
Wenn der Funke überspringt
Moderne Ausbildungsmodelle bieten Frauen neue Chancen in technischen Berufen. E-Level 2.0 ist einzigartig in Tirol und ermöglicht eine verkürzte, praxisnahe Ausbildung und hilft Unternehmen, dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen. Helena Kißling absolviert eine Lehre zur Elektrotechnikerin – und das aus voller Überzeugung.
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Der Fachkräftemangel im technischen Bereich stellt viele Tiroler Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Gleichzeitig sind Frauen in der Elektrotechnik nach wie vor unterrepräsentiert, obwohl sie hochqualifiziert sind und wertvolle Kompetenzen mitbringen. Die innovative Ausbildung E-Level 2.0 gibt es nur in Tirol und bietet eine vielversprechende Lösung für Männer und Frauen: In nur drei Jahren können Maturant:innen oder Quereinsteiger:innen eine vollwertige Elektrotechnik-Ausbildung absolvieren. Bisher einzigartig in Tirol.
Von Schulbank auf Baustelle
Helena Kißling ist eine von wenigen Frauen, die sich für eine Karriere in der Elektrotechnik entschieden haben. Nach ihrer AHS-Matura in Krems war sie zunächst unsicher, welchen beruflichen Weg sie einschlagen sollte. Sie probierte verschiedene Branchen aus, darunter das Gastgewerbe, und absolvierte ein freiwilliges soziales Jahr. „Schon als Kind war ich technikinteressiert. Ich wusste, dass ich etwas Praktisches machen wollte, etwas, das mich erfüllt und wo ich aktiv mitgestalten kann,“ erinnert sich Helena. Als sie von E-Level 2.0 erfuhr, wusste sie, dass sie diese Chance ergreifen wollte und übersiedelte nach Tirol.
Die E-Level 2.0-Ausbildung ist speziell darauf ausgelegt, den Lehrstoff von vier Jahren in drei Jahren zu vermitteln. Dies wird durch eine eigene Klasse in der Berufsschule mit einem neu entwickelten Lehrplan ermöglicht. Zudem ist das Gehalt höher und die praxisorientierte Ausbildung ermöglicht es den Teilnehmer:innen, schnell in verantwortungsvolle Positionen zu wachsen und bietet vielfältige Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten.

Der zündende Moment
Helena entdeckte die Möglichkeit einer E-Level 2.0-Ausbildung im Internet und fand heraus, dass die Firma Exenberger Elektro-Technik GmbH in Kitzbühel dieses Modell anbietet. Sie absolvierte zwei Schnuppertage und war sofort begeistert. „Ich habe gleich gemerkt, dass mir die Arbeit Spaß macht. Das Team hat mich sofort aufgenommen und mir gezeigt, wie spannend Elektrotechnik sein kann.“ Am 15. Januar 2024 hatte sie ihren ersten Arbeitstag – ein Moment, den sie nicht so schnell vergessen wird. „Es war total entspannt und aufregend zugleich. Wir waren auf einer Baustelle und haben mit Kabelziehen und Bodenleitungen begonnen. Es fühlte sich einfach richtig an.“
Herausforderungen und Chancen
Exenberger Elektro-Technik trägt die Qualitätssiegel „Ausgezeichneter Tiroler Lehrbetrieb“ sowie „Staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ und beschäftigt insgesamt 87 Mitarbeiter:innen, davon 14 Lehrlinge. Ausbildungsleiter Manuel Bachler hat in den letzten Jahren über 40 Lehrlinge betreut. Er sieht in E-Level 2.0 eine riesige Chance – nicht nur für die Lehrlinge selbst, sondern auch für die Unternehmen. „Unsere Auszubildenden bringen oft ein hohes Maß an Präzision und Teamgeist mit. Gerade unsere weiblichen Lehrlinge leisten hervorragende Arbeit und zeigen, dass die Elektrotechnik keine reine Männerdomäne sein muss.“

Er hebt auch die Vorteile für Unternehmen hervor: „Lehrlinge in diesem Programm sind meist älter und wissen genau, was sie wollen. Sie bringen oft mehr Eigenverantwortung mit, was sich positiv auf die Qualität der Ausbildung auswirkt.“
Helena, Kristin und Anna-Lena sind derzeit die einzigen Mädchen in technischen Berufen bei der Firma Exenberger. Sie gehören zu den wenigen Frauen, die sich für eine Karriere in der Elektrotechnik entschieden haben. „Umso mehr freuen wir uns, dass im Sommer ein weiteres Mädchen ihre Ausbildung bei uns startet“, so der Ausbildungsleiter.
„Es gibt natürlich Momente, in denen man sich bewusst ist, dass man eine Ausnahme ist. Aber das Team ist großartig und unterstützt mich in allem“, freut sich Helena. Sie ermutigt andere Frauen, sich nicht von Stereotypen abschrecken zu lassen. „Manchmal herrscht auf der Baustelle ein rauer Ton, aber es ist nichts Persönliches. Am Ende zählt die Zusammenarbeit – und alle helfen zusammen.“
Vorteile für Betriebe
Unternehmen profitieren in mehrfacher Hinsicht von der Ausbildung über E-Level 2.0. Durch gezielte Schnuppertage und direkte Einblicke in die Arbeitswelt können sie frühzeitig talentierte und motivierte Lehrlinge für sich gewinnen. Zudem steigern sie ihr Image als modernes und förderndes Unternehmen, das Frauen in technischen Berufen aktiv unterstützt. „Ein höherer Frauenanteil in technischen Berufen sorgt nicht nur für mehr Vielfalt im Team, sondern auch für innovative Perspektiven und Lösungsansätze, die der gesamten Branche zugutekommen“, so der Ausbildungsleiter Manuel Bachler und fügt hinzu: „Ich bin sehr stolz auf die Mädchen – auf der Baustelle sowie die tollen Leistungen im schulischen Bereich. Die Lehre hat goldenen Boden – und ist teilweise besser als ein Studium. Gerade Frauen können in technischen Berufen viel bewegen.“
Weitere Informationen unter:
Die perfekte Gelegenheit
für Nachwuchskräfte
Der Girls Day ist ein internationaler Aktionstag, der jährlich am vierten Donnerstag im April stattfindet. In Tirol wird er am 24. April 2025
zum 24. Mal durchgeführt. An diesem Tag öffnen Unternehmen
und Bildungseinrichtungen ihre Türen, um Schülerinnen Einblicke
in zukunftsorientierte Berufe in den Bereichen Handwerk, Technik,
IT und Naturwissenschaften zu ermöglichen.
Wie Unternehmen den Girls Day nutzen können:
• Schnuppertage anbieten: Schülerinnen praktische Erfahrungen ermöglichen und den Arbeitsalltag zeigen
• Weibliche Role-Models präsentieren:
Erfolgreiche Mitarbeiterinnen als Vorbilder einsetzen
• Workshops und Mitmach-Aktionen durchführen:
Interaktive Aktivitäten anbieten, um Begeisterung
für Technik zu wecken