette zurückdenkt, kann man sich vorstellen, dass eine Maut am Fernpass einen massiven medialen Aufschrei bei unseren Nachbarn hervorrufen würde. Den Vorwurf der Abzocke können und wollen wir uns als Urlaubsland Tirol nicht leisten.“
Verbesserung
Vor diesen Hintergründen fasst WK-Präsident Christoph Walser zusammen: „Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Verkehrssituation am und rund um den Fernpass. Der Bau des Scheiteltunnels ist ein erster Schritt. Als weiterer Schritt muss der Bau des Tschirganttunnel folgen, um eine schnellstmögliche Verbindung ins Inntal zu erreichen und um das Gurgltal und das Mieminger Plateau zu entlasten.
Es kann und darf allerdings nicht sein, dass diese Projekte über eine Maut finanziert werden sollen, die die regionale Wirtschaft und Bevölkerung massiv benachteiligt. Wenn das Schule machen würde, stünde zu befürchten, dass dieses Finanzierungsmodell in Tirol künftig auch bei anderen wichtigen Infrastrukturprojekten – wie Brücken oder Lawinengalerien – zur Anwendung kommt.“