Tirols Wirtschaft braucht Planbarkeit
Die Tiroler Wirtschaft leidet unter der unsicheren Lage. Umso wichtiger sind rasche, wirtschaftsfreundliche Maßnahmen und klare Perspektiven in der Standortpolitik.
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Die wirtschaftliche Lage in Tirol bleibt angespannt: Laut der Top-Tirol-Befragung bewerten nur 21 % der Leitbetriebe ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als gut, während 30 % sie als schlecht einstufen. Besonders die Tiroler Industrie (49 % negative Bewertungen der wirtschaftlichen Lage), die Bauwirtschaft (35 %) und der Handel (30 %) leiden unter der Rezession. „Zum Glück verfügt Tirol über einen guten Branchenmix. Das Gewerbe (49 % positive Bewertungen) mit Ausnahme des Baus und die Sparte Information und Consulting (30 %) erweisen sich als Mutmacherbranchen in schwierigen Zeiten. Und der Tourismus (43 %) erfüllt einmal mehr die Rolle eines Airbags am Standort Tirol“, erklärt WK-Präsidentin Barbara Thaler. In Summe ist jedoch der Geschäftsklimawert mit -13 % so tief wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. „In der Industrie liegt dieser Wert sogar bei -36 %, dem niedrigsten Stand seit Beginn der Top-Tirol-Erhebungen im Jahr 2003. Damit sind die Alarmglocken deutlich zu hören, und ein Abwarten ist keine Option mehr“, erklärt die Präsidentin.
Ertragslage wie eine Fieberkurve
Die Kombination von schwacher Nachfrage, hohem Wettbewerbsdruck und hohen Kosten für Arbeit und Energie wirkt sich deutlich negativ auf die Ertragssituation vieler Betriebe aus: 42 % der befragten Leitbetriebe sind mit ihrer Rohertragslage nicht zufrieden; nur 10 % zufrieden. Zum Vergleich: Während der Hochkonjunkturphase im Sommer 2018 meldeten 43 % der Leitbetriebe eine gute Ertragslage und nur 9 % berichteten von einer schlechten Ertragssituation. „Die Ertragslage war in den letzten Jahren wie eine Fieberkurve von einem ständigen Auf und Ab gekennzeichnet. Das löst eine hohe Unsicherheit aus. Die Unternehmen brauchen jetzt am dringendsten Planbarkeit. Diese Stabilisierung und eine aktive Standortpolitik zählen zu den wichtigsten Aufgaben einer neuen Bundesregierung“, betont Barbara Thaler.
Bürokratie ist Aufsteiger des Jahres
Die größte Wachstumsbremse für Tirols Wirtschaft sind die hohen Arbeitskosten. Gleich danach findet sich der unrühmliche „Aufsteiger des Jahres“: Bei der Top-Tirol-Umfrage vor einem Jahr wurden bürokratische Aufgaben noch von 27 % der Betriebe bei den Wachstumshemmnissen an Platz 6 gereiht. Vor einem halben Jahr lag die Bürokratie auf Platz 4. Und heute wird Bürokratie von 62 % der Betriebe als Problem genannt – sie ist damit das zweitgrößte Wachstumshemmnis geworden. „Das bedeutet, dass Tiroler Unternehmen zunehmend mit administrativen Aufgaben belastet sind, anstatt sich mit der Weiterentwicklung ihrer Produkte und Dienstleistungen beschäftigen zu können“, fasst Barbara Thaler zusammen. Auch die volatilen Energiemärkte und die steigenden Netzkosten sind für viele Betriebe eine Herausforderung. Die Belastungen durch hohe Energiepreise führen zu einem Wettbewerbsnachteil, insbesondere in energieintensiven Branchen. „Die Politik muss jetzt entlasten“, fordert Thaler. Die Präsidentin schlägt in diesem Zusammenhang eine Senkung der Energieabgaben und die Einrichtung eines Netzausbaufonds vor.
Jeder Tag ohne Investitionen ist ein verlorener Tag
Ein drängendes Problem, das aus der Top-Tirol-Befragung hervorgeht, ist die stagnierende Investitionstätigkeit. Viele Unternehmen sind aktuell nicht bereit oder nicht in der Lage, notwendige Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Unsicherheiten über die wirtschaftliche Entwicklung, hohe Kosten und eine unzureichende steuerliche Entlastung bremsen wichtige Projekte. „Jeder Tag ohne Investitionen ist ein verlorener Tag für Tirol“, betont WK-Präsidentin Barbara Thaler. „Es braucht gezielte Anreize, um den Investitionsstau aufzulösen und Tirol fit für die Zukunft zu machen.“ Ein Beispiel könnte eine steuerliche Sofortabschreibung für Investitionen in Klimaschutztechnologien sein. Damit würden nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch langfristige Wettbewerbsfähigkeit gesichert.
Spielräume sind wichtiger als Fördertöpfe
Bezüglich der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung Tirols sind 40 % der befragten Top-Betriebe für das Jahr 2025 pessimistisch, 55 % neutral und nur 5 % optimistisch. „61 % der Betriebe sehen zunehmende Risiken, vor fünf Jahren lag dieser Wert noch unter 30 %“, unterstreicht WK-Chefvolkswirt Stefan Garbislander. Die Wirtschaftskammer Tirol sieht in gezielten Reformen den Schlüssel zu einem Comeback der Tiroler Wirtschaft. Die Unternehmen sind auch bereit, ihren Beitrag zu einer (ausgabenseitigen!) Konsolidierung des Budgets zu leisten, selbst wenn damit der Verzicht auf die eine oder andere Förderung verbunden sein sollte. „Viel wichtiger als fünf weitere Fördertöpfe ist den Betrieben die Entlastung von bürokratischen Hürden und mehr Fairness im Steuersystem“, hält die Präsidentin fest.