Nachhaltigkeitskoordinatorin Martina Mayer unterstreicht: „ist es immer wichtig, Prozesse genau zu beobachten und sie zu optimieren, um keine Ressourcen zu verschwenden.
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Nachhaltiger Austausch

Seit Juni 2023 ist Martina Mayer Nachhaltigkeitskoordinatorin der vier Tourismusverbände des Bezirkes Reutte. Im Interview mit der Tiroler Wirtschaft erzählt sie von ihrer Herangehensweise, den Herausforderungen und den Projekten. „Diejenigen, die noch zweifeln, werden irgendwann auch mitziehen. Wenn sie sehen, was alles möglich ist, passiert das von selber“, beschreibt sie die nachhaltige Dynamik.

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Aktualisiert am 12.08.2024

Was ist das Schöne an der Arbeit einer Nachhaltigkeitskoordinatorin?

Martina Mayer: Ich komme ursprünglich aus dem Qualitätsmanagement und bin ein sehr praktisch denkender Mensch in dem Sinn, mit so wenig Arbeit wie möglich so effektiv wie möglich zu sein. Deswegen ist es immer wichtig, Prozesse genau zu beobachten und sie zu optimieren, um keine Ressourcen zu verschwenden. Da kommen wir schon zum Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist, mit Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Das Schöne ist, am Ende zu sehen, was bei der Optimierung eines Prozesses oder der Umsetzung eines Projekts rauskommt und welchen Effekt es hat.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Da gibt es einige. Das jüngste ist, dass wir den AlpenKlimaGipfel auf der Tiroler Zugspitze als Green Event organisiert haben. Sobald die meis-ten Veranstalter:innen oder Catering Services Green Event hören, stellen sie sich vor, dass die Qualität am Catering scheitert. Das war beim AlpenKlimaGipfel genau das Gegenteil. Alle waren begeistert vom Catering, weil wir es ganz liebevoll gestaltet haben. Wir haben Schilder neben das Essen gestellt, um aufzuzeigen, woher die ganzen Lebensmittel – die meisten direkt aus der Region – kommen. Die Catering Services waren auch darüber erstaunt, wie wenig Müll angefallen ist. Die Beschaffung war eher der stressigere Teil an dem Ganzen - aber im Endeffekt waren alle begeistert, auch die lokalen Produzenten. Das hat mich sehr gefreut.

Ist es eine Freude, zu zeigen, dass es funktionieren kann?

Genau. Ja. Es gab einfach die viel größere Wertschätzung, weil wir es den Leuten auch gesagt haben, dass wir es nach Green Event Kriterien ausgerichtet haben. So haben sie dem Ganzen mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Gibt es weitere Herzensprojekte, an denen Sie aktuell arbeiten?

Wir beschäftigen uns gerade mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Tourismusdestinationen und haben vor kurzem beschlossen, dass wir das auf jeden Fall umsetzen werden. Ich bin jetzt seit ein bisschen über einem Jahr bei den vier Tourismusverbänden des Außerfern angestellt und meine Aufgabe war, den Status quo zu ermitteln und anhand der Kriterien zu schauen, wo wir stehen. Nun haben wir uns dafür entschieden, dass das Österreichische Umweltzeichen für uns eine Art von Qualitätsmanagement ist. Inzwischen geht es ja nicht mehr darum, so viele Übernachtungen wie möglich zu generieren, sondern dass die Übernachtungen eine gewisse Qualität behalten. Aus ökologischer Sicht ist die Natur selbstverständlich unsere Lebensader. Wenn die zerstört wird, werden die Gäste vermutlich auch nicht mehr zu uns kommen.

Wurden von den Tourismusunternehmen des Bezirkes Ernst und Chancen erkannt?

Ja und nein. Es gibt ein paar, die sehr hervorstechen, weil sie schon immer Pioniere waren. Energieschonendere Anlagen sind natürlich eine Investition. Wir helfen den Betrieben etwa, wenn sie Förderungen beantragen wollen. Förderungen sind ein gutes Argument, um in nachhaltige Maßnahmen zu investieren. Manche glauben, dass wir noch über unbegrenzte Ressourcen verfügen. Ihnen zu sagen, dass sie in Zukunft schlechtere Konditionen haben oder sie keine Kredite bekommen werden, ist für mich das letzte Argument, das ich verwenden will. Diejenigen, die noch zweifeln, werden irgendwann auch mitziehen. Wenn sie sehen, was alles möglich ist, passiert das von selber.

Sie haben – gemeinsam mit ihren Kolleg:innen der 34 Tiroler Tourismusverbände – Anfang des Jahres das neue Ausbildungsprogramm für Nachhaltigkeits-koordinator:innen absolviert. Mit welchem Resümee?

