Standortoffensive Rossau: Dynamik im Wilden Osten
Ab den 1960er Jahren ist die Innsbrucker Rossau wild und unstrukturiert zum größten städtischen Wirtschaftszentrum Westösterreichs gewachsen. Damit die Rossau endlich auch ein attraktiver Standort für Unternehmen, Mitarbeiter:innen und Kund:innen wird, wurde vor zwei Jahren der Standortentwicklungsprozess „Standortoffensive Rossau“ in die Wege geleitet. Nun wird umgesetzt. „Das ist extrem wichtig“, weiß WK-Bezirksstellenobmann Franz Jirka.
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Die Innsbrucker Rossau entfesselt gerade – sich selbst, kreative Kräfte und Visionen. „Bei der Rossau geht die Phantasie mit mir durch“, sagt Franz Jirka, Obmann der WK-Bezirksstelle Innsbruck Stadt. Blickt er in die Zukunft des über viele Jahre, ja Jahrzehnte stiefmütterlich behandelten ökonomisch florierenden, sonst aber eher „dürren“ Stadtteils im Osten Innsbrucks, wird die Rossau das Vorzeige-Wirtschaftszentrum schlechthin.
„Mit einer richtig guten Struktur beziehungsweise Infrastruktur, mit Gehsteigen, Radwegen, Grünflächen, einer zentralen, gemeinsam genutzten Mensa oder Kantine, die die bestehenden Großküchen der Betriebe überflüssig macht. Die Rossau kann ein Kraftwerk werden, wenn die Flachdächer mit PV-Anlagen bestückt werden. Die restlichen Dächer können weiß gestrichen werden, damit die Erwärmung nicht so hoch ist, oder sie können mit gut durchdachten Systemen, die es ja schon gibt, begrünt werden“, sagt Jirka, dessen Visionen von der jüngst erst in die Umsetzungsphase gegangenen Standort-Offensive Rossau befeuert werden.
Seit den 1960er-Jahren hat sich die Rossau zu Innsbrucks größtem Gewerbe-, Handels- und Industriegebiet mit einer Gesamtfläche von 160 Hektar (1.600.000 Quadratmeter) entwickelt. Heute werden am Standort Rossau jährlich rund 15 Millionen Euro an Kommunalsteuer erwirtschaftet, was rund 25 Prozent des gesamten städtischen Kommunalsteueraufkommens entspricht. Mit 1.120 Arbeitsstätten (8,4 Prozent aller Arbeitsstätten Innsbrucks) und 13.198 Beschäftigten (12,3 Prozent aller Beschäftigten Innsbrucks) zeichnet sich die Rossau durch eine, im Vergleich zu Tirol und Innsbruck, sehr hohe Arbeitsstättendichte aus. Die Hälfte der Beschäftigten in der Rossau wohnt in der Stadt Innsbruck. Die andere Hälfte lebt verteilt auf die anderen Städte und Gemeinden Tirols. Die 10 umsatzstärksten Unternehmen der Rossau erwirtschafteten im Jahr 2020 rund 767 Millionen Euro.
„Auch in meiner Funktion als Gemeinderat werde ich mich darum kümmern, dass das Interesse in der Stadt nicht abflaut und ihnen die Rossau weiter am Herzen liegt“, so Jirka, der das federführende vor-Ort-Engagement von Markus Dax, Geschäftsführer der STEKA Werke, und Dieter Unterberger, Geschäftsführer der Autowelt Unterberger, unterstreicht, die am 21. Juni 2024 festgehalten haben: „Als Unternehmer sehen wir in der Standortoffensive eine große Chance, um das verkehrsstarke Gebiet zu entlasten und Innsbrucks größtem Gewerbe- und Handelsgebiet eine langfristige Zukunftsperspektive zu geben.“
Große Chance
Es ist nicht der erste Versuch, dem Wilden Osten der Landeshauptstadt, wo in über 1.100 Arbeitsstätten über 13.000 Menschen arbeiten, ein Leben einzuhauchen, das der unternehmerischen Kraft des Standortes gerecht wird. Anläufe dazu, der Rossau ein stimmiges Verkehrskonzept und Aufenthaltsqualität für die Unternehmer:innen und ihre Mitarbeiter:innen zu geben, gab es immer mal wieder in den vergangenen Jahren beziehungsweise Legislaturperioden. „Es ist nicht so, dass alles neu erfunden werden musste, doch bei diesem Standortentwicklungsprozess war von Anfang an der politische Rückhalt da. Alle Stakeholder waren eingebunden und haben daran mitgearbeitet“, betont Stefan Wanner, Geschäftsführer der WK-Bezirksstelle Innsbruck Stadt, den entscheidenden Unterschied, der im Ende Juni 2024 präsentierten Entwicklungskonzept festgehalten beziehungsweise spannend aufbereitet wurde.
