Heißes Handwerk total cool
Die lodernde Leidenschaft für sein uraltes Handwerk sowie das Brennen für Ästhetik in Kombination mit genialer Funktionalität zeichnen Hafnermeister Franco Schiechtl aus dem Pitztal aus.
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„Vorher war nichts, dann steht es da“, sagt Franco Schiechtl. Knapper können die Dyna mik, die Magie und der Stolz eines Hand– werks kaum beschrieben werden. Was Franco Schiechtl aus dem Nichts aufstellt, ist dann auch nicht selten der Stolz eines Hauses und der Familie, die darin wohnt. Seine Stücke tragen schließlich zu magischen Lebensmomenten bei und zu unvergleichlicher Gemütlichkeit. „Ja, wenn du geile Anlagen bauen kannst, dann hat das wirklich etwas heroisches“, beschreibt der Hafnermeister und Ofensetzer aus Jerzens die Wirkung eines Ofens, in dem das offene Feuer lodert und sichtbar seine Kraft entfaltet, ziemlich trefflich.
In gewisser Weise ist er selbst auch recht heldenhaft, hat Franco Schiechtl im Juni 2023 doch schon zum zweiten Mal den „Ofen-Oscar“ gewonnen – den Designpreis Ofenflamme – der in der Welt der europäischen Hafnermeister und Ofensetzer das Pendant des Oscar für internationale Filmschaffende darstellt. „Das ist auf alle Fälle eine lässige Bestätigung“, ist Franco Schiechtl entsprechend froh, das ganz offensichtlich beste und die Fachjury überzeugendste unter den 130 Wettbewerbsobjekten gebaut zu haben. Dass der junge Pitztaler das siegreiche Prickeln bereits 2019 erleben konnte, trübt den jüngsten Erfolg keinesfalls. Im Gegenteil, festigt der Oscar doch seinen Stellenwert unter den europäischen Ofensetzern, die im Rahmen des Wettbewerbes die hohe moderne Kunst des uralten Handwerks zeigen.
Handwerkliche Fertigkeiten
Besonders beeindruckend ist, mit welchen handwerklichen Fertigkeiten und künstlerischer Kreativität die Feuerstätten in die Wohnräume der Menschen integriert werden. Wir können wunderschöne Öfen als Raumteiler, als wärmespendende Möbelstücke, als solitäre Kunstobjekte, als Lichtquelle oder zur optischen Unterstreichung des Architekturkonzeptes sowohl für innen als auch außen bestaunen“, wurde ein Ofenflamme-Jurymitglied im Rahmen der Verleihung in Berlin zitiert. Seit 2015 wird der Designpreis Ofenflamme vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sowie der Fachzeitschrift Kamine & Kachelöfen ausgelobt.
Alle zwei Jahre wird er unter strengen Wettbewerbsanforderungen vergeben. Kriterien wie Einbindung in den Wohnraum und Architektur, Auswahl der verwendeten Baustoffe, Stimmigkeit von Formen, Farben und Symmetrie werden dabei bewertet und allein dieser Rahmen zeigt schon, wie vielfältig die Möglichkeiten und wie anspruchsvoll die Anforderungen an die Hafnerund Ofenmeister:innen sind. „Du bist Installateur, Schlosser, Maler, Verputzer, Maurer und Elektriker“, umreißt Franco Schiechtl die Gewerke, die ein Ofensetzer in sich vereint. „Du brauchst viel Können und musst über ein gewisses Maß aufnahmebereit und interessiert sein“, sagt er auch. All das ist der 31-Jährige, der schon richtig lange von dem kontrolliert genutzten Spiel mit dem Feuer begeistert ist – und das über das „gewisse Maß“ hinaus.
Feuriger Glanz
Ein Bekannter meines Vaters hatte eine Ofenbaufirma“ erzählt er, „Mit 13 habe ich zum ersten Mal geschnuppert und es hat mich fasziniert, weil du von Grund auf etwas fertig stellst.“ Dabei unterscheidet sich dieses Etwas ein wenig von anderen Handwerksstücken, weil ein Ofen nicht nur seine Funktionen erfüllt, sondern nicht selten Mittel punkt eines Hauses ist, der feurige Glanz in der Hütte quasi. Schiechtl: „Ja, ein Ofen ist etwas Erfreuliches. Dass die Leute immer eine Gaudi damit haben, hat mir von Anfang an getaugt.“
Die Wirkung dieser Gaudi hat seinen Weg eindrucksvoll befeuert. Im Oktober 2023 feiert seine „Hafnerei Tyrol“ bereits das 10-jährige Jubiläum und seine Marke ist weit über Tirol hinaus bekannt. Schiechtls Öfen – rund 13 baut er pro Jahr – erfreuen Menschen von der Cote d’Azur über Italien bis weit in den Norden Deutschlands. Auch in Tirol stehen selbstverständlich einige Prachtexemplare und auch das nahe Bayern bezeichnet er als ein echt gutes Ofenland. „Auch die nächsten großen Projekte sind in Bayern draußen. Die bekommen meistens zwischen zwei und drei Öfen ins Haus“, so Schiechtl.
Seine Kundschaften backen offenkundig nicht nur kleinen Brötchen mit kleinen Feuerchen. In Idar-Oberstein, der Schmuck- und Edelstein-Stadt im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz, hat Schiechtl beispielsweise eine Spießbratenstube mit ihrem Sinn gefüllt: „Das ist ein kompletter Raum, wo acht Leute um den offenen Ofen hocken können und ihr Fleisch braten. Das sind coole Sachen.“ Stimmt. Coole Sachen rund um die Ofenhitze zu kreieren, ist eine Spezialität, die sich herumspricht. Nicht nur das handwerkliche Können selbst ist Basis dafür. Viel kreatives Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis zählen auch dazu. „Du musst schon wissen, wie du die Leute nimmst. Mit dem Tiroler Schmäh geht da viel. Ich rede nicht viel um den Brei herum, das mögen sie“, sagt er, schmunzelt und betont: „Meinen Kundinnen und Kunden geht es um die Emotion und das Feuer.“
Pure Vielfalt
Dass dieses Feuer auch äußerst praktische und im allerbesten Sinn des Wortes nachhaltige Stücke spielt, Wärme über viele Stunden speichern und auch für warmes Wasser sorgen kann, war für jenen Kunden, dessen Ofen die Ofenflamme-Jury jüngst überzeugte, superwichtig. „Er hatte ein Thoma-Haus gebaut, ein Holzhaus, in dem der Kachelofen das ganze Haus heizt, das Warmwasser macht und die Heizung speist“, so Schiechtl, der die Vielfalt der modernen Hanfner- und Ofenbau-Möglichkeiten leidenschaftlich ausreizt, dabei stets allein unterwegs ist und sagt: „Nur die Ausführungen sind heute anders. Das Handwerk selbst ist wahnsinnig alt und das Prinzip ist gleich geblieben.“
Gleich geblieben sind wohl auch die handwerkliche Dynamik, die Magie sowie der Stolz, die den jungen mit den alten Meisterinnen und Meistern dieser Zunft verbindet. Er kann die Essenz in knappe Worte fassen: „Vorher war nichts, dann steht es da.“