Geht‘s der Wirtschaft gut...
„Es gibt zu wenig verfügbare Arbeitskräfte und zu viel an Steuern und Abgaben.
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Wohlfahrtsstaat und Standort – diese beiden Begriffe werden in der öffentlichen Diskussion oft als unvereinbare Gegensätze dargestellt. Dabei wird eines übersehen: Wenn unser Standort unter Druck kommt, kommt in der Folge auch das System öffentlicher Leistungen unter Druck – von Sozialem über die Kulturförderung und den Bau von Infrastruktur bis hin zum Schulwesen. All diese Bereiche kosten Geld, das erwirtschaftet werden muss. Politiker:innen, die behaupten, die Finanzierung ginge auch über Schulden, machen es sich zu einfach und belasten kommende Generationen.
Dass unser Standort bereits unter Druck ist, zeigen Vergleiche mit anderen Ländern: Jährlich erhebt die Beratungsgesellschaft Deloitte die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten und liefert damit eine wichtige Orientierung. Das Ergebnis ist ernüchternd: Vor 15 Jahren belegte Österreich weltweit den 14. Platz, mittlerweile sind wir auf Rang 24 abgerutscht. Unser Land liegt damit bestenfalls im Mittelfeld und verliert zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. Vergleichbare europäische Länder wie Dänemark, Norwegen, die Schweiz und Schweden haben uns längst überholt.
Woran das liegt, lässt sich ebenfalls mit einem Blick über die Grenzen beantworten: Österreich liegt bei der Teilzeitquote europaweit auf Rang 2. Das kommt nicht von ungefähr, sondern entsteht durch den Lenkungseffekt des Steuersystems: Österreich hat im europäischen Vergleich bei der 20-Stunden-Woche die drittniedrigste Steuerbelastung, während wir bei der 40-Stunden-Woche an dritthöchster Stelle liegen. Unser progressives Steuersystem bestraft die Leistungsträger:innen und verschärft den Arbeitskräftemangel. Bei den Lohnnebenkosten setzt sich dieser Trend zur Leis-tungsfeindlichkeit fort: Wir liegen hier auf Platz 3 in der OECD. Dass das den Betrieben zu schaffen macht und die Arbeitnehmer:innen an den
hohen steuerliche Abzügen leiden, liegt auf der Hand.
Es besteht also Handlungsbedarf. Und es ist auch klar, in welchen Bereichen: Es gibt zu wenig verfügbare Arbeitskräfte und zu viel an Steuern und Abgaben. Dazu kommen noch eine erdrückende Bürokratie und zu wenig Flexibilität, wenn es um notwendige Anpassungen geht.
Unser Wohlfahrtsstaat ist zweifellos eine Errungenschaft – wenn wir es nicht übertreiben und daraus keinen Vollkaskostaat machen. Aber wie bei jeder Errungenschaft muss man darauf achten, dass die Grundlage dafür intakt bleibt. Und die Grundlage für öffentliche Leistungen sind nun einmal private Leistungen, aus denen die Steuereinnahmen kommen. „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“, lautete über Jahre ein Slogan der Wirtschaftskammer. In diesem Satz steckt viel Wahrheit. Auch wenn diese nicht alle hören wollen.