Lindner Traktoren: Erfindergeist in 4. Generation
Mit 1.200 verkauften Fahrzeugen pro Jahr, Innovationen am laufenden Traktor-Band und einer Exportquote von 60 Prozent ist das Unternehmen Lindner Traktoren mit Hauptsitz in Kundl ein beeindruckender Tiroler Leuchtturm. Seit April 2024 ist David Lindner Mitglied der Geschäftsführung. Im Interview mit der Tiroler Wirtschaft erzählt er von den vergangenen wie den kommenden großen Herausforderungen.
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Seit April 2024 zählen Sie zur dreiköpfigen Geschäftsführung von Lindner Traktoren. Sie sind damit in die Fußstapfen Ihres Vaters, Hermann Lindner, getreten. Können Sie die unternehmerische DNA der Familie Lindner beschreiben, schließlich ist schon die vierte Generation an der Spitze des Unternehmens?
David Lindner: Wir haben unseren Kunden immer schon genau zugehört, um zu verstehen mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind. Mit innovativen Produkten hat Lindner ihnen Lösungen geliefert. Unsere starke Kundenorientierung hat uns stets geholfen, viel Nützliches zu schaffen: vom Vierrad-Antrieb, über die Seitenschaltung und die Stufenlos-Getriebetechnik bis zur Hinterachslenkung bei Traktoren.
Ihr Urgroßvater, Hermann Lindner, war ein Erfindergeist, der zahlreiche Entwicklungen voraussah und darauf etwa mit dem Bau von Traktoren für’s steile Gelände reagierte. Was fasziniert Sie am meisten, wenn Sie an die ersten Stunden des Unternehmens denken?
Mein Urgroßvater hat sich 1946 mit elf Kollegen aus dem Flugzeugbau selbstständig gemacht. Die ersten Produkte, die sie produzierten, waren Gebirgsgattersägen. Zwei Jahre später entstand der erste Traktor. Besonders eindrucksvoll für mich ist, wie damals mit sehr begrenzten Mitteln großartige Produkte entstanden sind. Die ersten Maschinen und Traktoren waren aus zerbombten Hochspannungsmasten gefertigt, da kein anderes Material verfügbar war. Das zeugt von Erfindergeist. Die Weiterentwicklung ging damals rasend schnell – so wie man es heute von manchen Start-up-Unternehmen kennt. Diese Schnelligkeit bei Innovationen nehmen wir uns bis heute zum Vorbild.
Die Innovationskraft ist es, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Unternehmens zieht. 2014 bekam sie mit dem Innovationszentrum in Kundl einen ziemlich dynamischen Mittelpunkt. Wie hat sich das Zentrum in seinen ersten 10 Jahren bewährt?
Wir haben jährlich rund 16.000 Besucher im Innovationszentrum in Kundl zu Gast. Neben den beiden Werksausstellungen im März und Oktober finden hier vor allem Händler-Schulungen und Fahrertrainings statt. Auch Schulklassen,
Verbände, Bauerngruppen sowie Kommunalexperten aus ganz Europa kommen nach Kundl, um die neuesten Lindner-Fahrzeuge zu erleben. Hier finden sowohl Produktpremieren als auch das Kommunalforum Alpenraum statt. Mit den Techdays for Kids, die dieses Jahr am 10. und 11. Juli sind, wecken wir die Begeisterung für Technik schon bei den Jüngsten. Und so mancher Traktorfan kommt einfach vorbei, um einen spannenden Tag bei uns zu verbringen.
Sie selbst sind seit 1999 im Unternehmen tätig. Als Werksstudent haben Sie begonnen. Welche waren Ihre weiteren Stationen und was war dabei besonders wichtig zu lernen beziehungsweise kennenzulernen?
Während meines Auslandsjahres als Student in Kopenhagen hatte ich die einzigartige Gelegenheit, meine eigene Kultur mit den Kulturen anderer Länder zu vergleichen. Erst im Austausch mit Menschen von anderen Kontinenten wird einem bewusst, was einen Tiroler, Österreicher und Europäer ausmacht. Während meines Berufspraktikums in Deutschland war es wichtig, das vertraute Umfeld zu verlassen und sich als „Anfänger“ im Arbeitsleben zu bewähren. Besonders lehrreich waren für mich der Aufbau der Tochtergesellschaften Lindner Schweiz und Lindner Frankreich. Man darf nie stehen bleiben und sollte sich weiterzubilden. So konnte ich berufsbegleitend die Instrumente der Unternehmenssteuerung am MCI in Innsbruck vertiefen und zusätzlich auf der WU in Wien „DataScience“ studieren. In schnell ändernden Zeiten muss man stets am aktuellen Stand bleiben.
