Osttirols erste Hochbauerin Luisa Amort
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Die erste Hochbauerin Osttirols

Luisa Amort ist die erste Osttirolerin, die die Lehre zur Maurerin (Hochbauerin) absolviert. Und das mit vollem Körpereinsatz, Stolz und der richtigen Portion Humor.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 28.02.2024

Oft gibt es das Argument, dass Frauen für eine Baustelle zu schwach wären. Für Luisa Amort aus Tristach trifft das nicht zu. Die 20-jährige Osttirolerin packt gerne mit an und hat sich schnell an die körperlichen Anstrengungen gewöhnt. Luisa hat ursprünglich das Bundesrealgymnasium in Lienz besucht und dort auch erfolgreich maturiert. Ihr Interesse für Architektur und technisches Zeichen hat sich im letzten Schuljahr immer mehr herauskristallisiert und so hat die junge Osttirolerin beschlossen, beim Bauunternehmen Frey ein Praktikum zu absolvieren.  „Ich war immer schon sehr kreativ und das Handwerkliche hat mir einfach gelegen. Das Praktikum hat so viel Spaß gemacht, dass ich direkt mit der trialen Ausbildung begonnen habe.“

Auf los geht‘s los

Im September 2022 hat Luisa Amort ihren Lehrberuf zur Hochbauerin bei der Bauunternehmung DI Walter Frey GesmbH in Lienz gestartet. Lehrlinge werden hier seit Bestehen des Unternehmens ausgebildet. Weitere vier Mädchen werden aktuell auch als Metalltechnik-Stahlbautechnikerin und als Konstrukteurin Maschinenbautechnik ausgebildet: „Technische und handwerkliche Berufe können für Mädchen sehr reizvoll sein. Junge Menschen müssen ihre individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, ohne starre Vorstellungen darüber, was ein typisch männlicher oder weiblicher Beruf ist, entfalten können. Wenn Frauen in den klassischen Männerberufen von der Gesellschaft wahrgenommen oder gar anerkannt werden, erhöht sich nicht nur ihr Berufswahlspektrum, sondern auch die Chance auf einen Arbeitsplatz“, so Walter Frey, Inhaber des gleichnamigen Bauunternehmens

Bauten in ganz Osttirol und darüber hinaus werden von Frey Bau gestemmt.  Besonders beeindruckend war für Luisa Amort eine Höhenbaustelle am Kitzsteinhorn auf knapp 2.500 Meter Höhe. Die besondere Umgebung und das Höhenwetter waren eine Herausforderung für die Bauarbeiter:innen. Hier wurde ein Turnsaal errichtet und die
Tristacherin konnte eifrig mithelfen. „Das war einfach beeindruckend. Jeden Tag in dieser Höhe und mit diesem Bergpanorama arbeiten zu dürfen war einfach nur genial.“

Luisa Amort hat sich schnell in ihren Arbeitsalltag eingelebt und packt gerne mit an. Aber nicht nur körperliche Stärke ist in ihrem Beruf gefragt, auch geistige.  Den digitalen Bauplan richtig lesen und umsetzen zu können, gehört mit zu ihren Aufgaben.
© WK Tirol Luisa Amort hat sich schnell in ihren Arbeitsalltag eingelebt und packt gerne mit an. Aber nicht nur körperliche Stärke ist in ihrem Beruf gefragt, auch geistige. Den digitalen Bauplan richtig lesen und umsetzen zu können, gehört mit zu ihren Aufgaben.


Baustelle statt Uni

Luisa wollte ursprünglich Bauwesen studieren. Um die Materie besser zu verstehen und kennenzulernen, absolvierte sie nach der Matura ein Praktikum im Unternehmen. Danach gab es für sie keine Alternative mehr, die Tristacherin hat sich vom ersten Tag an wohlgefühlt. „Auch wenn ich jeden Tag todmüde ins Bett gefallen bin“, lacht der Lehrling und fügt hinzu: „Als einziges Mädchen muss man auf der Baustelle guten Humor mitbringen. Man wird doch öfter auf die Schaufel genommen.“

Als AHS-Maturantin hat Luisa auch eine verkürzte Lehrzeit und steuert bereits der Endgeraden zur Lehrabschlussprüfung entgegen. Der Arbeitstag beginnt für Luisa um 7 Uhr. „Ich werde dort eingeteilt, wo gerade Arbeit ansteht, und arbeite dem Gesellen zu.“ Derzeit ist der Lehrling für die Praxiswochen an der Bauakademie Tirol, um sich vertiefend auf die Lehrabschlussprüfung vorzubereiten. „Manchmal ist es zwar körperlich anstrengend, aber da wächst man hinein. Wenn man dann die gesamte Entwicklung des Projektes miterleben darf, ist das ein richtig tolles Gefühl.“ Die Berufsschule besucht Luisa für zehn Wochen geblockt in Lienz.

In ihrem Freundeskreis ist der leidenschaftliche Fußball- und Eishockeyfan nicht die einzige junge Frau, die einen männertypischen Beruf erlernt. Zwei ihrer engsten Freundinnen sind Tischlerinnen. „Deshalb hat es eigentlich niemanden gewundert, dass ich Hochbauerin werde“, lacht die Tristacherin und fügt hinzu: „Im Gegenteil, es haben sich alle über meine Entscheidung gefreut.“  Kompetenz und gesundes Selbstbewusstsein mit einer großen Prise Stärke, das muss Frauen in Männerberufen auszeichnen.“  

Zukunft

In Zukunft möchte Luisa eventuell die Meisterprüfung oder die Polierschule absolvieren. Doch wo es genau hingehen wird, bleibt offen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, spannend bleibt es auf jeden Fall. „Es braucht nicht nur in der Gesellschaft einen gewissen Meinungswandel, auch bei jungen Frauen und bei den Eltern“, so die Hochbauerin und Walter Frey fügt hinzu: „Vor allem die Schulen müssen erkennen, dass handwerkliche Berufe sehr wertvoll sind, einen sicheren Arbeitsplatz darstellen und im Wirtschaftssystem dringend gebraucht werden. Hier muss entsprechendes Interesse geweckt werden.“

Luisa rät jungen Frauen, nicht davor zurückzuschrecken, einen Berufsweg in den Bereichen Handwerk oder Technik einzuschlagen. Im Gegenteil: öfter mal auf den Bauch und das Herz hören.  „Wenn es Spaß macht, sich mit Bautechnik und technischem Verständnis auseinanderzusetzen, dann ist dieser Berufsweg auf jeden Fall der richtige“, fügt auch Walter Frey an. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels würde ich mich freuen, wenn mehr Mädchen den Schritt in einen Männerberuf in Betracht ziehen würden. In diesen Bereichen sind Mädchen im Moment noch Vorreiter und ihnen bieten sich dadurch alle erdenklichen Chancen. Hier ist auch das Umdenken der Eltern gefragt. Jugendliche sollten jenen Beruf ergreifen, der ihnen Spaß macht und wofür sie geeignet sind, unabhängig vom Geschlecht. Denn die Lehrlinge werden selbstständig, wachsen mit den Aufgaben und das Lehrlingsentgelt, das man bereits als Jugendlicher bezieht, ist nicht außer Acht zu lassen.“  Der Blick der Männer auf Frauen in atypischen Berufen habe sich schon geändert, auch wenn es in der älteren Generation noch teilweise Vorbehalte gibt.