Werner Hanser und Tochter Anja Steinkasserer
© Gästehaus-Hanser/Steinkasserer

Generationenprojekt Nahversorgung

Werner Hanser sichert mit seinem Lebensmittelgeschäft schon seit Jahrzehnten die Nahversorgung in der Osttiroler Gemeinde Virgen und übergibt nun an Tochter Anja Steinkasserer.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 04.10.2023

Als Werner Hanser nach Abschluss der Handelsschule vor 46 Jahren im gerade einmal 30 Quadratmeter großen, von seinem Großvater gegründeten und von der Mutter weiter geführten Laden zu arbeiten begann, gab es in Virgen noch fünf Lebensmittelgeschäfte. „Übrig geblieben ist nur unser Betrieb, wobei Anfang der 2000er-Jahre die Aufrechterhaltung der Nahversorgung in Virgen tatsächlich schon auf der Kippe stand“, erzählt der Unternehmer. „Ich habe zwar 1988 das 150 m2 große Geschäft eines Kollegen im Ort übernommen, wusste aber, dass man damit auf Dauer nicht konkurrenzfähig bleiben konnte. Die OSG – ein gemeinnütziger Bauträger – entwickelte schließlich das Projekt einer Wohnanlage im Ortszentrum mit integrierter, großzügiger Geschäftsflä che, für die ich mich interessierte. Es gab damals große Widerstände gegen dieses Bauvorhaben, da man meinte, es sei zu groß dimensioniert und Anrainer könnten durch ein höheres Verkehrsaufkommen und durch Lärmentwicklungen bei den Zulieferungen belästigt werden. Ich bin heute noch sehr dankbar dafür, dass sich weder die Gemeindeführung noch der Bauträger durch den Gegenwind entmutigen ließen und den Bau durchgezogen haben. Als das neue Geschäft mit 400 m2 Verkaufsfläche und einem Vollsortiment 2003 eröffnet wurde, blieb nichts übrig von den früheren Bedenken. Alle waren froh, dass es endlich in einen großzügigen, zudem verkehrsgünstig gelegenen Supermarkt m Ort gab. Mit dem Umzug wurde ich ADEG-Franchisepartner und bin dankbar für die Unterstützung und die Handschlagqualität, mit der man mir immer begegnet ist“.

Funktionär Werner Hanser Funktionärssteckbrief Werner Hanser
Was hat Sie dazu motiviert, Funktionär zu werden?

Die Sicherstellung der Nahversorgung in den Osttiroler Dörfern und Ortschaften war mir immer schon ein Anliegen, weshalb ich dem Beispiel meines Vorgängers und Vorbilds, des leider viel zu früh verstorbenen Kaufmanns Michael Aichner, gefolgt bin und bereits seit 2012 meine Lebensmittelhändler-Kolleg:innen im Landesgremium und als Bezirkssprecher vertrete.

Worauf sind Sie in Ihrer Funktionärstätigkeit stolz?

Anfangs belächelt, heute auch von den „Großen“ kopiert, ist die 2005 zusammen mit meinen Lebensmittelhändler-Kolleg:innen mit sogenannten ‚Heimvorteilstagen‘ gestartete Initiative ‚Osttiroler Heimvorteil‘. Es ist uns gelungen, eine funktionierende Partnerschaft zwischen Kaufleuten, Bauern und gewerblichen Lebensmittelproduzenten zu etablieren und die Kund:innen inzwischen ganzjährig mit heimischen Qualitätsprodukten zu versorgen.

Welche Ziele verfolgen Sie als Funktionär?

Mir war es immer wichtig, Ansprechpartner für alle HändlerKollegen zu sein und für eine gute Gesprächsbasis untereinander zu sorgen. Das Bewusstsein für die Bedeutung einer funktionierende Nahversorgung ist in der Bevölkerung zweifellos gestiegen; bei den politischen Entscheidungsträger:innen ist aber noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Modernisierungsschritte

Einen größeren Umbau gab es 2013, wobei durch ein neues Ladenbaukonzept und eine Backstation das Sortiment nochmals erweitert werden konnte. „Produkte von Bauern und Metzgern aus der Region konnten nun ganzjährig angeboten werden. Vorher war dies nur im Rahmen der ‚Heimvorteilstage‘ – einer Initiative der Osttiroler Lebensmittelhändler und der Wirtschaftskammer – möglich“, berichtet der Unternehmer. „Im November 2023 ist der nächste Modernisierungsschritt vorgesehen, da die gesamte Kühltechnik erneuert und mit Wärmerückgewinnungssystemen energieeffizient ge staltet werden muss. Auch die Beleuchtung wird vollständig auf LED umgestellt – eine riesige Investition, die ohne das Entgegenkommen der ADEG-Organisation nicht zu stemmen wäre. Ich bin sehr froh, dass sich um diesen Umbau und die umfangreichen organisatorischen Vorbereitungen schon meine Tochter Anja Steinkasserer kümmert, die im Oktober den Betrieb offiziell übernimmt.

