Konjunkturbericht: Angespannte Lage im Tiroler Handel
Die erhöhten Kosten für Mieten, Energie, Finanzierungen sowie steigenden Löhne & Gehälter stellen viele Handelsunternehmen bei fast stagnierenden Umsätzen vor Herausforderungen, die sie ohne politsche Unterstützung kaum meistern können.
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Ein düsteres Stimmungsbild wurde heute bei der Präsentation des Konjunkturberichts des Tiroler Handels für das erste Halbjahr 2023 gezeichnet. Obwohl der Netto-Halbjahresumsatz im Vergleich zu 2022 nominell um 1,0 % auf rund 10,3 Milliarden Euro gestiegen ist, bleibt kein reales Wachstum übrig. Im Gegenteil: Preisbereinigt steht ein Rückgang um satte 4,4 % zu Buche.
Kosten drücken die Erträge
Hauptverantwortlich dafür sind die extremen Kostensteigerungen der jüngeren Vergangenheit – bei den Energie- und Mietpreisen, aber beispielsweise auch bei Kredit- und Finanzierungskosten. „In vielen Branchen ist es schlicht und einfach nicht möglich, die Verkaufspreise an die geänderte Kostenstruktur anzupassen. Die daraus resultierenden Ertragsprobleme machen den Betrieben enorm zu schaffen – viele stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Verschärft wird die Situation zum einen dadurch, dass die nach wie vor zu hohe Inflation Gift für die Konsumlaune im Land ist und zum anderen dadurch, dass mit den bevorstehenden KV-Abschlüssen weitere Kosten auf die Unternehmen zukommen.
Dazu hält Unterberger fest: „Es steht außer Zweifel, dass sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Lohnerhöhungen verdient haben und diese auch brauchen. Allerdings kann es nicht sein, dass die Unternehmen die alleinige Verantwortung dafür tragen müssen, wenn es die Politik nicht schafft, die Inflation einzubremsen. Die Betriebe können nicht mehr verteilen, als sie erwirtschaften. Deshalb ist unser Wunsch an die Politik, dass ein Teil der Lohn- und Gehaltserhöhungen in diesem Jahr über eine Steuerreform und niedrigere Lohnnebenkosten realisiert wird. Sonst kommen wir nie aus der aktuellen Lohn-/Preisspirale raus.“
Konsumlaune gedämpft
Wolfgang Feucht, der Sprecher des Tiroler Modehandels, betont, dass die aktuelle Entwicklung vor allem jene Branchen besonders hart trifft, die durch die internationale Vergleichbarkeit der Handelswaren unter einem massiven Konkurrenzdruck stehen. „Wenn die Preise überall steigen und die Leute sparen müssen oder wollen, tun sie das naturgemäß bei Dingen, die sie nicht unbedingt brauchen. Da ist gerade bei Mode und Bekleidung die Verlockung groß, entweder ganz auf Neuanschaffungen zu verzichten oder online auf Schnäppchenjagd zu gehen. Wenn das Motto ,Hauptsache billig‘ lautet, schaut der heimische Fachhandel, bei dem Waren- und Servicequalität oberste Priorität haben, leider oft durch die Finger“, so Feucht, der ergänzt: „Die Auswirkungen sind bereits deutlich zu spüren. Im heimischen Modehandel müssen immer mehr namhafte Unternehmen, aber auch zahlreiche kleinstrukturierte Familienbetriebe Insolvenz anmelden. Es gibt aber auch viele Händlerinnen und Händler, die zwar noch zahlungsfähig wären, ihre Geschäfte aber trotzdem schließen beziehungsweise nicht mehr an die nächste Generation übergeben. Das sind zumeist kleine Betriebe mit ein, zwei Angestellten, die kaum noch Möglichkeiten haben, bei den Kosten einzusparen. Ihnen fehlt schlicht und einfach die Perspektive, in naher Zukunft wieder gewinnbringend wirtschaften zu können, deshalb ziehen sie lieber die Reißleine.“
Ohne Unterstützungen droht vielen Betrieben das Aus
Angesichts des Umstandes, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin herausfordernd bleiben werden, fordern die Interessenvertreter des Tiroler Handels mit seinen rund 51.000 Beschäftigten gezielte wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen ein – etwa den „Energiekostenzuschuss II“, der seit November 2022 immer wieder angekündigt, aber nie umgesetzt wurde.
Andernfalls könnten die Folgen für die Handelsstruktur in Tirol und ganz Österreich verheerend sein, wie WK-Vizepräsident Martin Wetscher aufzeigt: „Sollten die Löhne & Gehälter, die Mietpreise für Geschäftslokale, die Energiekosten sowie die Einkaufspreise unserer Handelswaren weiterhin in diesem Ausmaß ansteigen, werden viele Handelsbetriebe ohne entsprechende Unterstützungen zusperren müssen. Wenn die Politik also nicht schnell gegensteuert, sind ausgestorbene Dörfer oder Straßenzüge im ganzen Land bald Realität. Das wäre unendlich schade, weil florierende Orts- und Stadtkerne die Gravitationszentren unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens sind.“
Hier finden Sie die Ergebnisse der Erhebung des Institutes Österreichs Wirtschaft zur Tiroler Handelskonjuktur im 1. Halbjahr 2023: konjunktur-handel-1.pdf