Haben Sie, wie wohl die meisten Ihrer Kunden aus der Landwirtschaft, schon als junges Kind gelernt, Traktor zu fahren – und tun Sie das auch heute noch?
Ja, ich fahre schon immer liebend gerne mit dem Traktor und habe recht früh die ersten Kratzer bei Ausstellungstraktoren verursacht. Auch heute noch versuche ich mir so oft wie möglich ein Fahrzeug über das Wochenende auszuleihen und damit zu fahren und zu arbeiten. Sogar meine Frau hat vor kurzem den Traktorführerschein gemacht, um besser verstehen zu können, woher meine Begeisterung für diese Fahrzeuge kommt.
Neben den Fragen der Landwirtschaft im alpinen Raum beantwortet Lindner Traktoren auch jene aus dem Kommunalbereich mit Fahrzeugen, die alle gewünschten Stücke spielen. Woher wissen die Entwickler Ihres Unternehmens, was „draußen“ gebraucht wird?
Reden, reden, reden und vor allem Zuhören. Auf Messen, in Gesprächen, durch regen E-Mail-Verkehr mit unzähligen Verbesserungsvorschlägen. So können wir verstehen, was unsere Kunden brauchen. Im Kommunalforum Alpenraum beschäftigen wir uns auch damit, was die Kommunalprofis abseits des Fuhrparks sonst noch beschäftigt. Zudem geben die Einsatz- und Winterdienstberichte, die wir mit unserer TracLink-Telematik für unsere Kunden erstellen, natürlich auch uns gute Einblicke über die Einsatzschwerpunkte unserer Produkte.
Mit dem Kommunalforum Alpenraum, einer hochkarätigen Veranstaltung, widmet sich das Unternehmen den Herausforderungen der Gemeinden. Das letzte Kommunalforum war der Frage gewidmet, wie Gemeinden Künstliche Intelligenz nutzen können. Wie nutzt das Traktorenwerk Lindner die smarten Möglichkeiten?
Durch das TracLink System sammeln unsere Fahrzeuge viele Daten. Alle fünf Sekunden werden von den Sensoren Informationen über Gewicht, Temperatur und den Betriebszustand geliefert. Aus diesen Daten lassen sich z.B. Winterdienstberichte erstellen. Weiters können dank der Daten die Mengen für den geplanten Einsatz tagesgenau vorhergesagt werden und eine optimale Ressourcenplanung stattfinden.
Rund 1.200 Traktoren und Transporter werden jährlich von den Lindner-Mitarbeiter:innen gefertigt. Eine stolze Zahl. Wie kann sie erhalten beziehungsweise auch in Zeiten knapper Kassen ausgebaut werden?
Wir setzen auf erstklassigen Kundenservice, in dem wir bestehende Kunden bestens betreuen. Weiters erschließen wir neue Märkte. In Kanada beispielsweise konnten wir den Absatz innerhalb von drei Jahren vervierfachen. Und indem wir flexibel sind: Das TracRent Mietsystem haben wir für Kunden etabliert, die professionell arbeiten, aber momentan nicht investieren können oder wollen.
Gibt es ein Ziel, das Sie und ihre Co-Geschäftsführer Stefan und Christoph Lindner verfolgen? Was sind die nächsten großen Schritte?
Aktuell verbessern wir die Abläufe in der Montage, um noch besser zwischen den oft sehr unterschiedlich nachgefragten Modellen und den verschiedenen Ausstattungen wechseln zu können. Flexibilität ist auch bei den Sonderwünschen unserer Profi-Kunden gefragt. Und da wir uns mit unseren Kunden mitentwickeln wollen, arbeiten wir momentan am nächstgrößeren Lintrac-Modell. Das möchten wir auf der kommenden Agritechnica-Messe 2025 in Hannover zeigen.
Weitere Informationen: www.lindner-traktoren.at