Ich weiß, dass eine Betriebsnachfolge innerhalb der Familie heute alles andere als selbstverständlich ist. Vor allem in unserer Branche mit sechs Öffnungstagen pro Woche, bescheidenen Verdienstspannen und einem ständig steigenden Kosten- und Bürokratie-Druck. Anja hat mich in den letzten Jahren bereits entscheidend unterstützt und zeigt enormes Engagement“, freut sich Werner Hanser. „Wir bleiben am Standort weiterhin auch Postpartner. Rein wirtschaftlich gesehen ist das zwar nicht besonders lukrativ, es bringt aber doch gewisse Synergieeffekte und ist schließlich ein weiterer Beitrag zum Gemeinwohl im Dorf.“ Zum Unternehmen gehört auch noch ein attraktives Gästehaus im Ortsteil Virgen, seit jeher bestens betreut von Werners Ehefrau Lisa.

Gästehaus Hanser im Sonnenschein in Virgen
© Gästehaus Hanser/Steinkasserer


Familiäres Betriebsklima

Mit 15 – aktuell ausschließlich weiblichen – Beschäftigten ist der Familienbetrieb ein wichtiger Arbeitgeber im Ort, aus dem die meisten Einwohner:innen zum Arbeiten auspendeln müssen. „Unsere großteils langjährigen Mitabeiterinnen wissen es zu schätzen, sozusagen ums Eck in einem Unternehmen arbeiten zu können, in dem man sich um ein famili- äres Klima bemüht. Wenn es irgendwelche Probleme gibt, kann mein Team darauf vertrauen, dass wir gemeinsam eine Lösung finden. Das wirk sich positiv auf die Stimmung im Betrieb aus und wird auch von der Kundschaft wahrgenommen. Zudem sorgen die Mitarbeiterinnen mit ihrer Erfahrung und ihrem umfangreichen Wissen auch für einen Mehrwert, den kein Diskonter bieten kann. Dazu gehört etwa, dass sie mit Koch- und Haushaltstipps zur Stelle sind, nach denen sie oft gefragt werden“, betont der Kaufmann. Die Abgrenzung zu anderen Vertriebsformen zeigt sich im Virgener ADEG-Supermarkt zudem durch die Beibehaltung der Bedienung sowohl in der Brotabteilung als auch an der Feinkost- und Fleischtheke. Die höheren Personalkosten werden dafür gerne in Kauf genommen. 

Partner für die Region

Als wichtigen Bestandteil eines funktionierenden Dorflebens sieht Werner Hanser die örtlichen Vereine, die er nach Kräften unterstützt. „Es gibt bei uns glücklicherweise noch an die 30 Vereine, für die wir ein wichtiger Partner bei ihren Aktivitäten sind, indem sie kurzfristig die benötigten Getränke und Lebensmittel zu günstigen Preisen geliefert und die übrig gebliebenen Waren auch wieder abgeholt und zurückgenommen bekommen. Als früherer aktiver Sportler bin ich zudem heute noch Vereinsfunktionär – ein ‚Job‘, den ja kaum mehr jemand machen will“.

Nachwuchssorgen hat aber auch der Lebensmittelhandel selbst. Der Unternehmer meint dazu: „Viele Jugendliche haben einfach falsche Vorstellungen von unserem Beruf und meinen, er bestehe nur aus Regale nachräumen und an der Kassa sitzen. Dabei ist die Tätigkeit so vielfältig und durchaus anspruchsvoll. Gerade in einem Dorf wie dem unseren erfüllt das Geschäft über die Nahversorgung hinaus eine wichtige gesellschaftliche und soziale Funktion. Mir wird immer wieder gesagt, dass Virgen durch unser Geschäft an Attraktivität für die Einheimischen und die Gäste gewonnen hat – das sehe ich als Bestätigung für mein Lebenswerk und auch als gutes Omen für meine Tochter als Betriebsnachfolgerin“.