Zwei Jahre lang wurde intensiv daran gearbeitet, mit viel Prozess-Expertise begleitet vom Wiener Planungsbüro „Raumposition“ und ohne durch die Unruhen der Stadtpolitik tangiert zu werden. „Es war und ist spürbar, dass es allen ernst ist“, sagt Franz Jirka, der ein erstes positives Zeichen des Umsetzungswillens etwa darin sieht, dass mit 1. Juli 2024 zwei Quartiersmanager:innen allein beziehungsweise ausschließlich für die Rossau angestellt wurden. Als professionelle Ansprechpartnerinnen werden sie vor Ort Dreh- und Angelpunkt für die Standortoffensive sein. Neben der Mammut-Aufgabe, alle Betroffenen vor Ort ins Boot zu holen und den nun ebenfalls entfesselten „Wind of Change“ aufzuladen, fungieren die Quartiersmanagerinnen als Bindeglieder und Kümmererinnen für das Großprojekt.
„Erstens muss die Anbindung an den öffentlichen Verkehr verbessert werden“, sagt Stefan Wanner. In dem Zusammenhang wurde bereits ein erster Schritt gesetzt. Am 6. Juli 2024 wurde die „Rossau-Buslinie F“, deren Endstation bislang in der Neu-Rumer Kaplanstraße war, bis zum Bahnhof Rum verlängert. „Das zweite ist die Parkraumbewirtschaftung, die funktionieren und komplett überdacht werden muss. Es sind viele Dauerparker unten“, nennt Wanner die nächste, in seinen Augen relativ schnell umsetzbare Maßnahme und hält fest: „Es muss nicht alles auf einmal umgesetzt werden, aber es muss sichtbar werden, dass man die Rossau ernst nimmt. Schnelle positive Sachen sind wichtig – dann kommt das alles ins Rollen. Es ist jedenfalls sehr spannend.“ Stimmt.
Im Entwicklungskonzept Standortoffensive Rossau, das am 21. Juni 2024 präsentiert wurde, wird das strategische Zukunftsbild der Rossau auf sieben Leitprinzipien herunter gebrochen. Sie bilden den strukturellen und programmatischen Rahmen für die neue Zukunft des Wirtschaftsstandortes:
Starker urbaner Rand im Äußeren
Die unterschiedlichen Ränder bieten verschiedene Potentiale zur stärkeren Eingliederung in die Stadt. Durch eine Qualifizierung der Eintrittspunkte im Westen werden diese als urbane Scharniere zu Verbindungspunkten mit der Stadt. Neue Übergänge zum Inn machen das Erholungsgebiet zugänglicher.
Produktive Vielfalt im Inneren
Der heterogene Nutzungsmix der Rossau macht das Gebiet resilient und krisensicher. Um optimal wirtschaften zu können, brauchen Betriebe ein Umfeld, das ihnen das störungsfreie Arbeiten ermöglicht. Zusätzlich muss auf den Parzellen ein hohes Maß an Flexibilität gegeben sein, um den Entwicklungsdynamiken von Unternehmen Rechnung zu tragen.
Grüner Ring mit grün-blauem Netz
Die Rossau ist in große, übergeordnete Grünzüge eingebettet, die das Potential von attraktiven Zubringer- und Freiräumen mitbringen. Diese Grünzüge miteinander zu verbinden und in die Rossau hinein zu führen, stellt ein großes Potential dar.
Zusätzlich sind sie wichtige Kaltluft-Entstehungsgebiete. Im Gebiet selbst gilt es, einzelne Straßenzüge mit blau-grüner Infrastruktur aufzuwerten und wo es geht, zu entsiegeln sowie kleinteilige Freiräume zu schaffen.
Durchgängige Wegeverbindung
Lückenschlüsse des Wegenetzes in Nord-Süd-Richtung vor allem für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen sollen durchgängige, attraktive Wegeverbindungen zwischen dem Inn und dem südlichen Rand der Rossau schaffen.
Starke Orte im Inneren
Die bereits bestehenden Zentren und Zentralräume gilt es miteinander zu vernetzen und durch die Ausbildung von neuen Zentren zu ergänzen. Dabei wäre die Einrichtung von multifunktionalen Zentren anzudenken - mit Gastroangebot für die Mittagspause und nach der Arbeit, im besten Fall an Mobilitätsknotenpunkten.
Engmaschiges ÖV-Netz
Ein engmaschiges und leistungsfähiges Busnetz mit verdichteten Intervallen und noch besseren Anbindungen der Bahnknoten Hauptbahnhof und Rum soll den öffentlichen Verkehr für mehr Beschäftigte zur attraktiven Alternative zum Auto
machen.
Flächendeckendes Energienetzwerk
Durch die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen allen Akteur:innen in der Rossau kann sich die Energieversorgung vom zentralen Kraftwerk zum dezentralisierten Energienetzwerk weiterentwickeln.
Weitere Infos unter: www.ibkinfo.at