Funktionär sein
© WK Tirol/ Gerhard Berger

Doppelt hält besser

Das bewährte duale System der Wirtschaftskammer sorgt für ein optimales Zusammenspiel von Funktionär:innen und Mitarbeiter:innen. Rund 1.100 Funktionärinnen und Funktionäre der WK Tirol bringen ihr Praxiswissen in die Interessenvertretung ein.

Lesedauer: 7 Minuten

Aktualisiert am 28.03.2024

Duale Systeme bewähren sich in Österreich seit Jahrzehnten. Unsere duale Ausbildung, die Lehre, vereint das Beste aus Theorie und Praxis. Gleiches gilt für das duale System in der Wirtschaftskammer, dem Zusammenspiel zwischen Mitarbeiter:innen und Funktionär:innen. Durch ihre Arbeit im eigenen Betrieb wissen Funktionär:innen am besten, wo in der Praxis der Schuh drückt und wo Handlungsbedarf besteht. Die Mitarbeiter:innen der Tiroler Wirtschaftskammer arbeiten mit ihnen Hand in Hand – dieses duale System kombiniert größtmögliche Fachkompetenz mit Kontinuität. Mit dem Praxisblick der Funktionär:innen ist die WK Tirol hautnah an den Problemen der Tiroler Betriebe und kann Lösungen erarbeiten, die am Markt Bestand haben. Auch Politik und Behörden profitieren vom fundierten Branchenwissen der Unternehmensvertreter:innen, um an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Die Tiroler Funktionärinnen und Funktionäre verleihen ihren Branchen eine kräftige Stimme, damit die Interessen der Betriebe und die Position der Wirtschaft in unserem Land gehört werden.

Die Ausübung einer Funktion dauert in der Regel 5 Jahre. Die Obfrau bzw. der Obmann einer Fachgruppe kann maximal 180 Monate im Amt bleiben. Das stellt eine laufende Erneuerung der Interessenvertreter:innen sicher. Die Listenerstellung obliegt den einzelnen Wählergruppen, die bei den Wirtschaftskammer-Wahlen antreten. Das sorgt für politische Ausgewogenheit. Im Laufe der Periode stehen die fachlichen Interessen der jeweiligen Branchen im Vordergrund. Die Ausübung einer Funktion ist ein Ehrenamt und ohne Bindung an einen Auftrag. Die Freiheit von Funktionär:innen liegt darin, nach eigenem Ermessen entscheiden zu können, welche aktuellen Probleme sie anpacken, wofür sie sich besonders engagieren und wie sie sich inhaltlich positionieren. Dabei gilt es immer, den Mitgliederwillen zu vertreten, Interessenausgleich zu betreiben und sich an die Beschlüsse der zuständigen Kollegialorgane zu halten.

Natürlich ist mit der Funktionärstätigkeit ein gewisser Aufwand verbunden – aber es kommt vieles wieder zurück: Funktionär:innen können aktiv gestalten, erhalten Informationen aus erster Hand, profitieren von interessanten Veranstaltungen und knüpfen wichtige Kontakte und Netzwerke. 85 % würden sich wieder als Funktionär:in engagieren, wenn er/sie sich noch einmal entscheiden könnte (4 % dagegen, 11 % unentschieden; Funktionärsbefragung 2023). Dieses klare Ergebnis zeigt, dass sich #funktionärsein lohnt – für alle Beteiligten.

Weitere Infos: www.funktionaere.tirol


"Gemeinsam sind wir stärker"

Wir haben drei Funktionär:innen zum Gespräch gebeten: Klaus Maislinger,
seit Kurzem Innungsmeister der Tiroler Berufsfotografen, Veronika Opbacher-Egger, seit neun Jahren Innungsmeisterin der Tiroler Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker und Erich Schwarzenberger, bis vor einigen Monaten Gremialobmann des Agrarhandels Tirol.

Sie alle engagieren sich als Funktionär:in. Was ist die Motiva-tion dahinter?
Veronika Opbacher-Egger: Ich bin jetzt seit neun Jahren dabei und war mit 24 Jahren die jüngste Fachgruppenobfrau. Mir war es ein Anliegen, mich über unsere eigene Firma hinaus für die Branche einzusetzen. Ich bin gefragt worden, ob ich interessiert bin, habe Ja gesagt und konnte ab der ersten Minute auf die volle Unterstützung meines Teams zählen.

