Green Jobs eröffnen neue Perspektiven im Gewerbe und Handwerk
Berufe, die einen positiven Effekt auf die Umwelt haben, bieten nicht nur nachhaltige Lösungen, sondern tragen auch wesentlich zum wirtschaftlichen Wachstum bei.
Lesedauer: 4 Minuten
Die derzeit gedämpfte Konjunkturentwicklung in weiten Teilen der Wirtschaft macht sich auch im Tiroler Gewerbe und Handwerk bemerkbar. Laut einer Erhebung der KMU Forschung Austria sind die Auftragseingänge bzw. Umsätze vom 1. bis zum 3. Quartal 2023 im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2022 wertmäßig um 2,3 % gesunken. Dementsprechend verhalten sind auch die Erwartungen der Tiroler Gewerbe- und Handwerksunternehmen mit ihren rund 65.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das 1. Quartal 2024. Nur 13 % der Betriebe erwarten eine Steigerung der Autragseingänge bzw. Umsätze gegenüber dem 1. Quartal 2023. Dagegen rechnen 38 % mit Rückgängen, 49 % erwarten keine wesentliche Veränderung. „Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage mit einer angespannten Auftragslage und Herausforderungen wie Arbeitskräftemangel und hohen Energiepreisen, ist es entscheidend, dass wir im Gewerbe und Handwerk innovative Wege gehen“, betont Franz Jirka, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Tiroler Wirtschaftskammer. Er unterstreicht, dass die immer größer werdende Bedeutung sogenannter Green Jobs, in diesem Zusammenhang eine einmalige Chance bietet. „Der Großteil dieser Berufsbilder, die einen positiven Effekt auf die Umwelt haben, ist im Gewerbe und Handwerk angesiedelt. Das bringt für unseren Wirtschaftsbereich eine Vielzahl neuer Impulse und Zukunftschancen“, so Jirka.
Installationsprofis als verlässliche Partner beim Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme
Eine der Vorreiter-Branchen in Sachen Green Jobs ist beispielsweise die Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik. „Im Bereich der Erneuerbaren Energien stehen wir Installateure unseren Kundinnen und Kunden nicht nur mit unserer Expertise beratend zur Seite, sondern sind auch für die Abwicklung und Ausführung ihrer Projekte verantwortlich", konstatiert Innungsmeisterin Veronika Opbacher. Sie weiß, dass ihre Kolleginnen und Kollegen in der nahen Zukunft viel zu tun haben werden. „Wenn man die Fördersummen betrachtet, dann ist das Thema Nachhaltigkeit für die eigene Geldbörse so attraktiv wie noch nie. Bund und Länder haben mit ihren Initiativen die Zeichen der Zeit erkannt und bieten auf vielen Ebenen Zuschläge. Das ist wichtig und gut, denn der Umstieg bzw. der Einbau von klimafreundlichen Systemen muss für uns alle oberste Priorität haben. Nachhaltigkeit darf keine leere Versprechung sein“, so Opbacher, die den Tirolerinnen und Tirolern rät, sich bereits im Vorfeld eines geplanten Projektes mit dem jeweiligen Installationspartner abzusprechen. „Welches System macht für welches Projekt Sinn? Wie kann ein möglicher Umstieg schonend, schnell und unkompliziert über die Bühne gebracht werden? Welche Förderungen sind wann und wo zu beantragen? Auf diese Fragen gilt es die passenden Antworten zu finden. Und genau das ist der Job der Tiroler Installateurinnen und Installateure“, so Opbacher.
Gärtner:innen machen urbane Räume grüner und kühler
Kaum ein anderer Beruf hat eine längere Tradition im aktiven Umweltschutz als jener der Gärtnerinnen und Gärtner. Dabei hat vor allem ihre Rolle in der nachhaltigen Stadtgestaltung in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Dem wird beispielsweise mit dem neuen Lehrberuf „Klimagärtner“ Rechnung getragen, der vorausslich im Herbst 2024 startet. „Im städtischen Raum wird es tendenziell immer heißer. Defacto sind nur Gärtner:innen und Gärtner in der Lage mittels verschiedener Bepflanzungen, Begrünungen und Beschattungen die Temperatur in den Städten zu regulieren“, weiß Josef Norz, Innungsmeister der Tiroler Gärtner und Floristen. Er verweist darauf, dass Maßnahmen wie Fassaden- oder Dachbegrünungen ein ausgezeichnetes Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten. „Wenn sie von Anfang an miteingeplant werden, entstehen keine Mehrkosten beim Bau. Dafür werden weniger Kühlanlagen gebraucht und es gibt ein deutliches Plus an Biodiversität und Artenschutz. Deshalb werden im urbanen Bereich Projekte ohne grüne Elemente nicht mehr denkbar sein“, so Norz, der auch darauf hinweist, dass ein Laubbaum in der Stadt rund viermal so viel CO2 bindet wie ein Nadelbaum im Wald. Ein Indiz dafür, dass die Aufgaben der Gärtnerinnen und Gärtner immer vielfältiger werden, ist die Tatsache, dass die Zahl der Betrieb jährlich um 3 %, die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jährlich um rund 7 % steigt.
Elektro- und Gebäudetechniker helfen beim Energieerzeugen und Energiesparen
„Auch in der Elektro- und Gebäudetechnik sind Green Jobs seit längerem gelebte Realität. Von der Installation von Photovoltaikanlagen bis hin zur Entwicklung energieeffizienter Systeme im Bereich Smart Home - wir sind an der vordersten Front des technologischen Fortschritts“, betont Innungsmeister Helmut Brenner. Vor dem Hintergrund, dass PV-Anlagen bis zu einer Leistung von 35 KWp seit 1.1.2024 von der Umsatzsteuer befreit sind, rechnet er damit, dass die Aufragsbücher seiner Branche gut gefüllt sein werden. Ein Wermutstropfen ist dabei allerdings, dass es an Arbeits- und Fachkräften mangelt, um die Aufträge auch möglichst schnell abarbeiten zu können. Hoffnung macht diesbezüglich, dass die Zahl der Lehrlinge zuletzt wieder angestiegen ist und eine mit Jahresbeginn in Kraft getretene Ausbildungverordnung dazu beitragen soll, dass es künftig noch mehr werden. Ebenfalls erfreulich ist in diesem Zusammenhang der Erfolg von „elevel 2.0“. „Mit diesem speziellen Projekt, das wir vor vier Jahren gestartet haben, ist es möglich, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in nur zwei Jahren zum Fachkräften auszubilden. Mit diesem Modell haben wird bereits 120 junge Tirolerinnen und Tirolerinnen für unsere Branche gewinnen können“, so Brenner.
Zusätzlich Impulse gefordert
Zusammenfassend betont Spartenobmann Jirka, dass Green Jobs zum einen eine essenzielle Antwort auf ökologische Herausforderungen sind und zum anderen ein wesentlicher Faktor um die Konjunktur im Gewerbe und Handwerk anzukurbeln. Gleichzeitig unterstreicht er, dass es diesbezüglich zusätzliche wirtschaftspolitische Impulse braucht. „Beispielsweise wäre es sinnvoll, den Handwerkerbonus für Sanierungsmaßnahmen einzuführen und den Reparaturbonus auch auf nichtelektroninsche Geräte auszudehnen. Beides wäre nützlich für Klima und Nachhaltigkeit und würde vor allem kleineren Gewerbe- und Handwerksbetrieben neue Aufträge und Umsätze bringen“, ist Jirka überzeugt.