Reifen für mindestens 60 Tage im Käsekeller: Die Kasanova-Produktpalette reicht von Bergkäse über verschiedene Schnittkäsesorten bis zu kleinen cremigen „Mutschlis“.
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Ganzheitlich gedachter Käse

Käsemeister Benjamin Schmidhofer hat es sich zur Aufgabe gemacht, sein Handwerk zu revolutionieren. Mit seinem Unternehmen Kasanova betreibt er eine mobile Käserei und geht mikrobiologisch neue Wege.

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Aktualisiert am 02.10.2023

Der Käsemeister kommt zur Milch, nicht umgekehrt“, lautet das Credo, nach dem Benjamin Schmidhofer sein Tagwerk verrichtet. Mit seiner Edelkäse Manufaktur Kasanova will der Zillertaler mehr als nur Milch veredeln. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, „ganzheitlich gedachten Käse“ zu produzieren. Dabei legt der Tiroler Wert darauf, „das Traditionelle mit dem Modernen auf innovative Art zu vereinen, um so etwas Einzigartiges zu schaffen“. Mit seiner mobilen Käserei setzt Schmidhofer zudem auf Kreislaufwirtschaft, um Abfallprodukte zu vermeiden.

„Das mobile Käsen ist die Königsdisziplin, denn man muss sich jedes Mal aufs Neue auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Milch einstellen“, beschreibt der Unternehmer die Herausforderungen in seinem Arbeitsalltag. Schnell wird klar, der Käsemeister liebt seinen Beruf.

Heimatverbundenheit

Aufgewachsen in einer Tiroler Bergbauernfamilie war Schmidhofer bereits seit Kindestagen vom Leben in und mit der Natur, aber vor allem vom Rohstoff Milch fasziniert. Während er als Jugendlicher in einer Sennerei in Fügen seine Liebe zum Käse und dessen Herstellung entdeckte, beschloss er eine Sennerlehre zu absolvieren und krönte diese anschließend mit dem Abschluss des Käsemeisters.

In seinen frühen Zwanzigern lockte ihn die Herausforderung ins Ausland. So zog es den Zillertaler zunächst in die Schweiz, wo Schmidhofer wertvolle Erfahrung in der Käserei eines renommierten Senners sammelte. Anschlie- ßend verbrachte er ein knappes Jahr in Paraguay, wo er einen österreichischen Unternehmer beim Aufbau und der Inbetriebnahme einer Sennerei unterstütze. Schlussendlich siegte aber Schmidhofers Heimatverbundenheit, sodass der Tiroler wieder zurück ins Zillertal siedelte.

 Mobile Käserei Unterwegs mit der mobilen Käserei: Innerhalb weniger Stunden kreiert Käsemeister Benjamin Schmidhofer aus der Milch von Landwirt Stefan Wildauer (v.l.) ein individuelles Produkt.
© Kasanova Unterwegs mit der mobilen Käserei: Innerhalb weniger Stunden kreiert Käsemeister Benjamin Schmidhofer aus der Milch von Landwirt Stefan Wildauer (v.l.) ein individuelles Produkt.

Mobile Käserei

Auch an diesem Tag lenkte Schmidhofer seinen Lkw in der Früh zu einem Bauern in der Region. Viele Landwirte sind bereits an der individuellen Käsung am eigenen Hof interessiert, die der Zillertaler mit seinem Sennerei-Lkw anbietet.

Während der Coronapandemie kam Schmidhofer die Idee für seine mobile Käserei. Er kaufte einen lebensmittelechten Hochseecontainer und ließ in diesem alles verbauen, was es zur Verarbeitung von Milch zu Käse braucht. Zwei arbeitsreiche Jahre vergingen, bis die mobile Betriebsstätte fertig geplant, aufgebaut und schließlich auf dem Lkw verankert war.