Erich Schwarzenberger: Ich wollte ebenfalls tiefer in die Branche eintauchen und dabei sein, wenn es ums Gestalten geht. Ich wurde nicht enttäuscht. Ich habe sehr viele Hintergründe erfahren, bei Betriebsbesuchen viele Firmen und anregende Beispiele gesehen und war laufend mit unterschiedlichen Aufgaben befasst.

Klaus Maislinger: Wir Berufsfotografen sind eher Einzelkämpfer, daher bin ich überzeugt, dass wir unbedingt eine gemeinsame Vertretung brauchen. Diese Gemeinsamkeit habe ich bei der Arbeit in den Ausschüssen erlebt. Im Gegensatz zur Gemeindepolitik spielt in der täglichen Arbeit die politische Herkunft überhaupt keine Rolle mehr, es geht ausschließlich um die Interessenpolitik für die Berufsgruppe.

Wie sieht es mit dem Verhältnis zwischen dem Einsatz als Funktionär:in und dem, was wieder zurückkommt, aus?
Maislinger: Natürlich ist die Arbeit mit einem Zeitaufwand verbunden. Dafür erhält man aber viele Informationen vorab und hat Einblicke, die einem ansonsten verwehrt bleiben. Besonders die Zeit der Corona-Pandemie war herausfordernd. Es gab enorm viele Fragezeichen, die sich aber im Kontakt mit den Entscheidungsträgern für die Berufskolleg:innen großteils lösen ließen. Trotz aller Arbeit ist es am Ende ein schönes Gefühl, wenn man für seine Kolleg:innen etwas erreichen konnte.

Opbacher-Egger: Wenn man die Funktionärs-tätigkeit gerne macht, kommt vieles wieder zurück. Man kann nicht alles davon messen, es geht auch um Freundschaften, um Netzwerke, um neue Impulse über verschiedenste Veranstaltungen.

Schwarzenberger: Ich kann das nur bestätigen. Auch ich habe im Laufe meiner Arbeit vieles für mich gelernt und für unsere ganze Branche bewegt, was sonst nicht möglich gewesen wäre.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem dualen System der Wirtschaftskammer-Organisation und dem Zusammenspiel der Mitarbeiter:innen mit den Funktionär:innen?
Maislinger: Das Team der Kammer-Mitarbeiter:innen nimmt viel Arbeit ab und ich weiß, dass ich mich immer auf sie verlassen kann. Die Mitarbeiter:innen sorgen speziell beim Eintritt neuer Funktionär:innen dafür, dass der Übergang reibungslos gelingt und die Neuen rasch in ihre Funktionen hineinwachsen.

Als Funktionär:in der Wirtschaftskammer kann man auf den Rückhalt motivierter Mitarbeiter:innen zählen.



Opbacher-Egger: Dieses Modell hat sich über die Jahre bewährt und wird sich auch in der Zukunft bewähren. Als Funktionär:in kann man auf den Rückhalt motivierter Mitarbeiter:innen zählen. Sie unterstützen bei der Organisation und erledigen die Tagesarbeit, so dass man sich als Funktionär:in auf die wichtigsten Fragen der Branche konzentrieren kann.

Was waren die Höhen und Tiefen in ihrer Arbeit als Funktionär:in?
Schwarzenberger: Zu den Highlights zählen sicher die Studienreisen, die wir gemeinsam mit der Fachgruppe unternommen haben. Wir sind immer mit vielen Eindrücken und neuen Impulsen zurückgekommen, die wir für Verbesserungen bei uns in Tirol nutzen konnten. In Erinnerung ist mir auch, dass eine Besprechung ja nicht mit Ende der Sitzung aufhört, sondern sich gerade beim Zusammensitzen danach oft die besten Lösungen ergeben haben. Der intensive Austausch unter Kolleg:innen hat mir sowohl für meine Arbeit als Funktionär als auch für meine selbstständige Arbeit viel gebracht.

