Wenn die Lohnkosten zum Bumerang werden
Die Löhne sind im OECD-Vergleich bei uns am stärksten gestiegen. Das hat auch eine Kehrseite: Die Betriebe büßen Wettbewerbsfähigkeit ein, Arbeitsplätze wackeln. Es braucht Entlastungen und einen Stopp der Lohn-Preis-Spirale.
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Wieder ein Rekord, auf den die Tiroler Be triebe gerne verzichtet hätten: In keinem anderen OECD-Land sind die Kollektivvertragslöhne so stark gestiegen wie in Österreich. Der aktuelle Employment Outlook der OECD zeigt, dass diese im 1. Quartal 2024 um 4,5 % im Vergleich zum Vorjahr zugelegt haben – deutlich mehr als der Durchschnitt im Euroraum mit 2,0 %. Im Vergleich: In Deutschland gab es einen Zuwachs von 3,0 %, in Italien nur um 1,9 %. In manchen Ländern, wie Schweden, sanken die Löhne sogar. Auch die Reallöhne, also das tatsächliche Einkommen nach Abzug der Inflation, wuchsen in Österreich stark. Im 1. Quartal 2024 stiegen sie um 5,4 % im Vergleich zum Vorjahr, während der OECD-Durchschnitt bei 3,5 % lag. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort: Seit 2021 sind die Arbeitskosten um 20 % gestiegen, was weit über dem EU-Durchschnitt liegt.
Arbeitskosten als größte Herausforderung
Was auf den ersten Blick für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfreulich klingt, entwickelt sich mehr und mehr zum Bumerang. „Inzwischen sind die Arbeitskosten für 83 % der Tiroler Betriebe die größte Herausforderung. Insbesondere für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wird diese Entwicklung zunehmend problematisch“, erklärt WK-Präsidentin Barbara Thaler. Die Unternehmen müssen nämlich die Preise für ihre Produkte anpassen, um die Kosten für die stark gestiegenen Löhne decken zu können. „Damit werden Erzeugnisse Made in Tyrol zum Teil auf internationalen Märkten zu teuer und die Firmen können ihre Waren nicht mehr absetzen. Die Folge lässt sich bereits jetzt in der heimischen Industrie beobachten: Unsere Industriebetriebe leiden unter einer ausgeprägten Absatzschwäche. Dadurch kommt der Bumerang zurück: Firmen müssen im schlimmsten Fall Mitarbeiter freisetzen, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen. „Die hohen Personalkosten sind ein riesiger Wettbewerbsnachteil für unsere Betriebe. Unsere Tariflöhne galoppieren im europäischen Vergleich davon“, betont der Spartenobmann der Tiroler Industrie, Max Kloger.
Stärkung von Leistungsanreizen
Die Politik muss an allen Stellschrauben drehen, um die Schieflage des Standorts wieder zu korrigieren. Grundlegende Maßnahmen wie eine Senkung der Lohnnebenkosten, weniger Bürokratie und die Stärkung von Leistungsanreizen im Steuer- und Abgabensystem sind ein Gebot der Stunde. In dieselbe Richtung gehen die aktuellen Forderungen von Tirols Jungunternehmer:innen. Die Junge Wirtschaft Tirol unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf, damit unser Standort auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt (siehe nebenstehender Artikel). In dieser aktuellen Lage darf es auch zu keinen Eingriffen in die Energiemärkte kommen, die zu einem neuen Preisschub führen und die Inflation erneut anfachen würden (siehe Artikel unten). „Es braucht jetzt Zurückhaltung und Augenmaß in allen Branchen, in denen im Herbst Kollektivvertrags-Verhandlungen anstehen. Es gilt, die Lohn–Preis–Spirale zu unterbrechen. Es ist definitiv nicht im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn ihre Arbeitgeber:innen nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dadurch die Arbeitsplatzsicherheit gefährdet wird“, betont Barbara Thaler.