Ausgestattet mit einer Fotovoltaik-Anlage sowie einer Pelletheizung, sind Schmidhofer und sein Lehrling so in der Lage, ortsungebunden zu käsen. Dabei können sie bis zu 600 Liter Milch in 4 Stunden auf einmal verarbeiten. Im Anschluss pflegt und lagert der Zillertaler den frischen Käse für mindestens 60 Tage im Kasanova-Käsekeller, damit er zum vollendeten Produkt heranreifen kann.

In Absprache mit den Milcherzeuger:innen verwendet der Unternehmer verschiedene Rezepte, um den Käse zu veredeln. So beherbergt der Reifkeller des Senners von großen Bergkäserä- dern über verschiedene Schnittkäsesorten bis zu kleinen cremigen „Mutschlis“, eine bunte Palette käsiger Köstlichkeiten. Dabei wird jeder Käse von Schmidhofer sorgfältig mit einer Ziffer versehen, die den entsprechenden Landwirt:innen zugeordnet ist.

Durch sein Fachwissen und seine Erfahrung beim Käsen bietet Benjamin Schmidhofer seiner Kundschaft somit die Möglichkeit, ein individuelles Produkt zu kreieren. „Die Landwirtsfamilien können dann den Käse aus ihrer eigenen Milch verkaufen und sich so ein weiteres Standbein aufbauen“, erklärt Schmidhofer.

„Nicht jede Milch ist wie die andere. Die große Kunst ist es, die ‚richtigen‘ Bakterien zu züchten“, weiß Benjamin Schmidhofer.
© Kasanova „Nicht jede Milch ist wie die andere. Die große Kunst ist es, die ‚richtigen‘ Bakterien zu züchten“, weiß Benjamin Schmidhofer.

Mikrobiologie

„Die große Kunst ist es, die ‚richtigen‘ Bakterien zu züchten. Man muss einfach denken wie die Milch“, verrät der Käsemeister schmunzelnd das Geheimnis seines Erfolgs. Es sind die für das blo- ße Auge verborgenen mikrobiologischen Vorgänge, die den Zillertaler bei seiner Arbeit besonders faszinieren und an denen er leidenschaftlich herumtüftelt. „Es ist wichtig, den Prozess zu verstehen. Für das perfekte Endprodukt braucht es das richtige System, denn es kommt auf die Symbiose an und nicht jede Milch ist wie die andere“, weiß Schmidhofer.

Dabei probiert der Unternehmer viel aus, geht mitunter neue Wege und setzt seiner Neugierde keine Grenzen. So extrahierte Schmidhofer zu Versuchszwecken bereits Milchsäurebakterien aus Sauerkraut. In Zukunft will der Käsemeister weitere Produkte auf den Markt bringen und auch mit Blauschimmel experimentieren.

Bevor Schmidhofer sich jedoch an die Verarbeitung der Milch macht, legt er neben den vorgeschriebenen Hygienerichtlinien stets auch ein genaues Augenmerk auf die ganzheitliche Betrachtung der Umstände. „Man erkennt bereits am Grundfutter, der Haltung und dem Verhalten der Kühe, ob die Milch qualitativ hochwertig ist“, so der Käsemeister, „bei den Kühen verhält es sich ähnlich wie bei uns Menschen: Wenn es der Kuh schlecht geht, wird auch der Käse nicht gut“

Tiroler Handwerkspreis

Für die innovative Weiterentwicklung seines traditionsreichen Handwerks wurde Benjamin Schmidhofer bereits im Frühjahr mit dem Handwerkspreis der WK Tirol ausgezeichnet. Bei mehr als 100 Einreichungen konnte sich der Zillertaler in der Kategorie „Tradition & Moderne“ gegen die Konkurrenz durchsetzen.

Doch auch über Tirols Grenzen hinaus konnte sich Schmidhofer bereits einen Namen in seiner Branche machen. Bei der Käseolympiade in Galtür stellte der Käsemeister aus dem Zillertal sein Können eindrucksvoll unter Beweis, sodass es ihm gelang, insgesamt 11 Medaillen nach Hause zu holen. Für seinen „Arthur“-Bergkäse gewann er dabei gleich zweimal Gold.

Weitere Infos: Kasanova Edelkäse Manufaktur