Opbacher-Egger: Es war immer dann etwas Besonderes, wenn es uns gelungen ist, möglichst viele Branchenkolleg:innen zu begeistern, wie etwa beim Vierkampf der Installateure. Gerne denke ich auch an die Reisen zu den EuroSkills und WorldSkills, zum Beispiel nach Abu Dhabi, wo 2017 Armin Taxer den Weltmeistertitel der Sanitär- und Heizungs- und Lüftungstechniker nach Tirol geholt hat. Und im Jahr darauf ist bei den EuroSkills Florian Schwarzenauer Europameister geworden. Das sind bewegende Momente, die man nie vergisst.

Der intensive Austausch unter Kolleg:innen hat mir sowohl für meine Arbeit als Funktionär als auch für meine selbstständige Arbeit viel gebracht.



Maislinger: Im Vordergrund steht immer das Menschliche in meiner Arbeit als Funktionär. Es ist befriedigend, wenn man gemeinsam mit Kolleg:innen an einem Strang zieht und ein Problem löst, besonders in einer Branche, in der viele alleine unterwegs sind.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Tiroler Unternehmerschaft?
Maislinger: Als Unternehmer muss man sich immer weiterentwickeln, manchmal auch neu erfinden und Neues wagen. Dafür benötigt man aber trotz aller Krisen eine positive Grundstimmung. Ich bin mir daher sicher, dass wir mit einer optimistischen Zukunftsperspektive jede Herausforderung meistern können.

Opbacher-Egger: Eine große Herausforderung für viele Branchen ist der akute Arbeitskräftemangel. Das liegt natürlich zum Teil an der demographischen Entwicklung, zum Teil ist es aber auch selbstgemacht. Die Steuerquote ist derart hoch, dass sich Leistung nicht mehr so lohnt, wie sie sich lohnen müsste. Speziell die Lohnnebenkosten müssen dringend nach unten.

Generell ist es speziell in unserer sehr kleinstrukturierten Branche wichtig, dass wir eine schlagkräftige Vertretung nach außen haben.



Schwarzenberger: Es fehlt eine spürbare Differenz zwischen Einkommen aus eigener Leistung und Einkommen durch staatliche Transferleis-tungen. Auch die Aufstockung von Teilzeit oder der Umstieg auf Vollzeit wird steuerlich nicht belohnt. Die Unternehmen sind bereit, attraktive Löhne zu zahlen, aber es muss auch etwas bei unseren Mitarbeiter:innen übrigbleiben. In vielen Bereichen sind zudem die bürokratischen Hürden zu hoch und rauben unternehmerische Energie.

Wofür möchten Sie sich in ihrer Branche besonders einsetzen?

Schwarzenberger: In den nächsten Jahren stehen in vielen Betrieben Übergaben an. Die Wirtschaftskammer bietet hier bereits Unterstützung, das müssen wir auf jeden Fall noch weiter verstärken. Es ist ewig schade, wenn Übergaben an juristischen Spitzfindigkeiten scheitern und der jungen Generation die Freude an der Arbeit verloren geht. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Betriebe immer mehr in professionelle Onlineshops investieren.

Opbacher-Egger: Die Politik hat beschlossen, dass unser Land in Zukunft energieneutral werden soll. Auf die Umsetzbarkeit wurde bis jetzt kaum geachtet. Ich werde mich verstärkt dafür einsetzen, dass uns die Politik wirklich zuhört und Vorgaben mit Augenmaß formuliert, damit der Umstieg in den nächsten Jahren gelingen kann. Überzogene Vorgaben schaffen Unsicherheiten bei Kund:innen und Firmen, das ist kontraproduktiv, wenn man ein engagiertes Ziel erreichen will.

Maislinger: Unsere Branche ist wie viele andere auch aktuell mit Künstlicher Intelligenz konfrontiert. Es geht darum, unsere Branchenkolleg:innen im Umgang mit KI zu sensibilisieren und auf Chancen und Risiken hinzuweisen. Und generell ist es speziell in unserer sehr kleinstrukturierten Branche wichtig, dass wir eine schlagkräftige Vertretung nach außen haben. Gemeinsam sind wir einfach stärker.