Ich fand die Ausbildung unter anderem gut, weil wir ja viele ganz unterschiedliche Persönlichkeiten in der Nachhaltigkeitskoordination haben – mit unterschiedlichen Ausbildungen. Da ist es sehr gut, dass wir nun alle – was das Grundwissen anlangt – am gleichen Stand sind. Es ist schon sehr wichtig, dass wir die gleiche Sprache sprechen. Ich habe für mich persönlich sehr viel mitnehmen können und fand es wichtig, dass uns die Möglichkeit geboten wurde.

Wurde damit auch eine gute Netzwerk-Platzform für die Nachhaltigkeits-
koordinator:innen geschaffen?

Auf jeden Fall. Wir haben acht Treffen jährlich, vier online und vier in Präsenz – in einer Gastgeberregion – und haben auch eine gemeinsame Gruppe auf Teams eingerichtet, wo wir immer wieder Interessantes teilen. Bei unserem letzten Treffen ist es beispielsweise um Green Communication gegangen, also nachhaltiges Kommunizieren. Dabei wurde etwa ein Leitfaden präsentiert zur Frage, was wichtig ist, wenn man Nachhaltigkeit über Social Media kommuniziert. Wir lernen da extrem viel voneinander und ich finde es toll, dass niemals das Gefühl aufgekommen ist, dass wir Konkurrent:innen sind. Man unterstützt sich gegenseitig und lernt voneinander. Wenn ich etwas brauche – aus dem Ötztal beispielsweise, weil sie zu dem Thema schon Recherchen betrieben haben – dann bekomme ich die Unterlagen und gebe meine selbstverständlich ebenso gerne weiter.

Klingt nach einem dynamischen
Austausch.

Ja. Das ist es.

Den ersten Absolvent:innen des Ausbildungsprogramms für Nachhaltigkeitskoordinator:innen im Tourismus  gratulierten unter anderem Landesrat Mario Gerber und Tirol Werbung-Geschäftsführerin Karin Sailer.
© VTT/ Lechner Den ersten Absolvent:innen des Ausbildungsprogramms für Nachhaltigkeitskoordinator:innen im Tourismus gratulierten unter anderem Landesrat Mario Gerber und Tirol Werbung-Geschäftsführerin Karin Sailer.


Intensive Schulung

Mit dem Ausbildungsprogramm für Nachhaltigkeitskoordinator:innen im Tourismus wurde Tirol seiner Vorreiterrolle gerecht. Im April 2024 haben die Mitarbeiter:innen der 34 Tiroler Tourismusverbände die Ausbildung abgeschlossen.

Ich fand den Kurs für meine persönliche Arbeit sehr hilfreich. Vor allem finde ich es super, dass wir jetzt auch alle die einheitlichen Kriterien wissen und uns auch untereinander damit besser austauschen und auch vergleichen können, wo wir so stehen“, sagt Theresa Gorbach (TVB Kufsteinerland).
„Die gelernten Inhalte können wir sehr gut in der Praxis umsetzen. Wir haben eine hervorragende Basis für die anstehende Berichterstattung bekommen“, stellt Katharina Lentsch (TVB Serfaus Fiss Ladis) fest.

Und Guido Vianello (Innsbruck Tourismus) meint: „Für meine Arbeit als Produktentwickler war die Teilnahme an diesem Kurs eine wesentliche Ergänzung und Vertiefung meines persönlichen und beruflichen Hintergrunds, um die Qualität meiner Arbeit zu verbessern.“

Es ist ein ziemlich positives Zeugnis, das die Nachhaltigkeitskoordinator:innen jenem Ausbildungsprogramm ausstellen, das durchaus als Meilenstein auf dem „Tiroler Weg“ bezeichnet werden darf.

Unter Federführung des Verbandes der Tiroler Tourismusverbände (VTT) sowie in Kooperation mit WIFI Tirol, MCI Management Center Innsbruck, Tirol Werbung und Land Tirol hatte Anfang Jänner 2024 ein neues Ausbildungsprogramm für Nachhaltigkeitskoordinator:innen im Tiroler Tourismus gestartet, das für die diesbezüglich federführenden Mitarbeiter:innen der 34 Tiroler Tourismusverbände maßgeschneidert war, um ihnen im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Management weiteres Rüstzeug mitzugeben. Bis April 2024 wurden nicht nur ihre Kenntnisse im Nachhaltigkeitsmanagement auf ein gemeinsames Level gehoben, sondern auch praxisrelevantes Know-how für die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategien in ihren Regionen und der Berichtslegung der TVB vermittelt.

Neben qualitativen Status-quo-Erhebungen gibt es in diesem Jahr erstmals auch entsprechende quantitative Kennzahlen, die im gemeinsam vom VTT und Tirol Werbung entwickelten „Nachhaltigkeitscheck“ – unter wissenschaftlicher Begleitung des MCI Tourismus – erhoben und analysiert werden. Diese Ergebnisse fließen wiederum in den vom VTT konsolidierten Bericht ein, der im Sommer an die Tiroler Landesregierung zur Evaluierung übergeben wird.