LIM Helmuth Hehenberger, Spartenobmann Franz Jirka und LIM Christian Dollinger (v.l.) wollen die Fachkräfte der Zukunft für das heimische Gewerbe und Handwerk sichern - unter anderem mit einem neuen Malbuch, das schon die jüngsten Tirolerinnen und Tiroler für handwerkliche Berufe begeistern soll.
© WK Tirol/ Die Fotografen

Aus- und Weiterbildung als Schlüsselfaktor für die Zukunft

Angesichts der Entwicklungen am Arbeitsmarkt braucht es ein klares politisches Bekenntnis zum berufspraktischen Bildungsweg und zu höchsten Qualitätsstandards.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 20.02.2025

Die Sparte Gewerbe und Handwerk ist seit jeher eine der starken Säulen der Tiroler Wirtschaft. Mit ihren derzeit rund 27.700 Betrieben und knapp 69.000 Beschäftigten steht sie für Stabilität, Qualität und regionale Wertschöpfung. Doch die Herausforderungen wachsen – zum einen aufgrund der anhaltend schwachen Konjunktur, zum anderen wegen des Fachkräftemangels, der sich immer weiter zuspitzt.

„Die Auftragseingänge und Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 % gesunken. Das heißt, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage für viele Betriebe sehr ernst ist und dass wir rasch Impulse brauchen, um den negativen Trend zu bremsen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitskräften ungebrochen hoch“, betont Franz Jirka, der Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Tiroler Wirtschaftskammer.

Angesichts dessen, dass es schon jetzt in vielen Branchen zu wenige qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, steht außer Frage, dass sich die Situation weiter verschärft, wenn der Konjunkturmotor erst einmal wieder richtig anspringt. „Vor diesem Hintergrund erwartet sich das heimische Gewerbe und Handwerk von der künftigen Bundesregierung gezielte Maßnahmen zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie eine klare Strategie zur Fachkräftesicherung“, so Jirka.

Meister- und Befähigungsprüfungen unverzichtbar für höchste Qualität

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Sicherung und Förderung der beruflichen Qualifikation. Dazu macht Christian Dollinger, Landesinnungsmeister der Tiroler Metalltechniker, deutlich: „Qualifikation schafft Qualität und Sicherheit – und ist damit die Basis für einen starken Wirtschaftsstandort.“

Speziell die Meister- und Befähigungsprüfung ist eine unverzichtbare Säule für die Qualitätssicherung in vielen Branchen. „Unqualifizierte Anbieter ruinieren den Markt. Wenn sie in den Wettbewerb mit qualifizierten Unternehmen treten, sinkt das allgemeine Qualitätsniveau. Das geht sowohl auf Kosten der Betriebe, die sich an hohen Standards orientieren, als auch auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten“, warnt Dollinger mit Hinweis auf die Erfahrungen aus Deutschland, wo 2004 zahlreiche Handwerksberufe dereguliert wurden.

Daher fordert die Sparte Gewerbe und Handwerk gezielte Maßnahmen, um das Handwerk als qualitätsgesicherten Wirtschaftsbereich weiter zu stärken – beispielsweise kostenlose Vorbereitungskurse für Meisterprüfungen und ein Bildungsgeld-Update zur Förderung von Qualifikationsmaßnahmen. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Qualität und eine gezielte Förderung des Unternehmertums im Handwerk – das muss der Politik finanziell etwas wert sein“, konstatiert Dollinger.

Duale Ausbildung als starkes Fundament stärken

Ein klares politisches Bekenntnis braucht es auch zum Erfolgsmodell der dualen Ausbildung. „93 % aller Lehrabsolventinnen und -absolventen sind auf Fachkräfteniveau oder darüber beschäftigt. Das zeigt, dass die Lehre ein exzellentes Sprungbrett für die berufliche Zukunft ist, um das wir international oft beneidet werden, dem hierzulande aber nicht die Anerkennung zukommt, die ihm zustehen sollte“, unterstreicht Helmuth Hehenberger, Landesinnungsmeister der Tiroler Tischler und Holzgestalter.

Denn während Universitäten und Fachhochschulen massiv gefördert werden, bleibt die finanzielle Unterstützung für die berufspraktische Ausbildung meist hinter den Erwartungen zurück. „Dabei muss die Lehre in Anbetracht der Entwicklungen am Arbeitsmarkt als attraktive Bildungsoption mehr gefördert werden denn je. Hier braucht es zusätzliche finanzielle Anreize für Lehrbetriebe oder die Stärkung der Polytechnischen Schulen als größten Zulieferer für die Lehrausbildung genau so wie beispielsweise die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche für jugendliche Lehrlinge, um berufliche Ausbildung und persönliche Entwicklung bestmöglich zu verbinden“, so Hehenberger.

Begeisterung frühzeitig wecken – neues Malbuch für die Kleinsten

In der Sparte Gewerbe und Handwerk der Tiroler Wirtschaftskammer ist man sich durchaus bewusst, dass es neben den richtigen politischen Rahmenbedingungen weitere Anstrengungen braucht, um die Fachkräfte der Zukunft zu gewinnen. Ein wesentlicher Schlüssel ist dabei die frühzeitige Begeisterung für handwerkliche Berufe. Deshalb setzt die Sparte verstärkt auf Projekte zur Berufsorientierung. „Ein Highlight ist etwa das erste Feriencamp der WK Tirol, das im Sommer 2025 Premiere feiert. Hier können Kinder verschiedene Berufe kennenlernen und auf spielerische, aber wirkungsvolle Weise erste handwerkliche Erfahrungen sammeln“, erklärt Spartenobmann Franz Jirka.

Besonders stolz ist er auch auf das neue, von der Sparte initiierte Malbuch „Wir bauen ein Haus“. Dieses führt Kinder auf eine Entdeckungsreise durch verschiedene Handwerksberufe – vom Tischler über den Maurer bis zum Elektriker. „Es ist wichtig, dass Kinder früh verstehen, wie bedeutend das Handwerk für unser tägliches Leben ist. Unser Malbuch, das an alle Tiroler Kinderbetreuungsstätten verteilt wird, fördert spielerisch Kreativität, technisches Verständnis und handwerkliches Geschick“, freut sich Jirka.

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Herausforderungen für das Tiroler Gewerbe und Handwerk sind groß, aber die Lösungen sind klar – mehr Investitionen in Ausbildung und Qualifikation, gezielte Fördermaßnahmen für Lehrbetriebe und ein klares politisches Bekenntnis zum berufspraktischen Bildungsweg. „Wir dürfen den Fachkräftemangel nicht einfach hinnehmen. Jetzt ist die Zeit, kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen“, sind sich Franz Jirka, Christian Dollinger und Helmuth Hehenberger einig.

Bild oben: LIM Helmuth Hehenberger, Spartenobmann Franz Jirka und LIM Christian Dollinger (v.l.) wollen die Fachkräfte der Zukunft für das heimische Gewerbe und Handwerk sichern - unter anderem mit einem neuen Malbuch, das schon die jüngsten Tirolerinnen und Tiroler für handwerkliche Berufe begeistern soll.